Auf dem Bild sind weit entfernte Galaxien und Galaxienhaufen zu sehen. Diese leuchten hauptsächlich rötlich; einige von ihnen wirken wie verschwommen oder verzerrt, weil ihr Licht von Galaxienhaufen im Vordergrund wie von einer optischen Linse gebündelt wird.
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Ein Highlight des Jahres 2022 im All ist das neue James Webb-Weltraumteleskop: Es blickt so tief in die Vergangenheit des Kosmos wie nie zuvor.

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Rückblick ins All: Das ist 2022 im Weltraum passiert

Das Jahr 2022 stand astronomisch ganz im Zeichen des neuen James Webb-Weltraumteleskops. Die USA sind mit Artemis 1 nach Jahrzehnten wieder zum Mond geflogen - und wir wissen jetzt, wie es im Zentrum unserer Galaxie ausschaut.

Das James Webb-Weltraumteleskop begeistert die Welt

Nun gut, eigentlich ist das James Webb-Weltraumteleskop bereits im Jahr 2021 ins All gestartet, am 1. Weihnachtsfeiertag nämlich. Aber nach dem erfolgreichen Raketenstart mit einer europäischen Ariane-5-Rakete fand der eigentliche Nervenkitzel erst danach statt: Würde es das 10 Milliarden US-Dollar teure Weltraumteleskop schaffen, sich erfolgreich im All selbst auszupacken, seinen riesigen Spiegel auszuklappen und seinen Sonnenschild zu entfalten? In diesem an guten Nachrichten so dürftigen Jahr war das James Webb-Weltraumteleskop die wissenschaftliche Erfolgsgeschichte schlechthin, denn: Es hat alles wie geplant funktioniert.

Im Juli 2022 stellten die drei am James Webb-Weltraumteleskop beteiligten Raumfahrtagenturen NASA (die US-amerikanische Weltraumagentur), ESA (Europäische Weltraumorganisation) und CSA (die kanadische Weltraumbehörde) die ersten, spektakulären Bilder ihres Weltraumteleskops der Öffentlichkeit vor. Diese Bilder zeigten uns das All, wie wir es nie zuvor gesehen haben: Das James Webb-Weltraumteleskop kann für uns weiter und schärfer in die Tiefen des Universums blicken als jedes andere von Menschen gebaute Teleskop.

Das James Webb-Weltraumteleskop lässt uns über Galaxien staunen, die ihr Licht bereits kurz nach dem Urknall gen Erde schickten. Es zeigt uns Sternentstehungsregionen wie die „Säulen der Schöpfung“ in einem noch nie möglichen Detailreichtum. Und es untersucht für uns die Atmosphären von Exoplaneten, also von Planeten weit außerhalb unseres eigenen Sonnensystems. Forscherinnen und Forscher auf der ganzen Welt freuen sich über die Fülle an Daten, mit denen sie ihre Fragen ans All beantworten wollen – und wir freuen uns über die spektakulären Bilder dieses neuen Weltraumteleskops.

Bildrechte: NASA, ESA, CSA, STScI; Joseph DePasquale (STScI), Anton M. Koekemoer (STScI), Alyssa Pagan (STScI)
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Das James Webb-Weltraumteleskop zeigt uns die "Säulen der Schöpfung" in neuem Licht: Dabei handelt es sich um eine Sternentstehungsregion.

Die USA fliegen mit der Artemis 1-Mission wieder zum Mond

Der Mond ist so beliebt wie selten zuvor – und dieses Jahr hat die US-Weltraumbehörde NASA mit der Artemis 1-Mission zum ersten Mal seit langem wieder einmal vorbeigeschaut.

Freilich, auf dem Mond ausgestiegen ist im Rahmen dieser Mission niemand: Sie war unbemannt und ist nur um den Mond herumgeflogen, statt auf ihm zu landen. Aber die Artemis 1-Mission, die im November 2022 nach vielen Verzögerungen beim vierten Startversuch begann und im Dezember 2022 mit einer erfolgreichen Landung der Raumkapsel Orion endete, ist eine erste Testmission für die geplante Rückkehr zum Mond der NASA. Mit Artemis hat die Weltraumbehörde seine neue Mondrakete, das Space Launch System SLS, sowie die neue Raumkapsel Orion getestet. In diesem Raumschiff sollen künftig Astronautinnen und Astronauten zum Mond fliegen.

Wer nun aber denkt, dass an dieser Stelle im nächsten Jahr eine Mondlandung verkündet werden kann, wird enttäuscht: Die Nachfolgemission Artemis 2 wird ebenfalls nur eine Runde um den Mond drehen - aber wenigstens mit Menschen in der Raumkapsel. Diese Mission ist für frühestens 2024 geplant. Eine Mondlandung mit Artemis 3 wird realistischerweise erst in der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnts stattfinden.

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Mit einer ihrer Außenkameras hat die NASA-Raumkapsel Orion ein Selfie gemacht - im Hintergrund sind der Mond und unsere Erde zu sehen.

So schaut es im Zentrum unserer Galaxie aus: das supermassereiche Schwarze Loch Sagittarius A*

Im Mai 2022 war es endlich soweit: Wir haben herausgefunden, wie es im Zentrum unserer Milchstraße ausschaut. Freilich war schon prinzipiell vorher bekannt, dass dort ein supermassereiches Schwarzes Loch lauert. Es heißt Sagittarius A* und bringt es auf über vier Millionen Sonnenmassen.

Jahrelang hatte das internationale Forschernetzwerk Event Horizon Telescope (EHT) die von auf der ganzen Welt verstreuten Teleskope gesammelten Beobachtungen des Schwarzen Lochs analysiert, bis es schließlich das allererste Bild von Sagittarius A* der Öffentlichkeit vorstellen konnte. Darauf ist nicht das Schwarze Loch selbst zu sehen. Das ist und bleibt unsichtbar, da nichts, noch nicht einmal Licht, aus seinem Inneren entkommt. Stattdessen ist ein orange-gelblich leuchtender Ring zu erkennen: Das ist die Materie, hauptsächlich Gas und Staub, die seine Runden um Sagittarius A* zieht, dabei erhitzt und so zum Strahlen angeregt wird. Der dunkle Fleck in der Mitte ist die Zentralregion des Schwarzen Lochs, die von Forschenden auch als sein "Schatten" bezeichnet wird.

Dieser Schatten hat einen etwas größeren Durchmesser als die eigentliche äußere Grenze des Schwarzen Lochs, die auch als Ereignishorizont bezeichnet wird. Er entsteht dadurch, dass Licht auf gekurvten Bahnen um das Schwarze Loch herumreist. Kommt es ihm zu nahe, „fällt“ das Licht in das Schwarze Loch herein. Der Schatten ist der geringste Abstand, in dem das Licht gerade noch die Kurve kriegt.

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So schaut es im Zentrum unserer Milchstraße aus: Dort befindet sich das supermassereiche Schwarze Loch Sagittarius A*.

Die NASA hat mit der DART-Mission einen Asteroiden von seiner Bahn abgebracht

Mit der DART-Mission hat die NASA erstmals ein Asteroidenabwehrmanöver getestet: Sie ließ eine unbemannte Sonde einen Asteroiden namens Dimorphos rammen. Am 26. September 2022 war die Raumsonde Dart mit einer Geschwindigkeit von mehr als 23.000 Kilometern pro Stunde in den Himmelskörper gerast. Anschließend zeigte sich: Dimorphos, der eine Art Mond ist, hat seine Umlaufbahn um den größeren Asteroiden Didymos verändert.

Zwar stellten Dimorphos und Didymos zu keinem Zeitpunkt eine Bedrohung für unseren Planeten dar – aber es ist doch gut, zu wissen, dass ein derartiges Ablenkungsmanöver im Fall des Falles funktionieren könnte.

Das Ende der Internationalen Raumstation ISS naht – China baut weiter an seinem Himmelspalast Tiangong

Der russische Angriffskrieg in der Ukraine hat dazu geführt, dass das Land weitgehend international isoliert wird. Davon betroffen ist auch die Zusammenarbeit im All, vor allem auf der Internationalen Raumstation ISS: Derzeit arbeiten zwar alle Länder weiterhin zusammen – auch, weil sie im All voneinander abhängig sind und weder Russland noch alle anderen beteiligten Länder, allen voran die USA, die ISS allein betreiben können. Aber Russland hat verkündet, sich nach 2024 vom alternden Außenposten im All zurückzuziehen. Unabhängig davon hatte die NASA bereits Anfang 2022 verkündet, dass für die ISS wahrscheinlich im Jahr 2031 Schluss sei: Dann soll die Weltraumstation kontrolliert zum Absturz gebracht werden.

Währenddessen baut China weiter an seiner eigenen Raumstation: "Tiangong", der Himmelspalast. In diesem Jahr schickte das Land zwei weitere Module gen Erdatmosphäre. Im nächsten Jahr plant China, ein separates Teleskop-Modul ins All zu schicken, das dem Hubble-Weltraumteleskop ähneln soll. Es könnte dann immer wieder für Wartungsarbeiten an Tiangong andocken.

Ältester Stern namens Earendel entdeckt

Zum Abschluss ein persönlicher Favorit unter den astronomischen Entdeckungen dieses Jahres: ein Stern mit dem Spitznahmen Earendel (aus dem Altenglischen für "Morgenstern"). Im März 2022 gaben Forscherinnen und Forscher die Entdeckung dieses Sterns bekannt, der lediglich rund 900 Millionen Jahre nach dem Urknall erstrahlte – und der Urknall ist immerhin rund 13,82 Milliarden Jahre her. Zwar kennen Astronominnen und Astronomen Galaxien voller Sterne, die älter sind, aber üblicherweise ist es nicht möglich, in einer so großen Entfernung noch einzelne Sterne zu erkennen. Möglich gemacht hatte die Entdeckung das Hubble-Weltraumteleskop. Wenig später wurde Earendel auch vom James Webb-Weltraumteleskop beobachtet.

Auf dieser Aufnahme mag sein Licht kaum gegen das der viel heller leuchtenden und natürlich auch viel größeren Galaxien auffallen – aber seinem Namen als Stern vom „Morgen“ des Kosmos wird Earendel mehr als gerecht.

Bildrechte: SCIENCE: NASA, ESA, Brian Welch (JHU), Dan Coe (STScI) IMAGE PROCESSING: NASA, ESA, Alyssa Pagan (STScI)
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Dieses Bild gewinnt keinen Schönheitspreis - aber immerhin zeigt es (weißer Pfeil) den ältesten Stern, der bislang je entdeckt wurde.

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