Bayerns Grüne stimmen sich auf Wahlkampf ein
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Bayerns Grüne stimmen sich auf Wahlkampf ein

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Bayerns Grünen-Spitzenduo mahnt neue Klimapolitik an

Zwanzig Wochen vor der Landtagswahl diskutieren Bayerns Grünen bei einem Parteitag ihr Wahlprogramm – und attackieren die CSU scharf. Die Spitzenkandidaten Schulze und Hartmann mahnen eindringlich eine andere Klimapolitik an.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Mit einem eindringlichen Aufruf zu einer anderen Klimapolitik haben die bayerischen Grünen-Spitzenkandidaten Katharina Schulze und Ludwig Hartmann ihre Partei auf die heiße Phase des Landtagswahlkampfs eingestimmt. Aus der Klimakrise werde aktuell eine Klimakatastrophe, betonte Hartmann in einer gemeinsamen Rede der Spitzenkandidaten auf dem Landesparteitag in Erlangen. "Die Bilder aus Norditalien, die schreien doch geradezu nach einer anderen Politik, die unsere Lebensgrundlage endlich richtig schützt." Nötig sei, "endlich" das Verbrennen von fossilen Energieträgern zu beenden.

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  • Dem CSU-Vorsitzenden und bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) warf Hartmann vor, seine Liebe gelte nicht den Kindern in Bayern, sondern in erster Linie den fossilen Energieträgern. Söder habe in der Energiepolitik "keine Ideen, keine Entschlossenheit, keine Weitsicht". Dieses "alte Denken" wollten die Grünen bei der Landtagswahl in 141 Tagen beenden.

    Schulze: Keine Zeit für "Rumgesödere"

    Schulze warf dem Ministerpräsidenten "unsägliche Aussagen" vor. Er mache die Leute panisch und streue ihnen Sand in die Augen, er schimpfe lieber über Berlin, statt das zu tun, wofür er eigentlich zuständig sei - konsequenten Klimaschutz zu machen. "Wir haben doch kein Erkenntnisproblem, wir haben ein Umsetzungsproblem", rief die Grünen-Fraktionsvorsitzende im Landtag. Es müsse gehandelt werden. "Wir haben keine Zeit für weitere fünf Jahre Rumgesödere und Rumgeaiwangere", sagte sie.

    Nach dem Willen der Grünen soll es im Freistaat künftig ein öffentliches Energieunternehmen geben - die "Bayern-Energie". Es gelte dafür zu sorgen, dass die öffentliche Hand, die Allgemeinheit im Strommarkt der Zukunft eine Rolle spiele, betonte Hartmann. Von dem Milliardenmarkt dürften nicht nur große Konzerne profitieren. Schulze sprach sich dafür aus, dass jedes Baby im Freistaat einen Anteil an Windrädern bekommen solle - und am 18. Geburtstag dann eine Rendite. Das sei nicht nur gut fürs Klima, sondern auch für Chancengleichheit.

    Lettenbauer: Söder doktert nur herum

    Zum Auftakt des Parteitags am Freitagabend hatte Landeschefin Eva Lettenbauer bereits Söder und die CSU scharf angegriffen. Ob bei Mobilität oder Energie - "die CSU verschläft nur, sie verzögert sie, verschleppt", betonte Lettenbauer vor rund 350 Delegierten. Vor einem Jahr habe Söder über Blackouts gesprochen und einen Energiemangel "herbeiphilosophiert", sagte die Grünen-Politikerin. Tatsächlich aber habe Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) Deutschland durch einen schweren Winter geführt, für sichere Energie und für Strompreisbremsen gesorgt.

    Was Ministerpräsident Söder nach jahrelangen Debatten als bayerisches Energiekonzept vorgelegt habe, sei zu wenig. Er doktere wieder nur herum. "Es reicht nicht, dass Söder hier wieder nur ein bisschen was verändert, ein bisschen Ausnahmen in der Windenergie ermöglicht. Wir brauchen zwei Prozent von Bayerns Fläche für die Windenergie." Jetzt müsse endlich angepackt werden.

    Grünen-Landeschefin: Lügen machen Menschen Angst

    Verärgert zeigte sich Lettenbauer über "all die Hetze, all die Lügen, all die Falschinformationen, die zurzeit so kursieren". Jede Partei habe in der Demokratie das Recht, ihre Ideen vorzustellen und Punkte anzusprechen. "Was aber nicht geht, ist: Lügen zu verbreiten, über andere zu hetzen." Sie erwarte von allen demokratischen Parteien, über Fakten zu sprechen, statt über andere Parteien "komplett Erfundenes und Gelogenes" zu verbreiten. "Bayern braucht diese Hetzen und diese Lügen von Söder nicht", rief die Grünen-Landeschefin unter dem Jubel der Delegierten.

    Von "diesem massiven Populismus" gingen zwei Gefahren aus, warnte die Grünen-Landeschefin. Zum einen machten die Lügen Menschen Angst und belasteten sie psychisch. Kürzlich habe ihr eine Frau beispielsweise erzählt, dass sie nachts nicht mehr schlafe, weil sie nicht wisse, ob sie ihre Holz-Heizung weiterhin nutze dürfe. "Ja, das kann sie!" Zum anderen bestehe die Gefahr, dass die Gesellschaft gespalten werde. "Die Menschen haben gar keine Zeit mehr, zu prüfen: Was stimmt, was stimmt nicht? Und es passiert eine massive Spaltung."

    Bundespolitischer Gegenwind

    Ziel der Grünen für die Landtagswahl im Oktober ist, künftig im Freistaat mitzuregieren. Der jüngste BR24 BayernTrend sah eine klare Mehrheit für das derzeitige Bündnis aus CSU und Freien Wählern - einer Koalition mit den Grünen erteilte Söder in den vergangenen Monaten immer wieder eine Absage. Grünen-Spitzenkandidatin Schulze sagte dazu am Freitagmorgen im Bayern-2-Interview: "Da habe ich eine klare Botschaft an Markus Söder: dass nicht Markus Söder entscheidet, wie die nächste Regierung ausschaut, sondern die Wählerinnen und Wähler." Die Grünen liegen bei der Sonntagsfrage in Bayern zwar weiter klar auf Platz zwei, ihr Umfragewert ging im Vergleich zum Januar aber um zwei Prozentpunkte auf 16 Prozent zurück.

    Beobachter sehen das vor allem als Folge bundespolitischer Entwicklungen - der kontroversen Debatte über Habecks Heizungsgesetz und des Wirbels um Staatssekretär Graichen. Dieser war zunächst wegen der Vergabe eines Spitzenpostens bei der bundeseigenen Deutschen Energie-Agentur (Dena) an einen engen Bekannten in der Kritik geraten. Habeck hielt trotz der Rücktrittsforderungen insbesondere aus der Union lange an Graichen fest. Als er Mitte dieser Woche weitere Ungereimtheiten feststellte, zog der Bundesminister aber die Reißleine und kündigte den Rückzugs seines Staatssekretärs an.

    Spitzenkandidaten-Duo für Europawahl

    Am Sonntag spricht die Bundesvorsitzende Ricarda Lang zu den Delegierten. Darüber hinaus wollen die Grünen am Wochenende ihr "Regierungsprogramm" diskutieren und beschließen.

    Jenseits der Vorbereitungen auf die Landtagswahl im Oktober stellten die Delegierten am Freitagabend auch erste Weichen für die Europawahl im nächsten Jahr: Die Europaabgeordnete Henrike Hahn wurde mit mehr als 91 Prozent zur Spitzenkandidaten der bayerischen Grünen für die Europawahl gekürt. Auf den zweiten Spitzenplatz wählten die Delegierten den EU-Parlamentarier Malte Gallée.

    20.03.2023, Bayern, München: Die Spitzenkandidatin der bayerischen Grünen für die Landtagswahl 2023, Katharina Schulze, spricht während einer Pressekonferenz zur Vorstellung des Regierungsprogramms der Landtagswahl 2023. Foto: Lukas Barth/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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    Grünes Regierungsprogramm zur Landtagswahl

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