Söder auf dem CSU-Parteitag in Nürnberg
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"Weiter so" als Wahlkampfhit: Söder gibt den Bewahrer

100 Prozent für Söder und viel christsoziales Eigenlob: Mit einem nur vierstündigen Parteitag stimmt sich die CSU auf den Landtagswahlkampf ein. Der einstige Erneuerer Söder gibt dabei den Bewahrer: Alles soll bleiben, wie es ist. Eine Analyse.

Über dieses Thema berichtet: BR24live am .

Die Delegierten tun das, was die Parteiführung von ihnen erwartet: Bei der Nominierung von Markus Söder zum CSU-Spitzenkandidaten für die Landtagswahl im Oktober gehen in der Nürnberger Messe Hunderte Hände nach oben, bei der Frage nach Nein-Stimmen oder Enthaltungen bleiben alle unten. 2018 hatte es einzelne Gegenstimmen gegeben, dieses Mal bekommt der Parteichef 100 Prozent. Von einem "tollen Signal nach draußen" (Söder) und "Rückenwind" (CSU-Generalsekretär Martin Huber) ist anschließend auf dem CSU-Parteitag die Rede.

Söder selbst wiederum sagt in seiner Rede vieles, was die Basis von ihm hören möchte - und im Grunde seit zwei Jahren schon hört: ein entschiedenes Nein zu Schwarz-Grün, ein Attacken-Feuerwerk auf die Ampel, Kritik an Gendern und Wokeness. Die Kernbotschaft des Tages an die Partei und die Wähler lautet: Bayern ist spitze - und bleibt künftig nur mit der CSU weiter spitze. Die eineinhalbstündige Rede des Ministerpräsidenten erhebt das "Weiter so" zur Wahlkampfstrategie.

Hüter eines bedrohten Schatzes

Ja, wer genau hinhört, kann der Rede hier und da auch neue, aber vage Ankündigungen entnehmen: Zum Ausbau der Windkraft könnte eine landeseigene Gesellschaft ("Bayern-Wind") entstehen, der Kauf von Wasserkraftwerken ist denkbar, Schwimmbad-Programme sollen ausgeweitet werden. Damit räumt Söder nebenbei auch noch Forderungen der Opposition ab.

Ansonsten präsentiert sich Söder in Nürnberg weniger als Visionär, der zum Aufbruch bläst, sondern als Bewahrer, als Hüter eines durch die Ampel bedrohten Schatzes. Die Marschroute des Tages gibt schon in seiner Begrüßung CSU-Generalsekretär Marin Huber vor: Die CSU werde sich gemeinsam mit Söder mit ganzer Kraft dafür einsetzen, "dass Bayern Bayern bleibt". Und der Parteichef stellt klar, die CSU wolle Bayern erhalten, "wie es ist".

Bayern "stark wie nie"

Der Freistaat sei "nicht das Paradies", lässt Söder einmal fallen, verwendet aber sehr viel Zeit darauf, ihn als Himmel auf Erden zu schildern: "stark wie nie, beliebt wie nie", "wohlhabend und sexy und klug". Bayern sei Sehnsuchts- und Zukunftsort. "Wir sind in jeder Statistik auf Platz eins oder zwei." All das ist in Söders Darstellung ein Verdienst fleißiger Menschen und natürlich der CSU. Die Bilanz seiner eigenen Regierung lobt Söder als "sehr gut", fast alle Versprechen seien gehalten worden.

Die bayerische Opposition sieht das naturgemäß ganz anders. Für FDP-Landeschef Martin Hagen ist Söder bisher den Nachweis schuldig geblieben, dass er zu den Großen der CSU-Geschichte gehöre: "Weltmeister im Ankündigen, aber Kreisklasse beim Umsetzen. Bayern steht heute schlechter da als vor fünf Jahren." Auch Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann spottet: "Wir wissen doch leider alle, was es heißt, wenn Markus Söder was ankündigt: gar nichts." Und SPD-Landeschef Florian von Brunn lässt es sich nicht nehmen, seinen Lieblingssatz zu twittern: "Machen statt södern."

Kämpfer fürs Konservative

Als Söder in seiner Rede den Blick in die Zukunft richtet und die Ziele für die nächsten Jahre aufzählt, bleibt er so allgemein, das ihm hier selbst die Opposition schwer widersprechen könnte: Wohlstand für alle, eine gute Zukunft für die Kinder, Sicherheit und Stabilität, Nachhaltigkeit und die Erhaltung bayerischer Lebensart. Der Söder auf dem Parteitagspodium im Jahr 2023 präsentiert sich ganz anders als der frisch gewählte Ministerpräsident von 2018 und neue Parteichef von 2019, der die CSU mit einem Ideenfeuerwerk verblüffte und zuweilen auch ziemlich überforderte.

Söder hat Lehren gezogen aus dem parteiinternen Unmut, der 2021 gipfelte. Und er hat seine Strategie angepasst an die Sehnsucht vieler Menschen nach Normalität angesichts von drei Corona-Jahren, von Ukraine-Krieg und Energiekrise. Der dynamische Erneuerer der CSU, der Bäume umarmt und sich für Frauenquoten stark macht, wurde abgelöst vom Kämpfer für konservative Werte, der für Autos und Atomkraft wirbt. Als er auf seine Hightech-Agenda zu sprechen kommt, blitzt dann doch der alte Söder auf: Bayern sei das Space Valley von Deutschland, freut sich der CSU-Chef und schwärmt von einem möglichen Mondkontrollzentrum im Freistaat.

"Wir haben unsere Mitte gefunden"

Die Ausgangslage für die CSU sei besser als 2018 und viel besser als nach der Bundestagswahl 2021, analysiert Söder. "Wir haben unsere Mitte gefunden." In der Tat: Die Umfragewerte sind seit Monaten gut, das Grummeln in der Partei ist verstummt - und die Ampel liefert regelmäßig neue Anlässe für Attacken, die Söder dankbar aufgreift.

Dabei präsentiert sich der Ministerpräsident nicht nur in seiner Parteitagsrede als Anwalt "der kleinen Leute", sondern versucht das auch durch Omnipräsenz im Freistaat zu belegen: Ein Termin jagt den anderen, kein Fest oder Anlass sind ihm zu klein. Diese Begegnungen sind eine ganz wesentliche Säule seines Wahlkampfs; "Wir sind wieder so nah bei den Menschen wie lange nicht."

Auf dem Nürnberger Parteitag verabschiedet die CSU zwar ein neues Grundsatzprogramm - das Wahlprogramm der Partei lässt aber auf sich warten. Vermisst haben dürften es die Delegierten in Nürnberg nicht: Bisher fährt die Partei auch so gut - mit ihrem "Zugpferd" Söder und seinem "Weiter so".

CSU-Chef Söder
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CSU-Chef Söder

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