Das Pariser Klimaabkommen sieht vor, die Erderwärmung auf unter 2 Grad Celsius zu drücken. Doch reicht das?
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Das Pariser Klimaabkommen sieht vor, die Erderwärmung auf unter zwei Grad Celsius zu drücken. Doch reicht das?

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Klimaschutz-Maßnahmen wären frühestens 2033 spürbar

Das Klimaabkommen sieht vor, den Anstieg der Durchschnittstemperaturen unter zwei Grad Celsius zu halten, um dem Klimawandel entgegen zu steuern. Doch selbst, wenn wir jetzt alle Emissionen stoppen würden, würden wir das erst in Jahrzehnten spüren.

Das Ziel des Pariser Klimaabkommens besteht nicht nur darin, die Erderwärmung auf unter 2 Grad Celsius gegenüber vorindustriellen Werten zu senken, sondern im Idealfall sogar auf einen maximalen Anstieg von 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Wie können wir das schaffen? Indem wir Emissionen stoppen oder zumindest extrem eindämmen, um den Treibhauseffekt - also den Anstieg der Temperaturen durch Treibhausgase - aufzuhalten. Denn die Treibhausgase, die wir heute freisetzen, sind noch viele Jahre in der Atmosphäre spürbar.

Erfolg von Klimaschutzmaßnahmen erst Jahre später bemerkbar

In einer Studie des Center for International Climate Research (CICERO) in Norwegen sind Forscher um den Physiker und Klimaforscher Bjørn Samset der Frage nachgegangen, wie lange es dauern würde, bis sich die Maßnahmen bemerkbar machen. Die kurze Antwort: lange. Die lange Antwort: Selbst wenn wir heute jegliche CO2-Ausstöße stoppen würden, würde sich das frühestens 2033 im Klima bemerkbar machen. Wenn wir weiterhin auf das Zwei-Grad-Ziel hinarbeiten, würde man diese Maßnahmen sogar erst 2047 spüren. Wir bereiten also heute die Welt für unsere Kinder und Kindeskinder vor und sind dafür verantwortlich, was wir ihnen hinterlassen.

Träges Klimasystem verzögert Wirkung

Aber warum dauert es eigentlich so lange, bis man etwas merkt? Die Emissionsminderungen wirken zwar sofort, aber laut den Forschern reagiert unser Klimasystem träge und natürliche Schwankungen verzögern den Effekt. Das ist in Anbetracht dessen, wie alt unsere Erde ist und wie kurz wir Menschen erst auf ihr wandeln, gar nicht verwunderlich. Die Tiefsee des Pazifiks beispielsweise kühlt sich immer noch ab - eine Reaktion auf die “Kleine Eiszeit” von Anfang des 15. bis ins 19. Jahrhundert.

"Der vom Menschen verursachte Klimawandel kann mit einem sehr schnellen Tanker in hohem Wellengang verglichen werden. Wenn man ihn verlangsamen möchte, legt man den Rückwärtsgang ein und doch wird es einige Zeit dauern, bis man merkt, dass das Schiff langsamer fährt. Und wegen der Wellen wird es die ganze Zeit gewaltig schaukeln." Klimaforscher Bjørn Samset, CICERO

Auch Corona-Maßnahmen zeigen sich zeitverzögert

Das vergleichen die Forscher mit den Maßnahmen während der Coronavirus-Pandemie. Beispielsweise mit dem Social Distancing: Es wirkt sofort, aber bis sich die Maßnahmen auch in den Zahlen niederlegen, dauert es eine Weile, weil die Inkubationszeit der bereits Infizierten einige Tage anhält, in denen sie potenziell andere anstecken könnten.

Weniger CO2, Methan und Lachgas in der Atmosphäre

Für die Studie spielten Samset und sein Team verschiedene Szenarien durch - ausgehend von einer Erwärmung von 2,6 Grad Celsius bis 2100. Sie analysierten, wie sich die Temperaturen verändern würden, wenn die Emissionen verschiedenster Treibhausgase wie CO2, Methan oder Lachgas eingeschränkt werden: wenn sie ganz gestoppt werden, wenn sie sich jährlich um fünf Prozent verringern oder entsprechend des Zwei-Grad-Ziels umgesetzt werden. Anschließend werteten sie aus, ab wann diese Umsetzungen im Klima auch nachweisbar wären.

Temperaturen steigen erstmal

Das Ergebnis: Ein sofortiger Stopp der CO2-Emissionen würde sich frühestens 2033 bemerkbar machen und würde bis 2100 eine Erwärmung von einem Grad weniger mit sich bringen. Bei Maßnahmen entsprechend des Pariser Klimaabkommens würde es sogar bis 2047 dauern.

Bei Methan würde ein sofortiger Stopp 2039 nachweisbar sein, im Sinne des Abkommens erst 2050. Das heißt also, dass wir momentane Maßnahmen nicht direkt spüren. Die Temperaturen würden erstmal weiter steigen, extreme Wetterphänomene zunehmen. Das wiederum könnte dafür sorgen, dass die Wirksamkeit der Maßnahmen angezweifelt werden.

Kommunikation wichtig

Auch hier lässt sich das mit der Coronavirus-Pandemie vergleichen: Viele waren aufgrund des Lockdowns verärgert, zweifelten die Maßnahmen an. Denn gerade, weil unser Gesundheitssystem nicht zusammengebrochen ist, wurden Rufe laut, dass es die Ausgangsbeschränkungen und Abstandsregeln gar nicht gebraucht hätte.

Ähnlich könnte sich das mit dem Klimaschutz abspielen: Reduzieren wir die Emissionen stark, können wir vielleicht die Treibhausgase eindämmen und der Erwärmung entgegenwirken. Aber wird das dann von der Öffentlichkeit auch so wahrgenommen? Oder sieht sie sich darin bestätigt, dass es den Klimawandel gar nicht gab und sie sich aber in irgendeiner Art und Weise einschränken musste?

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