Martin Hagen (FDP) und Florian von Brunn (SPD) äußerten sich unter anderem zu Atommüll-Endlagern, zu Rentenerhöhungen und zum Tempolimit.
Bildrechte: BR / Ruslan Amirov, Grafik: BR

Martin Hagen (FDP) und Florian von Brunn (SPD) äußerten sich unter anderem zu Atommüll-Endlagern, zu Rentenerhöhungen und zum Tempolimit.

Per Mail sharen
Artikel mit Video-InhaltenVideobeitrag

#Faktenfuchs: Wahlarenen mit von Brunn und Hagen im Check

In den Wochen vor der bayerischen Landtagswahl stellen sich die Spitzenkandidaten den Fragen des Publikums. Nun waren Florian von Brunn (SPD) und Martin Hagen (FDP) in den BR24 Wahlarenen. Ihre Aussagen im Faktencheck.

Über dieses Thema berichtet: BR-Wahlarena am .

Hinweis: Wir haben die Behauptungen – wie bei allen Themen, die wir überprüfen – nach drei Kriterien ausgewählt: Verbreitung, Relevanz und Überprüfbarkeit. Es spielt keine Rolle für die Veröffentlichung, ob die Behauptung richtig oder falsch ist oder wer die Behauptung geäußert hat.

Hier können Sie den Faktencheck zu den BR24 Wahlarenen mit Markus Söder (CSU) und Ludwig Hartmann (Grüne) nachlesen und hier zu den Wahlarenen mit Hubert Aiwanger (Freie Wähler) und Katrin Ebner-Steiner (AfD).

Die Wahlarena mit Florian von Brunn können Sie hier in der Mediathek anschauen.

Die Wahlarena mit Martin Hagen können Sie hier in der Mediathek anschauen.

Rentenerhöhungen: Waren die letzten zwei die höchsten?

Die Behauptung:

Florian von Brunn, SPD: "Ich weiß, die Inflation ist da, aber die zwei letzten Rentenerhöhungen waren die allerhöchsten Rentenerhöhungen der letzten 20 Jahre."

Richtig oder falsch?

Teilweise richtig. Florian von Brunns Aussage stimmt für Westdeutschland, dort sind die zwei zurückliegenden Rentenanpassungen tatsächlich die höchsten seit 20 Jahren. In Ostdeutschland wurden die Renten allerdings am stärksten 2022 und 2016 erhöht. Die diesjährige Anpassung liegt dort an dritter Stelle.

Die Fakten:

Zuletzt passt die Bundesregierung die Rente 2023 und 2022 an, wesentlich ist dafür vor allem die Entwicklung der Löhne und Gehälter von Arbeitnehmenden, schreibt eine Sprecherin der Deutschen Rentenversicherung dem #Faktenfuchs auf Anfrage. Die Deutsche Rentenversicherung unterscheidet in ihrer Statistik zwischen Ost- und Westdeutschland (siehe Eintrag im FAQ "Wie hoch waren die Rentenanpassungen seit dem Jahr 2000?").

Für Westdeutschland hat von Brunn recht. Dort stiegen die Renten 2023 um 4,39 Prozent und im Jahr 2022 um 5,35 Prozent. Das sind im Vergleich der vergangenen 20 Jahre die höchsten Werte. Ähnlich hoch - aber nicht höher als 2022 oder 2023 - war die Rentenanpassung im Jahr 2016 mit 4,25 Prozent.

In Ostdeutschland wurden die Renten 2023 um 5,86 Prozent angepasst, 2022 um 6,12 Prozent. Das sind im Vergleich der vergangenen 20 Jahre hohe Werte - allerdings war die Rentenanpassung im Jahr 2016 dort mit 5,95 Prozent höher als im Jahr 2023.

Von Brunns Aussage der "allerhöchsten Rentenerhöhung" stimmt also in Ostdeutschland nur für das Jahr 2022, nicht für 2023.

2022 war die Rentenanpassung übrigens so hoch wie sehr lange nicht mehr. Laut einer Mitteilung der Deutschen Rentenversicherung fiel seit "annähernd vier Jahrzehnten" keine Rentenanpassung höher aus.

Bildrechte: BR/ Ralf Wilschewski
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

SPD-Spitzenkandidat Florian von Brunn war der fünfte Gast in der BR24 Wahlarena.

Unterschiedliche Bildungschancen von Kindern

Die Behauptung:

Florian von Brunn, SPD: "Weil wir im Moment einfach eine ungerechte Situation haben, dass Kinder aus Akademikerfamilien, wo die Eltern auch Geld haben, bessere Chancen haben. Das ist durch viele Statistiken bewiesen."

Der Kontext:

Eine Zuschauerin fragte von Brunn in der BR24 Wahlarena, wie leistungsfreudige und -willige Bürger aus der Schule kommen sollen, wenn in der Politik diskutiert werde, Leistungsanforderungen zu reduzieren. Der SPD-Politiker entgegnete auf diese Aussage: "ein bisschen Wettbewerb, ein bisschen Leistungsanforderung finde ich auch gut" und wies in dieser Diskussion auf unterschiedliche Bildungschancen hin.

Richtig oder falsch?

Richtig. Die Aussage von Florian von Brunn, dass der Bildungserfolg von Kindern in Deutschland auch vom Elternhaus abhängt, stimmt.

Die Fakten:

Der Übergang von der Primar- in die Sekundarstufe gilt als eine "zentrale Gelenkstelle" und hat eine große Bedeutung für den weiteren Lebensweg von jungen Menschen, heißt es in der aktuellen IGLU-Studie. Diese testet alle fünf Jahre das Lesevermögen von Schülerinnen und Schülern der 4. Jahrgangsstufe im internationalen Vergleich und wird in Deutschland von der Technischen Universität Dortmund durchgeführt. Der Untersuchung zufolge konnte in zahlreichen Untersuchungen festgestellt werden, dass die Verteilung von Schülerinnen und Schülern auf die unterschiedlichen Schultypen nach der vierten Klasse nicht nur mit den schulischen Leistungen, sondern "insbesondere auch mit der sozialen Herkunft zusammenhängt".

Die Studie zeigt zwar, dass leistungsrelevante Merkmale wie Noten oder Lesekompetenz der Kinder in der Grundschule für Lehrerinnen und Lehrer wichtig bei der Beurteilung sind, ob ein Kind auf das Gymnasium kommt. Dennoch wiesen die Analysen darauf hin, dass "Schülerinnen und Schüler aus bildungsfernen Familien bei gleicher Lesekompetenz und bei gleichen kognitiven Grundfähigkeiten eine deutlich geringere Chance auf eine Gymnasialpräferenz der Lehrkräfte haben als Schülerinnen und Schüler aus bildungsnahen Familien". Die eigene soziale Herkunft hat nach der Studie auch einen Einfluss darauf, ob die Eltern ihr Kind auf das Gymnasium schicken wollen oder nicht.

Den unterschiedlichen Bildungserfolg von Kindern zeigt auch eine Studie des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung. Diese zeigt, dass Kinder, die aus einem Akademikerhaushalt kommen, dreimal häufiger studieren als Kinder, deren Eltern keine Universität oder Hochschule besucht haben.

  • Florian von Brunn sprach auch über Kinderbetreuung. Dieses Thema wurde im BR24 Wahl-Talk am 6. September 2023 besprochen, unseren #Faktenfuchs dazu finden Sie hier.

Wohnungsmangel in Bayern: Stimmen von Brunns Zahlen?

Die Behauptung:

Florian von Brunn, SPD: "In Bayern fehlen nach fünf Jahren Regierung Söder über 200.000 Wohnungen. Markus Söder hat 33.000 Landesbank-Wohnungen verkauft, es sind fast keine gebaut worden von der öffentlichen Hand."

Richtig oder falsch:

Größtenteils richtig. Es stimmt, dass einer Hochrechnung zufolge 2023 in Bayern 200.000 "bezahlbare Wohnungen" fehlen. Es stimmt auch, dass Markus Söder (CSU) 2013 als damaliger Finanzminister in den Verkauf von 33.000 Landesbank-Wohnungen involviert war. In den vergangenen fünf Jahren sind laut bayerischem Landesamt für Statistik 5.729 Wohnungen von öffentlichen Bauherren in Bayern fertiggestellt worden. Von Brunns Aussage, es seien "fast keine" Wohnungen gebaut worden, ist eine subjektive Einschätzung.

Die Fakten:

Laut einer Hochrechnung des Verbands bayerischer Wohnungsunternehmen (VdW Bayern) aus dem Jahr 2023 fehlen in Bayern 200.000 bezahlbare Wohnungen. Die Behauptung des SPD-Kandidaten stimmt also.

Es stimmt auch, dass 2013 die Bayerische Landesbank 33.000 Wohnungen mit Zustimmung der Staatsregierung verkaufte. Der jetzige Ministerpräsident Markus Söder (CSU) war zu der Zeit Finanzminister und in den Verkauf der Landesbank-Wohnungen direkt involviert. Er betonte damals, eine Übernahme der Wohnungen durch den Freistaat sei "nicht im Sinne der EU-Kommission und des Beihilfeverfahrens". Diese Darstellung zweifelte die Opposition auch am Ende des Untersuchungsausschusses zum Verkauf der Wohnungen an.

Die Süddeutsche Zeitung berichtete 2018 zudem von einem Schreiben des damaligen EU-Wettbewerbskommissars Joaquín Alumnia, der zugleich Vizechef der EU-Kommission war. Laut dem Schreiben habe die EU dem Freistaat nicht grundsätzlich verboten, die Gemeinnützige Bayerische Wohnungsgesellschaft (GBW) mit ihren 33.000 Wohnungen von der Landesbank zu übernehmen. Man habe lediglich darauf hingewiesen, dass es kein "überhöhtes Angebot seitens der öffentlichen Hand geben dürfe".

In den besagten 33.000 Wohnungen der GBW lebten bis 2013 mehr als 80.000 Menschen. Jede dritte Wohnung davon wurde öffentlich gefördert. Bis zum Verkauf gehörte die GBW zu knapp 92 Prozent der Bayerischen Landesbank. Weil sich die Landesbank jedoch mit Immobiliengeschäften in den USA verspekuliert und dem Kauf der österreichischen Hypo Group Alpe Adria übernommen hatte, verkaufte sie zur eigenen Sanierung die GBW-Wohnungen, wie BR24 berichtete.

  • Lesen Sie hier mehr dazu.

Von Brunn behauptete in der Wahlarena außerdem, in den fünf Jahren Regierung unter Söder seien "fast keine" Wohnungen gebaut worden "von der öffentlichen Hand". Was von Brunn mit dem Begriff "öffentliche Hand" genau meint, ist unklar. Laut dem Bayerischen Landesamt für Statistik wurden in den vergangenen fünf Jahren (2018 - 2022) 5.729 Wohnungen von "öffentlichen Bauherren" fertiggestellt. (siehe Statistische Berichte zu Baufertigstellungen für die Jahre 2018 bis 2022, jeweils Seite 12)

Neben den öffentlich gebauten Wohnungen sollen Sozialwohnungen auch durch staatliche Förderungen entstehen. Mehr zum aktuellen Stand können Sie hier nachlesen.

  • Zum Artikel: Söder verpasst Wohnbau-Ziel: 93 Prozent fehlen
Bildrechte: BR/ Ralf Wilschewski
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Auch Martin Hagen, der Spitzenkandidat der FDP, stellte sich den Fragen des Publikums.

Tempolimit: Wie hoch wären die CO2-Einsparungen?

Die Behauptung:

Martin Hagen, FDP: "Es sind aber homöopathische Dosen, die wir da einsparen (mit einem Tempolimit, Anm. d. Red.)."

Zuschauer: "Fünf Prozent sind ein bisschen mehr wie eine homöopathische Dosis."

Hagen: "Die fünf Prozent sind auch nicht ganz richtig."

Der Kontext:

Martin Hagen wurde gefragt, warum er gegen ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen sei. Daraufhin gab es eine Diskussion über den Nutzen für den Umweltschutz.

Richtig oder falsch?

Der genaue CO2-Anteil, den ein Tempolimit einsparen würde, lässt sich nicht abschließend beurteilen. Das liegt vor allem daran, dass nicht klar ist, von welcher Höchstgeschwindigkeit Hagen und der Zuschauer ausgehen. Die genannten fünf Prozent finden sich in einer Berechnung des Umweltbundesamtes (UBA). Diese geht von einem Tempolimit von 120 km/h auf Autobahnen und von 80 km/h auf Bundes- und Landstraßen aus. Bei der Berechnung gibt es aber Einschränkungen und Annahmen, die zum Teil bereits kritisiert wurden.

Die Fakten:

Die Höhe der Maximalgeschwindigkeit wirkt sich auf die CO2-Emissionen aus, bei maximal 100 km/h werden mehr Emissionen vermieden als bei Tempolimit 130. Es blieb unklar, von welcher Höhe Martin Hagen auf der einen Seite und der Zuschauer auf der anderen Seite ausgingen.

Außerdem ist zu berücksichtigen, dass es nur eine aktuelle Untersuchung zu den Auswirkungen des Tempolimits gibt, nämlich Anfang des Jahres vom Umweltbundesamt (UBA).

In der Ankündigung des UBA werden "gut 5 Prozent" genannt, die ein Tempolimit an Emissionen im Straßenverkehr einsparen könne. Auf diesen Anteil kommen die UBA-Berechnungen allerdings mit einer Kombination aus Annahmen.

So rechnet die Behörde etwa mit einer Kombination aus einem Tempolimit von 120 km/h auf Autobahnen und einem zusätzlichen Limit von 80 km/h auf "Außerortsstraßen", also Bundes- und Landstraßen. Die Grünen sowie die SPD forderten im Bundestagswahlkampf 2021 jeweils ein Tempolimit von 130 km/h auf Autobahnen.

Ohne das außerörtliche Tempolimit von 80 km/h gibt das UBA eine mögliche Einsparung von 4,2 Prozent an - bei einem allgemeinen Tempolimit von 120 km/h auf Autobahnen.

Das wäre laut UBA eine Einsparung von rund 6,7 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent. Diese Zahl liegt deutlich höher als die Berechnungen des UBA von 2020. Die damalige Berechnung des UBA kam lediglich auf mögliche Einsparungen von rund 2,6 Tonnen CO2-Äquivalent bei Tempolimit 120 km/h.

Die Differenz ist auch auf die unterschiedlichen Methoden und weitere Annahmen der beiden Berechnungen zurückzuführen. Die aktuelle UBA-Berechnung, die laut Behörde zwischen 2019 und 2023 durchgeführt wurde, bezieht sich auf Werte von 2018 und verwendet auch Untersuchungsdaten aus dem Jahr.

In die 6,7 Millionen Tonnen Einsparung sind auch sogenannte Nachfrage-Effekte und Routenwahl-Effekte eingerechnet. Bedeutet: Die Autoren gehen davon aus, dass als Nebeneffekt "vermehrt Strecken genutzt werden, die kürzer sind und langsamer befahren werden", und aufgrund längerer Reisezeiten stattdessen häufiger mit Bus oder Zug gefahren würde – was ebenfalls weniger Emissionen zur Folge hätte.

Ohne Einberechnung dieser Effekte lägen die Einsparungen laut UBA bei 2,9 Prozent der CO2-Emissionen im Straßenverkehr, was einem Minus von 4,5 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent entspricht.

Infolge der Veröffentlichung kritisierte die "Welt", dass die Daten aus 2018 zu alt seien. Das UBA berücksichtige dadurch die Auswirkungen der gestiegenen Benzin- und Dieselpreise nicht - und auch den emissionsmindernden Effekt von E-Autos nicht. 2018 machten reine E-Autos laut Kraftfahrtbundesamt nur rund 0,1 Prozent des deutschen PKW-Bestands aus, mittlerweile sind es etwa zwei Prozent.

Auf viele der Einschränkungen weisen die UBA-Studienautoren auch selbst hin. So könnten etwa die Daten, die der UBA-Berechnung zugrunde liegen, ein verzerrtes Bild liefern, was Modelle der Fahrzeuge, als auch das Fahrverhalten angeht. Die Daten kommen vom Navigationsdienstleister Tomtom. So stellen die UBA-Autoren fest, es liege nahe, dass in den Daten ein "nicht unerheblicher Anteil von Lkw-Geschwindigkeitsdaten enthalten ist". (Seite 55)

Zudem geht die Berechnung davon aus, dass sich alle Verkehrsteilnehmer an ein allgemeines Tempolimit von 120 km/h halten würden (Seite 206). Ein Bericht der Bundesanstalt für Straßenwesen von 2016 ergab, dass bei einem Tempolimit von 120 km/h immer noch 39 Prozent der Autofahrer schneller als 120 km/h fahren. Aus den Daten des Berichts wird deutlich: Eine solche Geschwindigkeitsbegrenzung reduziert vor allem die Geschwindigkeiten über 140 km/h stark.

Der ADAC kritisiert, dass die Berechnung davon ausgeht, dass rund 65 Prozent der Pkw-Fahrleistung auf Autobahnstrecken ohne Tempolimit stattfinde. Aus Sicht des ADAC sei dieser Wert "sehr hoch". Der Automobilclub verweist auf die UBA-Berechnung von 2020, die von rund 55 Prozent ausging. Je höher dieser Wert, desto größer ist der berechnete Nutzen eines Tempolimits von 120 km/h.

Da es für Deutschland jedoch keine anderen aktuellen Berechnungen als die des UBA gibt, lässt sich die Frage nach dem Anteil der CO2-Einsparung nicht anhand weiterer Quellen beurteilen.

  • Mehr zum Tempolimit und Behauptungen rund um Verkehrstote können Sie in diesem Faktenfuchs-Artikel nachlesen. Bitte beachten Sie: Diese Recherche bildet den Stand von 2021 ab und befasst sich nicht mit den neueren Berechnungen des UBA.

Bayern ist für mögliches Atommüll-Endlager noch im Rennen

Die Behauptung:

Martin Hagen, FDP: "Wenn wir ein Endlager brauchen, sollte es dahin kommen, wo die geologischen Gegebenheiten ideal sind, nach aktuellem Forschungsstand ist das nicht in Bayern der Fall."

Der Kontext:

Eine Zuschauerin fragte Hagen: "Sind Sie denn dann für ein Endlager in Bayern, wenn Sie so für die Atomkraft reden?"

Richtig oder falsch?

Falsch. Bayern kommt bei der Suche nach geeigneten Standorten für ein Endlager für radioaktiven Müll durchaus noch in Frage.

Die Fakten:

Zu Martin Hagens Aussage in der BR24 Wahlarena sagte eine Sprecherin der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE): "Das stimmt so nicht. Das sind politische Aussagen, die aber nicht wissenschaftlich fundiert sind. Es gibt in Deutschland noch keine Festlegung auf ein Wirtsgestein und auch noch keinen Ausschluss eines Wirtsgesteins. Alle drei Gesteinsarten sind noch im Rennen. In Finnland und Schweden etwa werden gerade Endlager in Granit gebaut oder geplant."

Laut BGE gibt es drei potenziell geeignete Wirtsgesteinstypen, die hochradioaktiven Abfall dauerhaft von Mensch und Umwelt abschließen können: Steinsalz, Tongestein und Kristallingestein.

Es ist also anders, als Hagen es darstellt - und auch anders, als CSU und Freie Wähler in ihrem Koalitionsvertrag (2018-2023) festhielten: Darin legten sich die beiden Parteien fest: "Wir sind überzeugt, dass Bayern kein geeigneter Standort für ein Atomendlager ist."

Gerade befindet sich das Standort-Auswahlverfahren laut dem Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) in der ersten von drei Phasen des Such-Prozesses. Ziel dieser ersten Phase ist die Ermittlung von Teilgebieten und Standortregionen.

In Phase 1 ist der erste Schritt abgeschlossen: Das mit der Suche beauftragte Unternehmen ist die oben genannte BGE mbH. Sie hat geologische Daten der Länder gesammelt, ausgewertet und einen ersten Arbeitsstand in Form des Zwischenberichts Teilgebiete 2020 veröffentlicht. Auf einer Karte der BGE ist zu sehen, dass große Teile Bayerns geologisch betrachtet grundsätzlich geeignet wären.

Bildrechte: Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE), Zwischenbericht Teilgebiete
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Diese Karte des BGE zeigt: Große Teile Bayerns wären geologisch betrachtet grundsätzlich geeignet.

Im Freistaat gibt es nämlich größere Vorkommen von Granit: im Fichtelgebirge, in den Granitmassiven von Finsterau und Saldenburg in den Kreisen Deggendorf, Freyung-Grafenau und Passau sowie im nördlichen Oberpfälzer Wald bei Tirschenreuth, wie der BR auch hier oder hier berichtete.

  • Martin Hagen sprach auch über Atomkraftwerke und die Möglichkeit, mit neueren Reaktoren Atommüll wiederzuverwerten. Dazu lesen Sie mehr in diesem #Faktenfuchs.

Inflationsausgleich für Landtagsabgeordnete

Die Behauptung:

Martin Hagen, FDP: "Finde ich nicht gerecht, ist auch nicht wahr. Landtagsabgeordnete haben keine 3.500 Euro Inflationsausgleich bekommen, habe ich noch nie gehört. (…) Mag sein, dass das auf irgendeiner politischen Ebene so ist, ich kann nur als Landtagsabgeordneter sprechen, wir haben es nicht bekommen und ich fände es auch falsch, wenn wir es bekommen hätten, weil wir haben es nicht nötig."

Der Kontext:

Über das Internet fragte eine Zuschauerin Hagen in der BR24 Wahlarena: "Finden Sie es gerecht, dass alle Politiker mit ihrem großen Einkommen 3.000 Euro Inflationsprämie erhalten, während Rentner mit ihren kärglichen Renten hier in Bayern leer ausgehen?" Hagen bestritt danach, dass eine Inflationsprämie an Landtagsabgeordnete gezahlt worden sei.

Richtig oder falsch?

Richtig. Die Aussage von Martin Hagen, dass Landtagsabgeordnete keinen Inflationsausgleich bekommen haben, stimmt.

Die Fakten:

Im "Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz" ist die sogenannte Inflationsausgleichsprämie geregelt. Diese besagt, dass Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber ihren Mitarbeitenden eine Sonderzahlung gewähren können. Zahlungen bis zu 3.000 Euro (nicht 3.500 Euro, wie von Hagen geäußert) werden von der Steuer befreit.

Auf #Faktenfuchs-Anfrage heißt es vom Bayerischen Landtagsamt: "Abgeordnete verfügen indes über ein verfassungsrechtlich verbürgtes freies Mandat, weshalb bereits mangels Arbeitnehmereigenschaft die Zahlung einer solchen Inflationsausgleichsprämie entfällt." Kurzum: Eine Inflationsausgleichsprämie für Landtagsabgeordnete in Bayern gibt es nicht.

Tatsächlich sorgte das Thema Inflationsausgleich für Politikerinnen und Politiker in der Vergangenheit aber für Diskussionen – allerdings betraf das die Bundesregierung. Hintergrund ist, dass Angestellte im öffentlichen Dienst wegen der Inflation einen Bonus erhalten. Das gilt laut einem Artikel auf tagesschau.de auch für Bundesbeamte. Nach den Worten von Regierungssprecher Steffen Hebestreit wird damit die jüngste Tarifeinigung für den öffentlichen Dienst "wirkungsgleich und systemgerecht auf die Beamten des Bundes übertragen. Und da zählen dann auch die Bundesministerinnen und Bundesminister und der Bundeskanzler dazu" – berichtete das Handelsblatt. Dem Bericht zufolge wolle der Kanzler den Inflationsausgleich spenden, andere Bundesminister ebenfalls.

BR24 Kandidaten-Check: Wofür stehen die Direktkandidatinnen und -kandidaten der Landtagswahl in Bayern? Ihnen allen haben wir dieselben Fragen zu den relevantesten Themen des Wahlkampfs gestellt, mehr als 800 haben teilgenommen. Geben Sie im Tool Ihren Wohnort, Stimmkreis oder Ihre Postleitzahl ein und finden Sie heraus, wie die Bewerber geantwortet haben:

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!