Mehrstöckiges Wohnhaus in Augsburg
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Sozialwohnungen: Was tun gegen die Wohnungsnot?

In ganz Deutschland fehlen Sozialwohnungen – und es werden immer weniger. Die Ampel verfehlt ihr eigenes Ziel. Bayern will mit einem "Wohnbau Booster" reagieren.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Hunderte Bewerber, lange Warteschlangen und dicke Bewerbungsmappen: Das ist das Bild vieler Wohnungsbesichtigungen in Deutschland und Bayern. Wohnraum ist knapp und teuer.

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Negativer Trend: Immer weniger Sozialwohnungen

Für Menschen mit wenig Geld sieht es noch dramatischer aus: Es gibt immer weniger Sozialwohnungen – also staatlich geförderte Wohnungen für Menschen mit wenig Einkommen. So ist die Zahl der Sozialwohnungen bundesweit im vergangenen Jahr erneut gesunken – auf etwa eine Million. Zum Vergleich: Vor zehn Jahren gab es noch 1,4 Millionen Sozialwohnungen in Deutschland, 2006 gar über zwei Millionen.

Ampel-Koalition verfehlt Ziel von 100.000 Sozialwohnungen pro Jahr

Das Ziel der Ampel-Koalition, jedes Jahr 400.000 Wohnungen zu bauen – darunter 100.000 Sozialwohnungen –, wurde bislang verfehlt. Vergangenes Jahr wurden lediglich 22.000 Sozialwohnungen gebaut, wie aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken hervorgeht.

Föst: Hohe Wohnkosten führen zu "sozialem Konfliktpotenzial"

Daniel Föst ist bayerischer Bundestagsabgeordneter und wohnungspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion. Für ihn ist klar: Deutschland braucht mehr Wohnraum – so wurde es auch im Koalitionsvertrag vereinbart. "Das ist kein politisches 'Wünsch-dir-was'. Das ist das, was die Wissenschaft sagt, was wir mindestens als neuen Wohnraum im Jahr brauchen." Wird das Ziel nicht eingehalten, drohen die Wohnkosten weiter zu steigen, meint Föst im BR24-Interview: "Und das birgt ein sehr, sehr hohes soziales Konfliktpotenzial. Den Menschen bleibt die Luft zum Atmen, wenn die Wohnkosten weiter steigen."

Für den FDP-Politiker müsse Bauen günstiger werden – dafür brauche es weniger Vorschriften, schnellere Planungen. Zudem müsse das Potenzial, das in vielen Städten vorhanden sei, genutzt werden: Dachaufstockungen, Umwidmungen, Nachverdichtung. Damit wäre der Bereich Bauen auch mit dem Klimaschutz vereinbar, so Föst.

Mieterbund fordert Sondervermögen – Bauministerium lehnt ab

Der Deutsche Mieterbund hingegen fordert für den Wohnungsbau ein 50 Milliarden Euro schweres Sondervermögen. Das lehnt der parlamentarische Staatssekretär im Bauministerium, Sören Bartol, ab. Der SPD-Politiker verweist darauf, dass die Bundesregierung den Wohnungsbau mit Milliarden fördere: "Wir haben Rekordmittel, die wir jetzt ausgeben, zum Beispiel für den sozialen Wohnungsbau, über 18 Milliarden Euro." Dennoch fehlt es an Sozialwohnungen. Als Gründe werden hohe Baukosten, steigende Zinsen und der Fachkräftemangel genannt.

Bayerischer Mieterbund: einmal Sozialwohnung, immer Sozialwohnung

Geld allein helfe nicht, meint Monika Schmid-Balzert vom Mieterbund Bayern im BR24-Interview. Natürlich brauche es zwar Neubauten – Schmid-Balzert verweist aber auch auf die sogenannte Sozialbindung: Sozialwohnungen fallen nach einer bestimmten Zeit aus dieser Bindung. Bisher sind das tausende Wohnungen pro Jahr.

Das bedeutet konkret: Eine Sozialwohnung zu einem günstigen Preis wird nach einer bestimmten Zeit – nach 15, 25 oder 40 Jahren – wieder zu einer normalen Wohnung auf dem freien Markt. "Die Wohnungen, die öffentlich gefördert sind, sollten überhaupt nicht mehr aus der Bindung fallen, sondern es sollte gelten: einmal gebunden, immer gebunden!", fordert Schmid-Balzert. Heißt: einmal Sozialwohnung, immer Sozialwohnung. Das dürfte nur für öffentliche Bauträger wie Kommunen interessant sein – nicht aber für private.

Bayerisches Bauministerium: Bindungslaufzeit von 55 Jahren als Option

In Bayern gab es vergangenes Jahr mehr als 133.000 sozial gebundene Mietwohnungen, wie es auf Anfrage vom Bayerischen Bauministerium heißt. 2022 wurden demnach 3.538 sozial gebundene Wohnungen neu bewilligt, "und damit mehr, als aus der Bindung gefallen sind (3.453 Wohnungen)". In diesem Jahr werden 2.993 Wohnungen aus der Bindung fallen.

Bisher können beispielsweise Bauherren von Sozialwohnungen in Bayern über die Sozialbindungen freiwillig entscheiden: Sie werden entweder steuerlich oder durch Investitionszulagen gefördert und verpflichten sich im Gegenzug auf eine günstige Miete – für entweder 25 oder 40 Jahre. Die bayerische Staatsregierung will im Rahmen des "Wohnbau-Booster Bayern" mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen, wie es heißt.

Dafür wurden die Wohnraumförderungsbestimmungen geändert: Unter anderem wurde eine weitere Bindungslaufzeit von 55 Jahren zur Auswahl eingeführt. Mit längeren Bindungslaufzeiten sollen künftig auch die Förderungen angehoben werden.

Für die neuen Wohnraumförderungsbestimmungen stehen dieses Jahr "erstmalig rund eine Milliarde Euro" für die Wohnraumförderung in Bayern zur Verfügung, wie es von Bauminister Christian Bernreiter (CSU) auf Anfrage heißt. Ob das reicht und wie viele Unternehmen sich für längere Bindungslaufzeiten entscheiden werden, ist noch unklar.

Im Video: In ganz Deutschland fehlen Sozialwohnungen

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