Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) in der Münchner Runde.
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Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) in der Münchner Runde.

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Aiwanger besorgt: "Wir sind nicht mehr wettbewerbsfähig"

Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger warnt in der Münchner Runde vor einer Abwanderung der Wirtschaft und fordert Steuersenkungen. Grünen-Politiker Ludwig Hartmann setzt dagegen auf ein anderes Rezept.

Über dieses Thema berichtet: Münchner Runde am .

Schon jetzt investiert die deutsche Wirtschaft vermehrt im Ausland. Das zeigte jüngst die Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft. Demnach flossen 2022 rund 125 Milliarden Euro mehr Direktinvestitionen aus Deutschland ab als im selben Zeitraum in Deutschland investiert wurden. "Das ist eine deutliche Sprache", sagte Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) und machte die Bundesregierung für diese Entwicklung verantwortlich. "Wir haben zu hohe Energiepreise, wir haben zu hohe Steuern, wir sind nicht mehr wettbewerbsfähig", attestierte Aiwanger.

Den Strompreis in Deutschland werde man in den nächsten Jahren mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien senken. Hier sieht der Freie Wähler-Vorsitzende Bayern auf einem guten Weg. Allerdings werde selbst reiner Windenergie-Strom teurer sein als der Strom aus Frackinggas, der in den USA für zwei bis drei Cent pro Kilowattstunde angeboten werde, so Aiwanger. Um den Standort Deutschland dauerhaft attraktiv zu halten, müssten deshalb auch die Unternehmenssteuern gesenkt werden. In den USA seien die Steuern beispielsweise wesentlich niedriger. "Da können wir so viele Windräder bauen, wie wir wollen. Wenn die Steuern zu hoch sind, gehen die dort hin", so Aiwanger.

Grüner Hartmann warnt vor "Steuerdumping"

Ludwig Hartmann, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Bayerischen Landtag und Spitzenkandidat für die anstehende Landtagswahl, widersprach Aiwanger. "Mir greift das zu kurz, wenn wir jetzt rein über die Steuerdebatte kommen", so Hartmann. In den vergangenen Krisen, sei es Corona, die Bankenkrise oder auch die Euro-Krise, habe der Staat die Unternehmen mit viel Geld unterstützt. Für solche Maßnahmen brauche ein Staat aber Steuereinnahmen. "Deshalb greift ein Steuerdumping, um immer der Billigste zu sein, zu kurz, weil wir in der Krise den Menschen nicht helfen können", so Hartmann.

Hartmann will dagegen auf günstigen, grünen Industriestrom setzen, um Deutschland als Standort attraktiv zu halten. "Nicht auf Dauer, aber in der Übergangsphase", so Hartmann. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sei gerade dabei, hier Lösungen zu schaffen.

Wirtschaftsweise Grimm gegen einheitlichen Industriestrompreis

Die Ökonomin Veronika Grimm, eine der "Wirtschaftsweisen", zeigte sich nicht überzeugt von einem flächendeckenden Industriestrompreis. Der derzeit hohe Strompreis fuße vor allem auf fossilen Energieträgern. Diesen Preis künstlich zu subventionieren, sehe sie skeptisch. "Ich glaube, ein einheitlicher Industriestrompreis für die energieintensiven Unternehmen, das wäre mir zu grob. Da werden wir viele Mitnahmeeffekte erzeugen und auch viele adressieren, denen das gar nicht hilft, denen dieser Strompreis nicht niedrig genug ist", so Grimm. Gleichzeitig müsse die Politik aber auch verhindern, dass es "tabula rasa" bei den energieintensiven Unternehmen gebe. Grimm empfahl, sich die einzelnen Branchen und Unternehmen genau anzusehen und dann zu entscheiden, wem man wie helfe.

Mittelfristig hänge die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts am Ausbau der erneuerbaren Energien, zeigte sich Grimm überzeugt. "Wir brauchen in Bayern die Verfügbarkeit von erneuerbarer Energie und das schnell. Da muss man schon an die Politik appellieren, schneller zu sein." Denn nur mit mehr Angebot würden dauerhaft die Energiepreise sinken.

Die ganze Sendung zum Nachschauen

v.l.n.r. : Prof. Veronika Grimm, Wirtschaftsweise, Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger, Moderator Christian Nitsche, Ludwig Hartmann, Fraktionsvorsitzender der Grünen Bayern, Dorothea Sick-Thies Miteigentümerin der Sick AG,  Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der vbw
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Die Münchner Runde vom 26.07.2023

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