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"Nationale Wasserstoffstrategie": Neue Ziele, mehr Tempo

Um die Klimaziele zu erreichen, will die Bundesregierung Tempo machen bei Erzeugung, Import und Nutzung von Wasserstoff. Mit ihrer neuen Wasserstoffstrategie setzt sie dafür auch auf Wasserstoff aus nicht erneuerbaren Quellen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Wasserstoff ist die Zukunft - davon ist die Bundesregierung überzeugt. Damit Deutschland bis 2045 klimaneutral wird, soll fossiler Brennstoff durch Wasserstoff ersetzt werden. Gleich drei Bundesminister traten deswegen in Berlin vor die Presse und demonstrierten bei der im Kabinett beschlossenen "Nationalen Wasserstoffstrategie" Einigkeit.

"Wollen Energiewende schaffen"

Bereits 2020 hatte die damalige Bundesregierung eine "Nationale Wasserstoffstrategie" ins Leben gerufen. Die Ampel-Regierung entwickelte sie jetzt weiter: "Wir wollen die Energiewende schaffen, wir wollen den Klimawandel bekämpfen - wir brauchen aber auch eine wettbewerbsfähige Wirtschaft in unserem Land", so Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP).

Blauer Wasserstoff wird gefördert - Kritik von Umweltverbänden

Deswegen zeichnet sich die neue Strategie durch Technologieoffenheit aus: Grüner Wasserstoff - der als klimaneutral gilt, da er ausschließlich mit Ökostrom aus erneuerbaren Energien erzeugt wird - soll durch sogenannten blauen Wasserstoff ergänzt werden. Dieser wird mit Hilfe von Erdgas erzeugt - daher sind Umweltverbände gegen den Einsatz von blauem Wasserstoff und kritisieren die neue Wasserstoffstrategie. (Mehr zu den Farbbezeichnungen für Wasserstoff siehe unten)

Wasserstoffstrategie: Tempo bei Produktion, Einsatz in Industrie

Zwar soll die Produktion des grünen Wasserstoffs in Deutschland beschleunigt werden: Ziel ist, die heimische Elektrolysekapazität im Jahr 2030 von 5 Gigawatt (GW) auf mindestens 10 GW zu verdoppeln. Tempo soll auch in den Bau einer Wasserstoffinfrastruktur kommen - also ein Wasserstoffnetz in ganz Deutschland. Der Plan der Regierung: 1.800 Kilometer Wasserstoffleitungen.

Bis 2030 soll Wasserstoff dann hauptsächlich in der Industrie eingesetzt werden - bisher wird in diesem Bereich vorwiegend mit Gas und Kohle gearbeitet. Aber auch der Verkehr soll mit Wasserstoff versorgt werden: "Ohne ihn ist eine klimaneutrale Mobilität und Logistik nicht denkbar. Wir brauchen Wasserstoff, um insbesondere den Güterverkehr (…) klimaneutral zu stellen", so Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP).

Deutschland auf Importe bei Wasserstoff angewiesen

Doch Deutschland braucht mehr Energie: Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) rechnet mit einem Bedarf von bis zu 130 Terawatt-Stunden Wasserstoff bis 2030. Bis 2045 - wenn Deutschland klimaneutral sein soll - können es sogar bis zu 600 Terawatt-Stunden sein. Ein Drittel davon könne Deutschland selbst erzeugen, so Habeck, beispielsweise durch Offshore-Windparks auf See.

Zwei Drittel des Bedarfs müssen jedoch durch Importe aus anderen Ländern gedeckt werden - dabei handelt es sich selten um grünen Wasserstoff. "Wir fördern grünen [Wasserstoff] und nehmen alles", so der Wirtschaftsminister: "Die Leitungen werden gebaut. Irgendetwas muss da durchgehen."

Wasserstoff-Kooperationen mit Marokko, Namibia oder Norwegen

Die bayerische Abgeordnete Bärbel Kofler (SPD), die parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ist, sagte im BR24-Interview, dass die Zusammenarbeit mit anderen Ländern jetzt entscheidend sei. Dabei würden Marokko, Namibia, Brasilien und Norwegen eine große Rolle bei Wasserstoff-Kooperationen spielen.

Bayern: Wasserstoff als Chance - Nachholbedarf Netzausbau

Kofler sieht in der nationalen Wasserstoffstrategie eine Chance für Bayern: "Wir haben große Industriezentren, wenn ich an das bayerische Chemiedreieck denke: Gerade da ist Wasserstoff von extremer Bedeutung für die zukünftigen Produktionsprozesse."

Nachholbedarf sieht die SPD-Politikerin jedoch nicht nur beim Ausbau der erneuerbaren Energien in Bayern, sondern vor allem im Netzausbau: "Es muss von den Windanlagen und von den Photovoltaikanlagen der Strom zu den Produktionsstätten in der Industrie, aber auch zu den Haushalten kommen." Bayern müsse beim Netzausbau schneller werden, damit Wasserstoff als Energieträger auch wirklich zum Einsatz kommen könne.

Wasserstoff-Strategie: Planungssicherheit für Unternehmen

Mit der aktuellen Strategie wolle man Unternehmen Planungssicherheit geben. Das sei wichtig, wie Christian Hackl vom Wasserstoff-Reallabor Burghausen im BR24-Interview sagt. Das Thema Wasserstoff sei eine grundlegende Neuausrichtung der gesamten Wirtschaftsweise: "Dafür ist einfach wichtig, dass es verlässliche Rahmenbedingungen gibt, wenn ein Unternehmen heute diese Investitionsentscheidung trifft in die Richtung Wasserstoff, dann muss die Entscheidung in einem, in zwei, in fünf Jahren noch Bestand haben."

💡 Stichwort: Wasserstoff und seine Farben

Wasserstoff ist ein Gas, das mit Sauerstoff zu Wasser verbrennt - dabei entstehen keine Luftschadstoffe und Klimagase. Klimaneutral ist der Wasserstoff, wenn er grün ist. Das bedeutet, Wasser wird mithilfe erneuerbaren Stroms in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt - also mit Strom, der beispielsweise von Windkraftanlagen erzeugt wird. Der Prozess heißt Elektrolyse.

Von blauem Wasserstoff ist die Rede, wenn er aus fossilen Energieträgern - meist Erdgas - hergestellt wird. Das anfallende Kohlendioxid wird aufgefangen und in der Erde gespeichert.

Grauer Wasserstoff wird - wie der blaue Wasserstoff - aus Erdgas und Kohle gewonnen. Beispielsweise wird Erdgas unter Hitze in Wasserstoff und Kohlendioxid umgewandelt. Dabei entstehen rund zehn Tonnen CO2 pro Tonne Wasserstoff, die in der Umwelt landen.

Daneben wird oranger Wasserstoff aus Biomasse hergestellt, pinker hingegen wird aus Kernenergie gewonnen und türkiser Wasserstoff entsteht über die thermische Spaltung von Methan.

Video - Wofür's gut ist: Wasserstoffbus in Bayreuth

Ein Bus fährt auf einer Straße, die von Bäumen gesäumt ist.
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Bis 2040 soll der Stadtbusverkehr in Bayreuth emissionsfrei sein. Dafür testet die Stadt nun einen mit Wasserstoff betriebenen Bus.

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