Viele Teilnehmer an einer Kundgebung halten ein Transparent in Händen, auf dem "Ohne Zukunft kein Morgen" zu lesen ist.
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Mit einem Aktionstag bei Bosch in Bamberg protestierten Beschäftigte gegen den Abbau von Arbeitsplätzen.

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Aktionstag bei Bosch Bamberg gegen Kahlschlag in Zulieferbranche

Transformation ist das Schlagwort der Automobilwirtschaft: weg vom Verbrenner und hin zum E-Motor. Das bedeutet auch, dass viele Jobs in der Zulieferbranche gestrichen werden. Ein Aktionstag in den Bosch-Werken will sich dem entgegenstellen.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Bundesweiter Aktionstag bei Bosch: Die Arbeitnehmervertreter wollen sich mit der Großaktion gegen den geplanten Stellenabbau zur Wehr setzen, für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze in Deutschland und gegen Verlagerungen von Jobs ins Ausland kämpfen.

Auch das Werk in Bamberg beteiligt sich. Der Gesamtbetriebsrat der Zuliefersparte und die IG Metall haben dazu für den 20. März aufgerufen. Bereits am heutigen Dienstag finden Betriebsversammlungen in allen Schichten und Werken in Bamberg statt.

ZF, Conti, Bosch und Co.: Kahlschlag in der Zulieferbranche?

Der Autozulieferer ZF plant die Streichung von 12.000 Jobs, bei Continental sollen weltweit rund 7.100 Stellen abgebaut werden. Ford wird bis 2025 in Saarlouis 3.500 Stellen abbauen und bei Bosch stehen bundesweit derzeit über 7.000 Jobs zur Disposition. Unsicherheit über die Zukunft der eigenen Beschäftigung herrscht überall, vor allem in der Auto- und Zulieferindustrie.

Bamberg ist mit rund 6.300 Beschäftigten eines der größten Fertigungswerke der Bosch-Gruppe. Zwei Drittel der Beschäftigten arbeiten derzeit im Bereich der Komponentenfertigung für Verbrennungsmotoren. Gerade deshalb bangen die Arbeitnehmer um ihre Arbeitsplätze in der Zukunft. Nicht nur, weil für die Produktion von E-Auto-Komponenten viel weniger Beschäftigte gebraucht werden, sondern vor allem, weil die Produkte dafür zunehmend im Ausland gefertigt werden.

Brennstoffzellen-Standort im Aufbau

Das große Ziel für das Bosch-Werk in Bamberg ist es, sich zum Brennstoffzellen-Standort zu entwickeln. Der Konzern geht davon aus, dass voraussichtlich 2030 bereits jedes fünfte neue Nutzfahrzeug ab sechs Tonnen weltweit mit einem Brennstoffzellen-Antrieb unterwegs sein wird. Bis dahin will Bosch mit der Wasserstoff-Technologie einen Umsatz von rund fünf Milliarden Euro erzielen.

Doch es ist unklar, wie viele Mitarbeiter dafür in Zukunft in Deutschland gebraucht werden. Denn auch im chinesischen Chongqing werden Komponenten für das Brennstoffzellen-Antriebssystem gefertigt.

Bamberger Bosch-Werk: Wechselbad der Gefühle

Dem Bosch-Werk in Bamberg geht es noch verhältnismäßig gut. Bis Ende des Jahres sollen rund 250 Mitarbeiter neu eingestellt werden, manche befristet, manche aber auch unbefristet. Das ist genau die Anzahl an Beschäftigten, die jährlich den Betrieb in Bamberg durch natürliche Fluktuation verlassen, zum Beispiel weil Mitarbeiter in Rente gehen.

Im vergangenen Jahr konnte zudem ein Vertrag zwischen der Arbeitnehmervertretung und der Konzernleitung geschlossen werden, der betriebsbedingte Kündigungen an den deutschen Mobility-Standorten bis 2027 ausschließt. Die geschlossene Vereinbarung sei wegweisend, so der Bamberger Betriebsratsvorsitzende Mario Gutmann damals. Doch wie geht es danach weiter?

"Sterben auf Raten"? Stellenabbau und Verlagerung ins Ausland

Insgesamt befindet sich die Zulieferbranche in einer schwierigen Lage: Einerseits muss in den neuen Bereich E-Mobilität investiert werden, gleichzeitig gerät im Moment der Verkauf von E-Autos ins Stocken und sowohl die deutsche Wirtschaft als auch die Weltwirtschaft schwächeln.

Der Betriebsrat von Bosch befürchtet deshalb weiterhin ein "Sterben auf Raten", denn erst würden im Zuge der Umstellung auf E-Mobilität Stellen abgebaut und dann wachse die Gefahr, dass die wenigen auch noch ins Ausland verlagert werden, weil dort die Unternehmen auf hohe Subventionen hoffen könnten.

Alles im Umbruch: auch in Bamberg

"Wir müssen weiterhin Verbrenner-Technologie in Deutschland bereitstellen, sonst wird die Welt damit nicht zurechtkommen", sagte Bosch-Chef Stefan Hartung dem Portal "The Pioneer". Verbrenner würden noch über viele Jahrzehnte auf den Straßen unterwegs sein, erklärt er im Interview weiter. Man werde mindestens 30 bis 35 Jahre benötigen, um weltweit alle Fahrzeuge zu elektrifizieren. Die europäischen Politiker wollen, dass das Ganze schneller geht. Sie haben deshalb beschlossen, dass ab 2035 nur noch Fahrzeuge auf den Markt gebracht werden dürfen, die kein CO2 mehr ausstoßen.

Ausnahmen für klimaneutrale, synthetisch hergestellte Kraftstoffe, sogenannte E-Fuels, soll es jedoch geben. Darauf hatte die deutsche Bundesregierung gedrängt. Bis Herbst soll es genaue Regeln für E-Fuels geben. Außerdem wird die Vorgabe zum Ende des Verbrenners 2026 noch einmal im EU-Parlament überprüft. Derzeit hingen 900.000 Arbeitsplätze in Deutschland direkt oder indirekt vom Aus der Verbrenner ab, so die Gewerkschaft IG Metall.

Preiskampf könnte viele Arbeitsplätze kosten

Erst wird immer schwerer, mit der ausländischen Konkurrenz mitzuhalten. Der einzige gangbare Weg für Konzernleiter scheint eine immer effektivere, kostengünstigere Produktion zu sein. Das bedeute aber den Verlust vieler guter Arbeitsplätze in Deutschland, befürchtet der Bamberger Betriebsrat, "und damit den Verlust des gesellschaftlichen Wohlstandes bei uns".

Bosch-Werk in Bamberg
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Bosch-Werk in Bamberg

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