"Die Automobilhersteller sind sich durchaus bewusst, dass darauf geschaut wird, wo die Rohstoffe herkommen", sagt Johannes Betz vom Öko-Institut e.V. Er hat verschiedene Studien zu Umweltfragen der Elektromobilität durchgeführt. Bekannt sind dadurch etwa Probleme beim Kobalt-Abbau in der Demokratischen Republik Kongo oder der Wasserverbrauch bei der Lithium-Gewinnung in Südamerika.
Nach Recherchen zur offenbar schmutzigen Kobalt-Gewinnung in Marokko bei einem Zulieferer von BMW stellt sich einmal mehr die Frage, ob und wie sich Batterien für Elektrofahrzeuge umweltschonend herstellen lassen.
Laut Recherchen von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung steht der Verdacht im Raum, dass der marokkanische Bergbaukonzern Managem beim Abbau von Kobalt große Mengen giftiges Arsen in die Umwelt gelangen lässt. BMW hat gegenüber BR24 erklärt, "gemäß internen Richtlinien und gegebenen Sorgfaltspflichten hat die BMW Group unmittelbar Untersuchungen gestartet und unseren Lieferanten Managem zu einer Stellungnahme aufgefordert. Sollte ein Fehlverhalten des Lieferanten tatsächlich nachgewiesen werden, wird die BMW Group selbstverständlich unverzügliche Abhilfemaßnahmen seitens des Lieferanten einfordern."
Mehr Fahrzeuge bedeuten mehr Umweltbelastung
In einem direkten Vergleich der Umweltbilanz von Verbrennern und E-Autos würde das E-AUto zwar gewinnen, erklärt Johannes Betz. Jedoch steckten in beiden problematische Ressourcen, wie Blei in den Starterbatterien, Niob in den Karosserien, Motoren oder auch Kautschuk Reifen. Bekannter und breiter diskutiert sind etwa Graphit oder Kobalt als Bestandteil von Lithium-Ionen-Akkus. Der Ressourcenverbrauch für die E-Mobilität steigt rasant: 15 Millionen Elektroautos sollen bis 2030 allein auf deutschen Straßen unterwegs sein und mindestens 30 Millionen E-Fahrzeuge in der EU. Der Bedarf an Batterien ist enorm, für die Umweltbilanz gelten gerade sie als entscheidend.
Rohstoffgewinnung schadet der Umwelt
Studien gehen davon aus, dass nach starken Zuwachsraten beim Rohstoffbedarf für die Batterien der Elektrofahrzeuge gegen 2035 in Deutschland ein Peak erreicht wird. Nach heutigen Prognosen soll dann der Ressourcenverbrauch für die Elektromobilität zurückgehen. Anders als verfeuerte fossile Energieträger wie Diesel und Benzin bleiben die wertvollen Metall-Bestandteile der Autobatterien erhalten und können recycelt werden, betont Betz: "Kobalt, Nickel und Kupfer werden schon recycelt-Bei Lithium ist man gerade dran, die Verfahren sind aber erst im Aufbau. Jetzt gibt es in der EU tatsächlich Zielwerte, die nach und nach erhöht werden, was die spezifische Rückgewinnung nicht nur von Kobalt, Nickel und Kupfer und auch von Lithium vorschreibt." Er verweist auf die neue EU Batterie-Verordnung. Ihre Vorgaben sollen die Kreislaufwirtschaft ankurbeln und die heimische Produktion auch unabhängiger machen von außereuropäischen Rohstofflieferungen aus Ländern wie China.
Auch Erdölproduktion sorgt für große Umweltschäden. Bei den Auto-Herstellern wächst aber das Bewusstsein für Nachhaltigkeit, ohne E-Mobilität sind die Klimaziele nicht zu erreichen. "Die Menge an Erdöl, die wir dadurch einsparen können, dass wir auf Elektroautos umsteigen, ist gewaltig", sagt Betz und er betont, die Erdölproduktion führe zu dramatischen Umweltbelastungen, wie beispielsweise der Ölverschmutzung in Nigeria. Dort sind ganze Landstriche ölverpestet. Eines der größten Lieferländer für Erdöl nach Deutschland sind die USA wo vor allem Fracking für neue Erdölquellen gesorgt hat. Weitere Lieferländer sind heute die Vereinigten Arabischen Emirate, Norwegen, Kasachstan und das Vereinigte Königreich.
Rohstoffgewinnung schadet der Ökobilanz
Die meisten Elektrofahrzeuge haben heute Lithium-Ionen-Batterien an Bord. Ein entscheidender Teil des Lithiums für die Stromspeicher stammt aus Südamerika. Um das Alkalimetall zu gewinnen, wird salzhaltiges Grundwasser an die Oberfläche gepumpt. Dort verdunstet das Wasser und ein Salzgemisch mit hohem Lithium-Anteil bleibt zurück. Die Herstellung von einem Kilogramm Lithium verbraucht mehrere hundert Liter Wasser, langfristig kann der Trinkwasserspiegel rund um die Fördergebiete sinken. Mit wesentlich weniger Wasser kommt Australien aus, der größte Lithium-Produzent weltweit fördert in großen Minen Lithium-Erz.
In Lithium-Ionen-Batterien stecken weitere gesundheitsgefährdende Stoffe - wie Nickel und Kobalt. Kobalt wird in der Demokratischen Republik Kongo teils unter menschenverachtenden Bedingungen abgebaut, bei der Produktion kann je nach Vorkommen u.a. Arsen rfeigesetzt werden, das Böden und Trinkwasser belastet. Bergbau bedeutet stets Eingriffe in die Natur, technisch wäre eine Schadensbegrenzung aber meist möglich. Zum Beispiel haben sich alle Bergbauunternehmen in Chile für ihren Lithiumabbau vom strengsten Bergbaustandard IRMA zertifizieren lassen, weiter südamerikanische Förderländer folgen.
Alternative Batterien nehmen Fahrt auf
Batterien bestehen zum Großteil aus Aluminium, Lithium macht nur etwa 2 Prozent aus. Es gibt aber auch neue Alternativen. Produzenten haben bereits den Kobalt-Anteil in Lithium-Ionen-Batterien deutlich reduziert.
Einige Fahrzeughersteller setzen sogar kobalt- und nickelfreie Technologien ein: etwa Lithium-Eisenphosphat-Batterien. Diese Zellen haben zwar eine geringere Energiedichte, aber reagieren robuster. Dadurch können in einen Akku mehr Zellen verbaut werden, das gleicht die Nachteile ein Stück weit aus.
Auch Lithium lässt sich ersetzen, durch die Natrium-Ionen-Technologie. Natrium ist preisgünstig und etwa als Bestandteil von Meersalz fast unbegrenzt verfügbar. Die Natrium-Ionen-Batterien haben aber deutlich weniger Speicherkapazität. Prof. Maximilian Fichtner, Direktor von CELEST, einer Forschungsplattform für elektrochemische Energiespeicherung, erklärt aber, es sei zu erwarten, dass die Natrium-Ionen-Technologie in den kommenden Jahren durchaus noch leistungsfähiger werden wird.
Wenn es auf Größe und Gewicht der Akkus ankommt, setzen Forschende auch auf Magnesium. Der Rohstoff kommt in Deutschland in großen Mengen vor. "Ein sehr interessantes Material, was die theoretische Energiedichte betrifft, aber mit noch sehr vielen Fragezeichen", erläutert Dr. Margret Wohlfahrt-Mehrens vom Direktorium des Helmholtz-Instituts Ulm, das sich mit der Erforschung und Entwicklung von neuen Batteriekonzepten beschäftigt. Bis zu marktreifen Magnesium-basierten Fahrzeug-Akkus werde es deshalb noch eine Weile dauern. Ob sie jemals mit Lithium-Ionen Akkus in punkto Nachhaltigkeit oder Kosten mithalten können, ist ebenfalls sehr unsicher, so die Einschätzung des Öko-Instituts in Berlin.
Wie umweltverträglich und nachhaltig die Batterieproduktion ist, hängt zudem nicht nur von den Substanzen ab, die in den Stromspeichern stecken.
Batterien lassen sich klimaschonend fertigen
Zum Ressourcenverbrauch zählt auch der Flächenverbrauch. Weiträumige Baumaßnahmen versiegeln den Boden für neue Batteriefabriken, wie etwa beim geplanten BMW-Werk in Niederbayern. Momentan entstehen weltweit riesige Fabriken für Fahrzeug-Akkus. Mit welchem Strom sie arbeiten, entscheidet dabei über den CO2-Fußabdruck der Technologie, denn die Batteriefertigung ist meist sehr energieintensiv. Ein hoher Anteil erneuerbarer Energie aus Wind-, Solar- oder Wasserkraftanlagen verbessert die Ökobilanz der Elektromobilität, dabei zählt jedes Prozent an Strom, das nicht mehr durch Kohlhe, Gas oder Öl produziert wird. Je geringer der Anteil von Kohle, Gas oder Öl für die nötige Stromerzeugung ist, desto weniger Kilometer muss ein Elektroauto fahren, bevor es vergleichbare Verbrenner in der CO2-Bilanz hinter sich lassen kann.
Zum Hören: Schmutzige Kobalt-Gewinnung - Vorwürfe gegen BMW-Zulieferer
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