CSU-Chef Söder vor dem neuen Strauß-Plakat
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CSU-Chef Söder vor dem neuen Strauß-Plakat

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Erst Aiwanger, dann Merz: Ausgerechnet die Partner fordern Söder

Im bayerischen Landtagswahlkampf sind es aktuell vor allem die Partner, die CSU-Chef Söder das Leben schwer machen: im Freistaat Freie-Wähler-Chef Aiwanger durch seine Rhetorik, im Bund der CDU-Vorsitzende Merz mit seinen Worten zur AfD. Eine Analyse

Über dieses Thema berichtet: BR24live am .

Das frisch gedruckte Franz-Josef-Strauß-Großplakat bekam noch vor seiner offiziellen Präsentation quasi eine neue Bedeutung. Eigentlich wollte die CSU-Spitze damit ein klares Signal gegen die AfD setzen, nach den Aussagen von CDU-Chef Friedrich Merz zur Kooperation mit der AfD in Kommunen liest sich das Zitat neben dem Foto der CSU-Legende aber wie eine eindringliche Mahnung an die Schwesterpartei: "Wir wollen mit rechtsradikalen Narren und Extremisten nichts zu tun haben. Franz Josef Strauß."

Söder gegen jede Form der Zusammenarbeit mit AfD

In der Pressekonferenz nach der CSU-Vorstandssitzung in München kommt Parteichef Markus Söder denn auch schnell auf die Debatte über eine Zusammenarbeit mit der AfD zu sprechen: "Wir sind ganz klar gegen jede Form der Kooperation mit der AfD - egal ob auf europäischer, auf Bundes-, Landes oder gar auf kommunaler Ebene. Ein Nein heißt nein", betont Söder. "Dort gibt es keine Relativierung und kein Aufweichen." Zwar nennt der CSU-Chef seinen CDU-Kollegen Merz nicht beim Namen - nach BR-Informationen hatte er zuvor in internen Schalten und Sitzungen aber Klartext gesprochen: Er kritisierte die Merz-Äußerungen demnach nicht nur als "Fehler", sondern beklagte auch, dass sie "enorm schaden".

So wird der bayerische Landtagswahlkampf immer ungewöhnlicher. Aktuell machen weniger Grüne, SPD und FDP dem wahlkämpfenden Söder das Leben schwer - sondern der Kurs der eigenen Partner im Land und im Bund: In Bayern fordern die Freien Wähler um Hubert Aiwanger den Ministerpräsidenten mit einer rhetorischen Annäherung an die AfD heraus, jetzt beschert auch noch CDU-Chef Merz der Union eine bundesweite Debatte, auf die Söder sicher gern verzichtet hätte.

Verheerendes Echo für Merz

Die heutige Pressekonferenz mit gleich vier führenden CSU-Politikern war schon vor Tagen angesetzt worden, um im Wahlkampf einen starken Akzent zur Migrationspolitik zu setzen. Mit seinen Aussagen im ZDF-Sommerinterview sorgte Merz aber für so viel Wirbel, dass sich die versammelte Presse in erster Linie dafür interessiert, wie deutlich sich Söder von den Worten seines CDU-Kollegen distanziert.

Merz hatte am Sonntag überraschend die Tür für eine Zusammenarbeit der CDU mit der AfD auf kommunaler Ebene geöffnet: "Kommunalpolitik ist etwas anders als Landespolitik und Bundespolitik." Beim Nein zu einer Kooperation mit der AfD gehe es um "gesetzgebende Körperschaften" - also das Europäische Parlament, den Bundestag, die Landtage, sagte Merz. Wenn die AfD einen Landrat oder Bürgermeister stelle, müsse "natürlich" in den Kommunalparlamenten nach Wegen gesucht werden, wie sich gemeinsam die Stadt oder der Landkreis gestalten lasse.

Das öffentliche Echo war verheerend. Auch CDU-Politiker distanzierten sich reihenweise von den Merz-Aussagen und erinnerten den eigenen Vorsitzenden daran, dass die CDU per Parteitagsbeschluss jeder Zusammenarbeit mit der Linkspartei und der AfD eine Absage erteilt hat. Auch mehrere CSUler gingen ungewöhnlich deutlich auf Distanz zu Merz. Dieser ruderte zwar am Montagmorgen zurück. Die Debatte, die er losgetreten hatte, konnte Merz damit aber nicht mehr einfangen - zum Unmut der Schwesterpartei. Für die CSU in Bayern kämen die Äußerungen des CDU-Chefs "zeitlich ungünstig", betont die Politikwissenschaftlerin Jasmin Riedl bei BR24live.

Söder: AfD "auch ein Problem für Bayern"

Die CSU-Beschlüsse zur Migration haben es wegen der Aufregung über Merz schwer, Beachtung zu finden. Dabei sind sie mit Blick auf den Wahlkampf durchaus bemerkenswert. Nachdem Söder sich in den vergangenen Monaten betont gelassen zu den Umfragewerten der AfD geäußert hatte, wirkt dieser Montag wie ein Wendepunkt. "Die AfD ist kein bayerisches Problem, aber auch ein Problem für Bayern", sagt er.

Es gelte, die Sorgen und Nöte der Menschen ernst zu nehmen und sich mit der AfD auseinanderzusetzen. Zwar sind die Ideen des CSU-Vorstands nur zum Teil neu, dennoch wirken sie wie der Versuch, den Umfrage-Zuwächsen der AfD inhaltlich etwas entgegenzusetzen.

CSU-Initiativen zur Migration

Hatte die CSU das Thema Migration längere Zeit im Großen und Ganzen ausgespart, will die Partei es nun offenbar nicht länger der AfD überlassen und kündigt eine Reihe von Initiativen an. "Wir sind für Humanität, aber gegen eine unkontrollierte Zuwanderung nach Deutschland", sagt Söder.

Nach dem Willen der CSU sollen Asylbewerber beispielsweise verstärkt Sach- statt Geldleistungen bekommen. Wer rechtskräftig abgelehnt ist und keinen festen Arbeitsplatz hat, muss laut Innenminister Joachim Herrmann zum einen möglichst schnell Deutschland verlassen - und bis zur Ausreise wolle der Freistaat vorrangig "Sachleistungen gewähren, die Geldleistungsbezüge, soweit es irgendwie geht, reduzieren". Vergangene Woche hatte die bayerische AfD bei der Vorstellung ihres Wahlprogramms gefordert, Asylbewerber sollten künftig nur noch Sach- statt Geldleistungen bekommen.

Zudem soll Herrmann ein Konzept entwickeln, wie Zuwanderer zu gemeinnütziger Arbeit verpflichtet werden können. Generell will die CSU bei Migranten mehr auf den Faktor Arbeit setzen. Laut dem Chef der Berliner CSU-Landesgruppe, Alexander Dobrindt, ist Arbeit ein Teil der Integrationsleistung. Ähnlich wie die Pflicht zum Spracherwerb kann sich die CSU vorstellen, dass Migranten in Deutschland eine bestimmte Stundenzahl pro Woche arbeiten müssen.

Verpflichtende Sprachtests vor der Einschulung

Zudem wollen die Christsozialen in den Schulen ab dem Schuljahr 2024/25 genauer auf das Sprachniveau von nicht-muttersprachlichen Kindern schauen. Vor der Einschulung soll es einen verpflichtenden Sprachtest geben. Laut dem Ministerpräsidenten macht Unterricht ohne entsprechende Sprachkenntnisse keinen Sinn und führt zu weniger Integration. Sollte die Schule feststellen, dass ein bestimmtes Niveau nicht erreicht werde, solle es ein verpflichtendes Vorschulkita-Jahr geben, sagt Söder. Die AfD hatte erst vergangene Woche verkündet, muttersprachliche und nicht-muttersprachliche Grundschul-Kinder getrennt unterrichten zu wollen.

Freie Wähler sticheln

Auf wenig Begeisterung stößt bei der CSU, dass zu allem Überfluss auch noch der Koalitionspartner stichelt. Schließlich hatte sich Söder in den vergangenen Wochen mehrfach veranlasst gesehen, die rhetorische Annäherung von Freie-Wähler-Chef Aiwanger an die AfD ("Demokratie zurückholen") öffentlich zu rügen. Und jetzt nehmen ausgerechnet die Freien Wähler die CSU in Mithaftung für die Merz-Aussagen? "Merz reißt per Interview mit dem Hintern ein, was Demokraten mit Händen aufgebaut haben," twittert der parlamentarische Geschäftsführer der FW-Fraktion, Fabian Mehring. Er erwarte, dass die CSU ihr Verhältnis zur CDU und deren Chef "schnell und deutlich" kläre.

Der CSU-Bundestagsabgeordnete Florian Hahn kontert deutlich: "Lieber mal vor der eigenen Türe kehren, anstatt Unsinn zu verbreiten." Und CSU-Generalsekretär Marin Huber betont mit Blick auf Aiwangers Äußerung, es gebe in Deutschland nur noch "formal" eine Demokratie: "Lieber Herr Mehring, wer die Demokratie als formal bezeichnet, der hat wohl Klärungsbedarf." Der koalitionsinterne Wahlkampf zwischen CSU und Freien Wähler verspricht weiterhin Spannung.

Im Video: BR24live bei der Sitzung der Praesidien von CDU und CSU

Pressekonferenz. Vorstellung Zehn Punkte Plan,Agenda fuer Deutschland. Gemeinsame Sitzung der Praesidien von CDU und CSU am 30. Juni 2023 in der CSU Landesleitung in Muenchen. ?
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Sitzung der Praesidien von CDU und CSU

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