CDU-Chef Friedrich Merz
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Umgang mit der AfD: Bröckelt die "Brandmauer" der CDU?

Eigentlich gilt Friedrich Merz in Berlin als Mann der klaren Worte. Doch die Äußerungen des CDU-Chefs zum Umgang mit der AfD werfen Fragen auf. Das zeigen die innerparteilichen Reaktionen. Wie die CDU um den richtigen Kurs ringt – eine Analyse.

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Es hätte ein Heimspiel für den CDU-Vorsitzenden werden können: "Willkommen im Sauerland", ruft Friedrich Merz am Sonntag dem ZDF-Reporter zu und lächelt. Das Interview findet in Arnsberg statt – also in seinem Wahlkreis. Die Mundwinkel des Parteichefs bleiben oben, als er gefragt wird, ob er sich als Vorsitzender der "Alternative für Deutschland mit Substanz" verstehe.

Als solche hat Merz die Union vergangene Woche bei einer Klausur der Bundestags-CSU bezeichnet, wofür er Kritik einstecken musste. Jetzt also die Klarstellung: Merz sagt, er stehe hier als CDU-Chef und Vorsitzender der Unionsfraktion im Bundestag. Das Lächeln wirkt da schon etwas angestrengt, aber die Botschaft ist eindeutig: "Wir messen uns nicht an der AfD."

Merz schließt Zusammenarbeit mit AfD in Kommunen zunächst nicht aus

Doch im weiteren Verlauf des Interviews sagt Merz Dinge, die eine weitere Klarstellung erforderlich machen werden. Zur Frage nach einer etwaigen Zusammenarbeit der CDU mit der AfD stellt Merz fest, Kommunalpolitik sei "etwas anderes als Landespolitik und Bundespolitik". Auf Landes- und Bundesebene werde es keine Kooperation geben. In Gemeindevertretungen aber müsse die CDU unter Umständen schauen, "wie man gemeinsam die Stadt, das Land, den Landkreis gestaltet". Damit bezieht sich Merz auf Wahlerfolge der AfD in ostdeutschen Kommunen wie dem Thüringer Landkreis Sonneberg.

Scharfe Reaktionen auf Merz-Vorstoß zur AfD

Wie aber würde so ein Szenario konkret aussehen? Eine Frage, die noch am Sonntagabend zu einer lebhaften Debatte führt. Kai Wegner, Regierender Bürgermeister von Berlin, schreibt auf Twitter: "Die AfD kennt nur Dagegen und Spaltung. Wo soll es da ZUSAMMENarbeit geben?" Wegner ist nicht irgendwer in der CDU: Vor wenigen Monaten hat er die Berliner Abgeordnetenhauswahl gewonnen – mit betont konservativen Positionen etwa zur inneren Sicherheit.

Bundestagsvizepräsidentin Magwas: "rechtsradikal bleibt rechtsradikal"

Auch im Tweet der CDU-Politikerin Yvonne Magwas drückt sich Unverständnis für Merz aus: Die Vizepräsidentin des Bundestags schreibt in einer ersten Reaktion auf seine Äußerungen zur AfD: "Ob Ortschaftsrat oder Bundestag, rechtsradikal bleibt rechtsradikal." Magwas kommt aus Sachsen, wo die AfD – wie in Thüringen – besonders stark ist. Doch offensichtlich ist sie nicht der Ansicht, dass eine kommunalpolitische Zusammenarbeit mit der Partei die richtige Antwort darauf wäre.

CDU-Beschlusslage zum Umgang mit AfD eindeutig

Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen erinnert daran, dass seine Partei ein Kooperationsverbot mit der AfD beschlossen hat. Das war vor knapp fünf Jahren bei einem Bundesparteitag in Hamburg. Vor drei Jahren dann hat die CDU-Spitze diese Position bekräftigt. Damals beschloss das Präsidium der Christdemokraten: "Es gibt keine Zusammenarbeit mit der AfD – weder in direkter, noch in indirekter Form." Und schließlich hat Merz selbst allen Parteifreunden mit einem Rauswurf aus der CDU gedroht, die sich nicht an diese Beschlusslage halten. Dass diese "Brandmauer" nur für Bundes- und Landesebene gelte, nicht aber für die Kommunalpolitik – davon war bis Sonntagabend nicht die Rede.

Merz relativiert Äußerungen zum Umgang mit AfD

Am Montagvormittag dann rudert der CDU-Chef zurück: Es werde keine Zusammenarbeit mit der AfD geben – auch nicht auf kommunaler Ebene. Er habe es "nie anders gesagt", schreibt Merz auf Twitter. Allerdings waren seine Äußerungen im ZDF-Interview immerhin so interpretationsbedürftig, dass sich Merz zu einer solchen Klarstellung gezwungen sieht.

Söder erteilt Zusammenarbeit mit AfD klare Absage

Nicht nur im Berliner Konrad-Adenauer-Haus läuten an diesem Montag die Alarmglocken: Von München aus meldet sich Markus Söder zu Wort. Der CSU-Chef bemüht sich um maximale Klarheit: keine Zusammenarbeit mit der AfD – egal, auf welcher Ebene. Der "Kernunterschied" sei: Die Union sei "konservativ", die AfD aber "radikal". Offene Kritik am Chef der Schwesterpartei CDU übt er nicht. Auch wenn Söder wenige Wochen vor der Landtagswahl sicher keine Diskussion darüber gebrauchen kann, ob die viel zitierte "Brandmauer" der Union nach Rechtsaußen möglicherweise bröckelt.

CDU-Papier: Zusammenarbeit mit AfD wäre "Verrat an christdemokratischen Werten"

Die Reaktionen deuten darauf hin, dass der Vorstoß von Merz intern nicht abgesprochen war. Anders sind die zum Teil scharfen Wortbeiträge prominenter CDU-Vertreter nicht zu erklären. Merz hat erhebliche Irritationen in den eigenen Reihen ausgelöst. Und das in einer Frage von grundlegender Bedeutung, wie die CDU selbst erläutert: In einem Positionspapier der Partei heißt es, eine Zusammenarbeit mit der AfD – wie auch mit der Linken – wäre ein "Verrat an unseren christdemokratischen Werten".

Bemerkenswert ist auch, wer in der Debatte schweigt. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst etwa belässt es dabei, die Klarstellung von Merz zu retweeten. Für eine eigene Stellungnahme sei Wüst "urlaubsbedingt leider nicht verfügbar", heißt es aus Düsseldorf. Der einflussreiche CDU-Politiker aus dem Westen gilt als Rivale von Merz: Ihm wird Interesse an einer Kanzlerkandidatur bei der nächsten Bundestagswahl nachgesagt. Und seine Chancen dürften sich an diesem Montag zumindest nicht verringert haben.

Im Audio: Merz relativiert Äußerung

Archivbild: Friedrich Merz und Markus Söder
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Archivbild: Friedrich Merz und Markus Söder

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