Demo für mehr Schutz der Weidetiere.
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1.200 Bauern demonstrieren gegen den Wolf

Unter dem Motto "Ausgebimmelt?" haben in München gut 1.200 Landwirte für einen besseren Schutz ihrer Weidetiere demonstriert. Sie fordern, dass der Schutzstatus des Wolfs gemindert wird. Naturschützer beklagen derweil illegale Wolfstötungen.

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Bäuerinnen und Bauern sowie Musik- und Trachtengruppen sind am Samstagvormittag auf dem Odeonsplatz zusammengekommen, um für den Schutz der Weidetiere zu demonstrieren. Laut Polizei waren es rund 1.200 Teilnehmer. Die Veranstalter sprechen von rund 1.500. Darunter waren auch Musik- und Trachtengruppen und - laut Veranstalter - Weidetierhalter aus Österreich und Südtirol.

"Nirgendwo funktioniert es mit dem Wolf"

"Die Wahrheit ist: Nirgendwo funktioniert es mit dem Wolf.", zitierte der Bayerische Bauernverband Leo Tiefenthaler, den Landesobmann des Südtiroler Bauernbundes. "Wolf und Weidewirtschaft sind nicht kompatibel. Wer unsere Almen und Weiden im Alpenraum kennt, weiß, dass Herdenschutz keine Lösung ist. Er ist auf unseren unwegsamen Almen schlicht nicht durchführbar – und auch nicht finanzierbar." In einigen italienischen Provinzen sei die Tierhaltung bereits auf dem Rückzug.

Aufgerufen zu der Veranstaltung hatte der Bayerische Bauernverband. Unter dem Motto "Ausgebimmelt? Gemeinsam für den Schutz der Weidetiere" will der Verband gemeinsam mit Naturschutz-Bündnissen eine Lösung finden, wie die Ausbreitung des Wolfes eingedämmt werden kann. Der Bauernverband fordert deshalb die Herabsetzung des Schutzstatus des Wolfes.

4.000 Wolfsrisse pro Jahr in Deutschland

"Wir sind keine Feinde des Wolfes, doch im letzten Jahr wurden in Deutschland rund 4.000 Nutztierrisse gemeldet", sagte der bayerische Bauernpräsident, Walter Heidl, bei der Kundgebung. So dürfe es nicht weitergehen. Sonst werde das Bimmeln der Kuhglocken auf den Weiden bald verstummen.

Deshalb zogen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, viele von ihnen in bayerischer Tracht, darunter auch einige Familien mit Kindern, nach der Kundgebung am Odeonsplatz mit laut bimmelnden Kuhglocken durch die Innenstadt.

Demo für mehr Schutz der Weidetiere.
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Demo für mehr Schutz der Weidetiere.

Angst vor dem Wolf, Angst um die Kinder

Auch Familie Riesch aus Wackersberg bei Bad Tölz war nach München gekommen: "Wir möchten nicht nur unsere Rinder, Schafe und Pferde vor dem Wolf schützen, sondern sorgen uns auch um die Sicherheit unserer beiden kleinen Kinder", sagte Familienvater Nikolaus Riesch.

Sorge um Verlust der Kulturlandschaft

Die Demonstranten wollten auf die Probleme aufmerksam machen, die eintreten können, wenn der Schutzstatus des Wolfes aufrechterhalten bleibt. "Der Wolf wird ein Riesenproblem, denn Zaun- und Herdenschutz funktioniert nur im günstigsten Fall. Wir haben aber mit unseren Weiden ungünstige Lagen", sagte Peter Fichtner, ebenfalls aus dem Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen. "Wenn man irgendwas einsperrt, sperrt man automatisch was anderes aus, zum Beispiel Wanderer – und dann hat die Kulturlandschaft verloren." Nicht nur Landwirte aus dem Alpengebiet machen sich sorgen um ihre Weiden. Anja Ammer war beispielsweise aus Coburg angereist. Sie züchtet eine vom Aussterben bedrohte Ziegenrasse und sagt, wenn sich der Wolf weiterhin so ausbreitet wie in Tirol, werde er auch bald in Oberfranken ankommen. "Wir wollen nicht, dass unsere Tiere vom Wolf aufgefressen werden, deshalb sind wir hier", sagte sie.

Bund Naturschutz beklagt illegale Wolfstötungen

Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) hatte schon vor der Demonstration eine wachsende Zahl an illegalen Tötungen von Wölfen beklagt. Mit dem Fund von drei erschossenen Tieren in Mecklenburg-Vorpommern sei 2021 ein neuer Höchststand an rechtswidrigen Wolfstötungen erreicht worden, teilte der Nabu in Berlin mit. Waren es im vergangenen Jahr demnach insgesamt acht Fälle, seien es seit Januar bereits elf. Hinzu komme vermutlich eine hohe Dunkelziffer.

"Jede Wolfstötung ist eine Straftat"

"Jede dieser Tötungen ist eine Straftat und muss strafrechtlich verfolgt werden", betonte der Fachbereichsleiter Naturschutzpolitik des Nabu, Ralf Schulte. "Diese kriminelle Selbstjustiz gegenüber streng geschützten Tieren muss Konsequenzen haben", fügte er hinzu. Deutschland sei weiterhin meilenweit von einem guten Erhaltungszustand des Wolfs entfernt.

64 getötete Wölfe in 21 Jahren

Seit Rückkehr der Wölfe im Jahr 2000 seien insgesamt 64 Wölfe illegal getötet worden, Tendenz steigend. Nur wenige Fälle seien aufgeklärt worden. Der Nabu macht dafür einen Mangel an Fachstellen für Artenschutzkriminalität verantwortlich. Die Taten würden nach wie vor als Kavaliersdelikte behandelt. Nicht nur Wölfe, sondern auch Luchse würden immer wieder getötet aufgefunden, ebenso etliche Greifvögel. Der Nabu forderte in diesem Zusammenhang verstärkte Anstrengungen in den Landeskriminalämtern, gegen widerrechtliche Tötungen von geschützten Wildtieren vorzugehen.

BN fordert besseren Herdenschutz

Unterdessen setzt der Bund Naturschutz (BN) auf stärkeren Herdenschutz bei Weidetieren. Die Bejagung des Wolfes sei keine Lösung, sagte BN-Wolfsexperte Uwe Friedel. Vielmehr gelte es, Weiden besser zu schützen. Wichtig sei, dass Landwirte und Nutztierhalter über Herdenschutz informiert sind und die angebotenen Möglichkeiten wie Herdenschutzhunde oder -zäune sowie Finanzausgleich für gerissene Tiere ausschöpfen.

Wolf streng geschützt

Der Wolf ist in Deutschland streng geschützt und darf nicht bejagt werden. Nicht nur zwischen Naturschützern und Landwirten wird darüber gestritten, auch in der Politik herrscht Uneinigkeit beim Thema Wolf. Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber sprach sich jüngst für Weideschutzgebiete aus, in denen auffällige Wölfe entnommen werden dürften. Grüne und SPD dagegen setzen auf ein "Wolfsmanagement" sowie eine bessere Förderung von Schutzmaßnahmen.

In Bayern leben zehn standorttreue Rudel beziehungsweise Einzeltiere. Darüber hinaus gibt es durchwandernde Tiere. BN-Fachmann Friedel verwies darauf, dass nicht angeleinte Hunde ein größeres Problem seien als der Wolf. Zudem sei es in Bayern möglich, einen Wolf zu entnehmen, der ein Weidetier gerissen hat. Bundesweit gab es im Monitoringjahr 2019/2020 laut BN 128 Rudel, 36 Paare und neun territoriale Einzeltiere.

(Mit Material von dpa und epd)

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