Bauarbeiten bei Strullendorf an der ICE-Trasse zwischen Bamberg und Forchheim. Die Bahn plant, bis 2025 dieses Teilstück viergleisig ausgebaut zu haben (Archivbild).
Bildrechte: BR/Claudia Grimmer

Ausbau der ICE-Schnellstrecke zwischen Bamberg und Forchheim (Symbolbild)

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Bund Naturschutz fordert andere Prioritäten beim Bahnausbau

Mit Blick auf den Klimaschutz fordert der Bund Naturschutz in Bayern statt Großprojekten punktuelle Verbesserungen für eine zuverlässigere und pünktlichere Bahn. Die Vorteile belegen die Naturschützer mit einem verkehrswissenschaftlichen Gutachten.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Nicht milliardenteure Neubaumaßnahmen angehen, sondern bevorzugt kleinere Projekte für punktuelle Verbesserungen umsetzen – das empfiehlt der Bund Naturschutz (BN) in Bayern der Bahn und den Entscheidern in der Verkehrspolitik im Bund und im Freistaat.

Anstatt Wunschlistenplanung zu betreiben wie beim Bundesverkehrswegeplan, bei dem Großprojekte bevorzugt werden, sollten zum Beispiel Ausweichgleise und Überfahrungen angegangen, Brücken, Abbiege-, Überhol- und Wendegleise gebaut und an Bahnhöfen Verbesserungen vorgenommen werden.

Punktuelle Verbesserungen statt Großprojekte

Das Verkehrsberatungsbüro Vieregg/Rößler aus München hat zu diesen Vorschlägen im Auftrag des BN eine Studie angefertigt. Dafür wurden die bayerischen Schienenprojekte im Bundesverkehrswegeplan und in der Deutschlandtakt-Infrastrukturliste (181 zusätzliche Maßnahmen) überprüft. Herausgekommen ist eine Prioritätenliste der vordringlichsten Projekte.

Martin Vieregg, einer der Inhaber des Verkehrsplanungsbüros, verwies auf die Schweiz, von der die Bahn lernen könne: Ein integrierter Taktfahrplan sei besser als ein einfacher Taktfahrplan. Beim integrierten Taktfahrplan werden Abfahrtszeiten von Bussen und Bahnen aufeinander abgestimmt. Wenn man beispielsweise auf besonders schnelle Reisezeiten verzichte und dafür die Anschlüsse im Blick habe, dann nütze das Bahnreisenden weit mehr, so Vieregg.

Verzicht auf Tunnels spart Milliarden - und CO2

Insbesondere die Großprojekte der Bahn in Bayern in den kommenden Jahren und Jahrzehnten für die Verbesserung des Güterverkehrs könnten wesentlich günstiger gebaut werden, wenn auf teure Tunnel verzichtet werde. Der Ausbau der Strecke Nürnberg - Augsburg würde ohne Tunnel drei Milliarden Euro weniger kosten - nur zwei statt fünf Milliarden, so Martin Vieregg.

Die vielen Tunnel abseits von Berggegenden werden geplant, um Güterzügen möglichst flache Steigungen anzubieten, damit auch schwerste Güterzüge von einer Lok gezogen werden könnten, so Martin Vieregg. Wenn statt einer Steigung von nur 8 Promille 20 Promille erlaubt wären, könnte man die Stecke zwischen Nürnberg und Würzburg wesentlich günstiger bauen.

Auch beim Klimaschutz sind freie Strecken Tunnelstrecken weit überlegen. Denn für einen Kilometer neuer Bahnstrecke im Tunnel werden laut der Studie 100.000 Tonnen Kohlendioxid freigesetzt - ohne Tunnel beträgt der CO2-Ausstoß laut Berechnung nur gut die Hälfte, nämlich 51.300 Tonnen.

Mergner: Staatsregierung hat kein realistisches Bahnkonzept

Richard Mergner, der Vorsitzende des Bund Naturschutz Bayern, wies darauf hin, dass in Bayern nur etwa 50 Prozent des Bahnnetzes elektrifiziert seien. Da, wo das Geld am meisten bringe beim Ausbau der Bahn, da müsse es eingesetzt werden, sagten die BUND-Verantwortlichen auf der Pressekonferenz zur Präsentation der Studie einhellig. Insbesondere würden durch die bisher bevorzugten Großprojekte auch Planungskapazitäten gebunden, die an anderer Stelle viel besser eingesetzt werden könnten.

Der BN wirft der Staatsregierung vor, kein klares Bahnkonzept für 2030 oder 2040 zu haben. Insbesondere im Landtagswahlkampf müsse der Bahnausbau eine größere Rolle spielen, forderte Mergner - und dass endlich anders priorisiert werden müsse.

BUND fordert Ende des Straßenbaus in Bayern

Besonders bayerische Verkehrsminister der CSU hätten hier über Jahre die falsche Politik verfolgt, so Mergner. "Wir fordern natürlich ein Ende des Straßenbaus in Bayern. Wir erleben an den Autobahnen in Nordbayern einen Ausbau der A3 auf sechs Spuren, das ist ein Neubau, während wir nebenan auf der Bahn massive Probleme haben." Die lange Vollsperrung der Bahnstrecke zwischen Würzburg und Nürnberg würde den Menschen erspart bleiben, wenn in den letzten Jahrzehnten die Instandhaltung nicht so vernachlässigt worden wäre.

Würde die Prioritätenliste geändert und würden die kleineren Maßnahmen schnell umgesetzt, dann könnte der Deutschlandtakt viele Jahre früher kommen als 2070 - da sind sich die Verantwortlichen beim Bund Naturschutz sicher.

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