Eine heimische Äskulapnatter in Passau
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Eine heimische Äskulapnatter in Passau

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Passauer Familie kämpft mit Schlangen im eigenen Garten

Weil ihnen der Lebensraum fehlt, zieht es Schlangen immer häufiger in Wohnsiedlungen. Was tun? Das fragen sich Menschen, die Angst vor den Tieren im eigenen Garten haben. So auch eine Frau in Passau.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Niederbayern und Oberpfalz am .

Wenn Elke Wendl aus Passau in ihren Garten geht, dann hat sie geschlossene Schuhe an – und trotzdem ein ungutes Gefühl. Denn sie weiß, dass Schlangen in ihrem Garten leben. Sie hat die Tiere unter den Himbeeren entdeckt, aber auch schon auf der Terrasse beobachtet.

Gartenbesitzerin hat Panik vor Schlangen

Die bis zu einem Meter langen Ringel- und Schlingnattern fühlen sich offenbar unter den Holzdielen sehr wohl und stecken ihre Köpfe regelmäßig durch die Zwischenräume nach oben. "Für mich ist es ein Problem, weil ich Panik habe. Die Schlangen nehmen mir meinen Traum, meinen Garten, meine Erholung. Ich kann nicht einfach entspannt ein Buch im Garten lesen, wenn ich ständig schauen muss, wo die Schlangen sind", sagt sie. Deshalb sucht sie jetzt Rat bei Gudrun Dentler.

Siedlung in Schlangen-Eldorado gebaut

Dentler ist Schlangen-Expertin beim Landesbund für Vogelschutz (LBV) in Passau. Sie macht für Behörden Kartierungen, klärt bei Wanderungen auf und versucht, Menschen die Angst vor Schlangen zu nehmen. Die rund um Passau lebenden Schlangen sind nämlich nicht giftig, für den Menschen und ihre Haustiere völlig ungefährlich. Vor Kurzem war Dentler zum Beispiel in einer Kita, in der eine Äskulapnatter gesichtet worden war.

Jetzt steht sie in Elke Wendls Garten im Passauer Ortsteil Kohlbruck. Vom Gartentürchen aus schaut sie zum angrenzenden Neuburger Wald und sagt: "Ihr Garten liegt quasi an der Autobahn im Lebensraum der Schlangen. Dort unten ist ein Weiher. Wir sind hier im Schlangen-Eldorado. Der Mensch hat diese Siedlung hier reingebaut. Die Schlangen waren vorher da."

Die Tiere umzusiedeln, wie es sich Elke Wendl wünscht, würde nichts bringen. Die Schlangen kämen zurück. Außerdem würde es die Naturschutzbehörde vermutlich verbieten. Ringel- und Schlingnatter sind nämlich streng geschützte Tiere, erklärt Dentler.

Komposthaufen für Schlangen attraktiv

Schlangen in Wohnsiedlungen – das kommt gar nicht so selten vor, berichten Experten. Der Grund: Durch Straßenbau und stetig wachsende Wohn- und Gewerbegebiete wird die natürliche Umgebung der Tiere kleiner. Sie finden immer weniger Nahrung. So werden naturnahe Gärten mit offenen Komposthaufen und Gartenteichen attraktiv. Im Kompost lassen sich gut Eier ablegen, im Teich kann die Ringelnatter einen kleinen Goldfisch schnappen. "Hier finden sie paradoxerweise die besten Bedingungen", sagt Daniel Renner, Reptilien-Experte beim Bund Naturschutz im Landkreis Rottal-Inn.

Dass Schlangen in Gärten leben, ist vor allem im Passauer Land keine Seltenheit. Die Region ist die reptilienreichste in ganz Deutschland. Vier Eidechsen- und drei Schlangenarten leben in den Donauleiten, darunter Smaragdeidechsen und Äskulapnattern. Beide Arten sind in Deutschland extrem selten.

Konfrontationstherapie kann helfen

Besuche bei verängstigten Menschen sind für Gudrun Dentler daher keine Seltenheit. Sie versucht, den Leuten möglichst genau zu erklären, wie Schlangen leben, um ihnen die Angst zu nehmen. Denn wer weiß, dass die Schlingnatter zum Beispiel etwas langsamer als die Ringelnatter reagiert und bei Begegnungen mit Menschen nicht sofort flüchtet, kann entspannter damit umgehen, glaubt die Expertin.

Dentler packt Fotos aus, erklärt, welche Schlange welche Musterung hat, sie gibt Elke Wendl eine Schlangenhaut zum Anfassen. Und sie hat auch ein lebendes Exemplar dabei: eine Äskulapnatter, die Kollege Claus Jacobs am Straßenrand gerettet hatte. Aus einer Entfernung von etwa fünf Metern schaut Elke Wendl zu, wie Dentler und Jacobs die Schlange aus einem Stoffbeutel herausnehmen. Das Tier bäumt sich auf und windet sich hin und her. Nach wenigen Sekunden steckt Dentler sie wieder zurück in den Beutel. "Schauen Sie, die Schlange hat nicht gebissen. Das sind friedliche Tiere. Die haben mehr Angst vor dem Menschen, als wir vor ihnen haben sollten", sagt Jacobs.

Stein-Terrassen sind für Schlangen zu heiß

Elke Wendl muss mit den Schlangen auskommen. Was sie aber machen kann: Die Holzdielen auf der Terrasse wegreißen und neue so verlegen, dass es keine Zwischenräume mehr gibt, durch die die Schlangen herauskommen könnten.

Eine Alternative wäre laut Dentler auch eine Terrasse aus Stein. Auf Stein-Fliesen ist es Schlangen im Sommer zu heiß. "Das beruhigt mich. Dann hätte ich zumindest die Terrasse für mich", sagt Wendl. Einen Tag, nachdem sie die Experten in ihrem Garten zu Besuch hatte, meldet sie sich wieder und sagt: "Ich war in meinem Garten und bin relativ entspannt auf der Terrasse gesessen. Ich glaube, das hat mir mehr gebracht, als ich gedacht habe."

Im Audio: Schlangen zieht es immer häufiger in Wohnsiedlungen - was tun?

Zwei Frauen stehen in einem Garten und reden über Schlangen.
Bildrechte: BR/Laura Finnemann
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Gudrun Dentler (r.), Schlangen-Expertin beim LBV in Passau, erklärt Elke Wendl (li.), warum sich Schlangen bei ihr so wohlfühlen.

💡 Wer hilft bei Schlangen im Garten?

Schlangen zu töten ist in Deutschland ein Straftatbestand. Wer sich unsicher fühlt und Hilfe braucht, kann sich bei Reptilienbeauftragten von Stadt, Landkreis oder Bund Naturschutz melden. Im Notfall kann auch die Feuerwehr gerufen werden.

Im Video: Wen die Angst durch den Garten kriecht

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Den Sommer im eigenen Garten genießen - ein Traum! Doch was ist, wenn da Tiere sind, vor denen Sie richtig Angst haben?

Dieser Artikel ist erstmals am 5. Juli 2023 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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