Ein Vater mit seinem Sohn.
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Angriff auf die Gleichberechtigung oder verschmerzbare Kürzung bei Wohlhabenden? Über die Pläne zum Elterngeld gibt es im Netz Diskussionen.

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"Heul nicht so laut!": Streit um Kritik an Elterngeld-Plänen

Die geplanten Streichungen beim Elterngeld bei Paaren ab 150.000 Euro zu versteuerndem Einkommen sorgt für Streit im Netz. Während die einen Gleichberechtigungs-Rückschritte anmahnen, empfinden andere die Kritik an den Plänen als abgehoben.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Die Pläne der Bundesregierung, die Grenze für den Bezug des Elterngeldes von 300.000 Euro auf 150.000 Euro zu versteuerndes Einkommen zu reduzieren, sorgen für Streit im Netz. Und das entlang eher ungewöhnlicher Linien, nämlich unter Menschen, denen allen laut eigener Darstellung allen Gleichberechtigung und Feminismus am Herzen liegen: Während die einen allerdings in den Kürzungsplänen einen Rückschritt in diesem Kampf sehen, der die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gefährde, befinden andere deren Kritik als abgehoben und elitär.

"Die Elterngeld-Streichung ist ein katastrophales Signal gegen Kinder, gegen die partnerschaftliche Vereinbarkeit von Beruf und Familie und gegen die Chancengerechtigkeit von Männern und Frauen - all das ist kein Fortschritt, sondern ein massiver Rückschritt!", schrieb etwa die Unternehmerin Verena Pausder in einem Instagram-Post. Die Kürzung sei "ein Schlag ins Gesicht für all die hart arbeitenden Paare in Deutschland". Das beträfe "nicht nur eine elitäre Minderheit, sondern genau die Mitte unserer Gesellschaft". Pausder hat daher eine Petition mit dem Titel "NEIN zur Elterngeld-Streichung" gestartet, die daraufhin von zahlreichen Influencern und reichweitenstarken Account wie etwa "Echtemamas" geteilt wurde. Am Donnerstagmittag hatten bereits 487.175 Menschen unterzeichnet.

Viele stören sich an dieser Kritik: Auf sozialen Medien machten sich zahlreiche Accounts über den lautstarken Aufschrei lustig, da deren Protagonistinnen vor allem aus gehobeneren Schichten und gutbezahlten Berufen stammten, und somit - so der Vorwurf - ihren Bezug zur Realität verloren hätten. "Einmal die Probleme von Leuten mit 150 tausend fucking Euro haben", schrieb etwa der Satiriker und Autor Moritz Hürtgen. Und dann, die Kritiker persiflierend, "o weh o weh wir halten wir das nur durch, bis wir erben. schatz, ich glaub wir können nur noch 4 mal die woche essen gehen". [sic]

Die Comedy-Autorin Jasmina Kuhnke schrieb in Bezug auf die Kritiker der Streichungen "ich gönn dir, nur bitte heul nicht so laut!"

Bei einer Umfrage des BR-Podcast "Eltern ohne Filter" fielen die Reaktionen gemischt aus. Während viele die Pläne "unmöglich" nannten, und sagten, dass 150.000 Euro "schnell erreicht" seien, meinten andere, dass man "bei so einem Einkommen" auch ohne Unterstützung durch die Elternzeit käme.

Der Satire-Account "Sveamaus" nahm sich unterdessen den vermeintlichen neuen Problemen der Elterngeld-beraubten Oberschicht an:

Bei der großen Empörung um das Elterngeld fiele außerdem die drastischen Pläne bei der geplanten Kindergrundsicherung, einer Kürzung des Budgets von 12 Milliarden auf nur zwei Milliarden Euro, unter den Tisch. Auch das Thema Bafög gerate zur Nebensache, obwohl es hier tatsächlich um existenziellere Probleme ginge, deutete etwa Autorin Marina Weisband per Meme an.

Die Autorin Celsy Dehnert bezeichnete die Diskussion als "strategisch plazierte, politische Nebelkerze", die das Scheitern der Kindergrundsicherung überdecke. In der Diskussion käme zu kurz, "wie viel Macht eine laute, gut verdienende Minderheit hat."

Die Autorin Anne Dittmann versuchte in einem Instagram-Video zu differenzieren: Sie habe die Petition zwar unterzeichnet, tue sich aber dennoch schwer, Solidarität mit den von den Elterngeld-Kürzungen betroffenen Kritikerinnen zu zeigen. Durch die Kürzungen würden zwar tatsächlich vor allem Mütter wieder zunehmend von ihrem Partner abhängig gemacht. Die Argumentation der Petitions-Initiatorinnen aber sei "spaltend", besonders die Betonung auf deren "harte Arbeit" für Honorare, von denen etwa Busfahrerinnen nur träumen könnten.

Auch zur Thematik der Kindergrundsicherung gibt es mittlerweile eine Petition, sie trägt den Titel "Stoppt Lindners Blockade der Kindergrundsicherung". Die Unterschriften beliefen sich am Donnerstagmittag auf 128.659 Unterzeichner.

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