Archivbild: Polizeiautos vor der Synagoge in Würzburg
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BKA-Warnung: Wie Bayern jüdische Einrichtungen schützt

Der Schutz jüdischer Einrichtungen wird auch in Bayern verstärkt. Das Bundeskriminalamt geht wegen der Ereignisse in Israel von einer erhöhten Gefährdungslage aus. Vereine und Organisationen sind alarmiert.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Der Schutz jüdischer Einrichtungen in Deutschland ist angesichts befürchteter Proteste und Gewalttaten wegen des Nahost-Konflikts noch einmal verstärkt worden. Die Bundesregierung gehe von einer "erhöhten Gefährdungslage" aus und nehme dies "sehr ernst", sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums. In Berlin sowie in München und Hamburg wurden bereits geplante pro-palästinensische Kundgebungen untersagt.

München untersagt pro-palästinensische Versammlungen

Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) teilte mit: "Ich bedanke mich beim KVR dafür, das ab sofort klar ist, dass wir in München solche Demos untersagen werden. Hetze gegen Israel, gegen Jüdinnen und Juden oder Aufrufe zu Gewalt gegen unsere jüdischen Bürgerinnen oder jüdischen Einrichtungen werden wir nicht dulden."

Polizei in Franken: Sind besonders sensibilisiert

Auch die Polizei in Franken verstärkt die Präsenz. Man stehe seit Tagen mit Vertretern jüdischer Einrichtungen in intensivem Austausch. Die Beamten befürchten, dass mit Ausweitung des Konflikts im Nahen Osten auch das Konfliktpotenzial steigt. "Wir sind sehr wachsam, das Sensibilisierungslevel ist sehr hoch", sagte ein Polizeisprecher in Oberfranken gegenüber BR24.

Aus dem Regierungsbezirk wurden bereits antijüdische Vorfälle gemeldet. In Coburg schmierten Unbekannte pro-palästinensische Parolen auf öffentliche und private Gebäuden. In Bamberg beschädigte ein Unbekannter bei einer Demo eine Israel-Flagge und warf sie in den Mülleimer.

BKA: Alle 16 Bundesländer wappnen sich

Das Bundeskriminalamt (BKA) rechnet mit einer Protestwelle gegen jüdische Einrichtungen und Gebetshäuser. Die Behörde geht davon aus, dass islamistische Prediger das Freitagsgebet dazu nutzen, die Teilnehmer aufzuwiegeln. Noch gebe es aber keine Aufrufe zu Anschlägen in Deutschland oder Europa. Laut BKA-Chef Holger Münch haben alle 16 Bundesländer zuletzt den Schutz für jüdische Einrichtungen erhöht.

Es seien auch Proteste vor US-amerikanischen Einrichtungen, insbesondere in Berlin, sowie vor US-Militärstützpunkten zu erwarten. Nachdem Israel die Bundesregierung um die Lieferung von Munition gebeten hatte, könnten laut BKA Rüstungskonzerne "in das Zielspektrum pro-palästinensischer Personengruppen fallen". Auch gezielte antisemitische Aktionen aus der linksextremen Szene würden erwartet, unter anderem Sachbeschädigungen an entsprechenden Einrichtungen.

Das Bundesinnenministerium teilte BR24 mit, man nehme die aktuelle Sicherheitslage sehr ernst: "Wir müssen von einer erhöhten Gefährdungslage ausgehen. Daher ist der Schutz an vielen Orten verstärkt worden, die Bundesregierung ist den Landesbehörden hierfür sehr dankbar. Für die Sicherheitsbehörden hat der Schutz von Jüdinnen und Juden in Deutschland und von jüdischen und israelischen Einrichtungen höchste Priorität. Das gilt in der aktuellen Situation der entsetzlichen Terrorangriffe der Hamas auf Israel umso mehr."

Rabbiner: Angst vor Synagogen-Besuch

In Regensburg wird die Synagoge in der Altstadt durch verstärkte Polizeipräsenz geschützt. Das bestätigte Ilse Danziger, die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde. Auch in Straubing und Amberg erhöhte die Polizei ihre Präsenz. Der Amberger Rabbiner Elias Dray sagte, die Gemeinde zusätzlich haben einen zusätzlich einen privaten Sicherheitsdienst beauftragt. "Viele Gemeindemitglieder haben große Angst davor, in die Synagoge zu kommen", so Dray. Die Eltern der Kinder, die zum Religionsunterricht kommen, seien besorgt.

Jüdische Einrichtungen verzichten auf Veranstaltungen

Andere jüdische Einrichtungen verzichten auf die Teilnahme an Veranstaltungen oder schließen ganz – so wie das Jüdische Museum in München. Es hat seine Teilnahme an der "Langen Nacht der Museen" eigenen Angaben zufolge aus Sicherheitsgründen abgesagt.

Konkrete Hinweise auf eine Bedrohungssituation habe es zwar nicht gegeben, sagt Museumsdirektor Bernhard Purin. Angesichts des erwarteten Besucheransturms habe sich das Museum aber entschieden, an der Veranstaltung nicht teilzunehmen.

Ebenfalls geschlossen wurde im Laufe der Woche das Jüdische Museum Augsburg. "Wir alle stehen noch unter Schock", sagt Hermann Bredl, Sprecher der Israelitischen Kultusgemeinde. Viele der Gemeindemitglieder, sagt er, hätten Freunde und Verwandte in Israel: "Wir kriegen wahnsinnig viele Anrufe. Man schreibt hin und her, viele haben Angst." Bredl ist selbst persönlich betroffen. Ein alter Schulfreund von ihm sei seit den Angriffen der Hamas verschollen gemeldet. Er wisse nicht, was mit ihm passiert sei, ob der Freund überhaupt noch lebe.

"Keinesfalls mit Kippa auf die Straße"

Der Vorstand des jüdischen Gemeinde- und Kultur-Zentrums "Shalom Europa" in Würzburg seine Mitglieder zu Wachsamkeit auf. Wie Erika Frank vom "Shalom Europa" auf BR24-Nachfrage mitteilte, empfahl die Jüdische Gemeinde in Würzburg ihren Mitgliedern, sich unauffällig zu benehmen. Keinesfalls sollte jemand mit der Kippa auf die Straße gehen, so Frank.

Die Gemeinde sei sich der erhöhten Gefährdungslage für das "Shalom Europa" voll bewusst und befände sich im ständigen Austausch mit der Polizei vor Ort. "Wir vertrauen darauf, dass durch die erhöhte Polizeipräsenz unsere Sicherheit im 'Shalom Europa' gewährleistet wird", sagte Frank. Die Veranstaltungen und Abläufe im Gemeindezentrum fänden jedoch trotz der möglichen Gefährdungslage aufgrund der Drohungen statt: "Das Gemeindeleben findet auch heute und in den nächsten Tagen wie gewohnt statt. Wir lassen uns nicht unterkriegen", bekräftigte Frank.

Mit Informationen von dpa und AFP

Im Video: München solidarisiert sich mit Israel (12.10.2023)

Rund 2.000 Menschen auf dem Jakobsplatz in München.
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Rund 2.000 Menschen auf dem Jakobsplatz in München.

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