Tödlicher Schleuser-Unfall auf A94: Landrat hatte gewarnt
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Tödlicher Schleuser-Unfall auf A94: Landrat hatte gewarnt

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Tödlicher Schleuser-Unfall auf A94: Landrat hatte gewarnt

Auf der A94 bei Ampfing sind bei einem Unfall mit einem Schleuser-Fahrzeug sieben Menschen ums Leben gekommen - unter ihnen ein sechsjähriges Kind. Der Fahrer wurde festgenommen. Der Landrat von Rottal-Inn hatte zuvor mehr Grenzkontrollen angemahnt.

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Bei einem Unfall mit einem Schleuser-Fahrzeug sind nach Informationen der Polizei mindestens sieben Menschen ums Leben gekommen. Unter den Toten befindet sich ein sechsjähriges Kind. 16 andere Insassen des Wagens wurden teils schwer verletzt. Der Unfall ereignete sich am frühen Freitagmorgen auf der A94 bei Ampfing. Der Fahrer wurde festgenommen.

Mehr als 20 Geflüchtete in Fahrzeug – auch Kinder

Der Mercedes Vito war in Richtung München unterwegs und fiel kurz nach drei Uhr einer Streife der Bundespolizei auf. Als der Fahrer merkte, dass er von der Polizei verfolgt wurde, habe er nicht auf Anhalte-Versuche reagiert und stattdessen seinen Wagen bis auf rund 180 km/h beschleunigt, so die Polizei.

Kurz danach habe er die Autobahn bei der Abfahrt Ampfing/Waldkraiburg "mit weit überhöhter Geschwindigkeit" verlassen und in einer Kurve die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren. Mehrere Insassen seien aus dem Wagen geschleudert worden. Die Beamten sprachen von einem "sehr belastenden Einsatz". Auf Bildern von der Unfallstelle war das auf dem Dach in einem Trümmerfeld liegende stark beschädigte Wrack zu sehen.

Wagen war heillos überfüllt

Die insgesamt 23 Menschen waren in den Wagen gezwängt, der für maximal neun Personen zugelassen ist. Viele der Insassen hätten laut Polizei nicht angeschnallt sein können. Die Flüchtlinge stammen aus Syrien und der Türkei, Näheres ist zu ihren Identitäten noch nicht bekannt. Gegen den mutmaßlichen Schleuser, der den Unfall verletzt überlebt hat, wird nach Polizeiangaben wegen eines Tötungsdelikts ermittelt. Es handelt sich bei ihm nach Angaben der Deutschen Presse-Agentur um einen staatenlosen Mann aus Österreich.

Zahlreiche Helfer von Rettungsdiensten und Feuerwehr waren vor Ort im Einsatz. Die Verletzten wurden in umliegende Krankenhäuser gebracht und die Autobahn in Richtung München voll gesperrt. Auch in Richtung Passau wurde die Straße zeitweise gesperrt.

Landrat hatte vor Unfallgefahren gewarnt

Michael Fahmüller (CSU), Landrat im Kreis Rottal-Inn, hatte schon Ende September in einem offenen Brief an Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) vor den Gefahren immer häufigerer Verfolgungsfahrten in seinem an Österreich grenzenden Landkreis gewarnt. Gegenüber dem BR sagte Fahmüller heute: "Leider zeigt dieser tragische Unfall, dass die Gefahr, vor der ich seit Wochen warne, allgegenwärtig ist."

Nach Angaben Fahmüllers wird im Landkreis Rottal-Inn nur an einem Grenzübergang und das auch nur stichprobenartig kontrolliert. Der Landrat bekräftigte daher noch einmal seine Forderung an die Bundesregierung, Schleuser bereits an der Grenze zu stoppen. "Diese Verbrecher bringen Einsatzkräfte, Bürgerinnen und Bürger und auch die Einwanderer in höchste Lebensgefahr. Das kann so nicht weitergehen."

Schleuser immer rücksichtsloser

Auch nach Angaben der Bundespolizeidirektion München agieren Schleuser zunehmend rücksichtslos und versuchen häufig, sich polizeilichen Kontrollen zu entziehen. Das erklärte die für die Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität in Bayern zuständige Polizeibehörde auf BR-Anfrage. Zahlen zu Unfällen von Schleusern, die sich einer polizeilichen Kontrolle entzogen haben, werden von der Bundespolizei statistisch nicht erfasst.

Nach BR-Recherchen gab es in Bayern von Januar bis heute aber mindestens neun Unfälle, bei denen mutmaßliche Schleuser mit ihren Fahrzeugen vor einer Polizeikontrolle geflüchtet waren. Insgesamt 30 Personen, darunter auch Kinder, wurden zum Teil lebensgefährlich verletzt. Zu diesen Zahlen kommen die heutigen Verletzten und Toten.

Im Video: BR24live direkt von der Unfallstelle

Tote und Verletzte bei Unfall in Bayern
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Tote und Verletzte bei Unfall in Bayern

Politik reagiert fassungslos und kritisch

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sprach von einer Tragödie. Das menschenverachtende Verhalten des Schleusers, der sich der Bundespolizei entziehen wollte, nur um seine eigene Haut zu retten, mache fassungslos, sagte Herrmann.

Die bayerische Linke kritisierte wiederum die Polizei, sie veranstalte "Hetzjagden auf Geflüchtete". Parteisprecherin Adelheid Rupp nannte es "unserer Polizei absolut unwürdig", wenn sie verdächtige Fahrzeuge mit solchem Übereifer verfolge, dass dabei unschuldige Menschen zu Tode kommen.

Auch auf Bundesebene löste der Unfall Erschütterung aus, Innenministerin Faeser sieht darin einen Beleg für die "menschenverachtende Weise", wie Schleuser "das Leben von Menschen aufs Spiel setzen".

Schleuser-Unfälle im Grenzgebiet nehmen zu

Die Ausfahrt Ampfing/Waldkraiburg ist rund 50 Kilometer von der Grenze zu Österreich entfernt. Seit Monaten steigt nach Informationen von Bundespolizei und bayerischer Grenzpolizei die Zahl der registrierten unerlaubten Einreisen. Erst vor wenigen Tagen war ein mutmaßlicher Schleuser bei Burghausen mit vier Menschen im Auto vor der Bundespolizei geflohen und hatte dabei einen Unfall verursacht. Es gab zwei Schwerverletzte.

Ein weiterer Unfall hatte sich am Mittwochabend ereignet, als ein Pkw in Schliersee in einen Graben gerutscht war. Als die Beamten vor Ort eintrafen, wurde klar, dass es sich bei den Insassen des Wagens um Geflüchtete und einen mutmaßlichen Schleuser aus Aserbaidschan handelte. Laut Polizeiangaben hatte das Auto keine Sitzplätze, und mehr als zehn Personen saßen auf dem Boden des Vans.

Mit Informationen von dpa und AFP

Im Video: Sieben Tote bei Unfall mit Schleuserfahrzeug

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