Plakat der AfD im bayerischen Landtagswahlkampf
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Plakat der AfD im bayerischen Landtagswahlkampf

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Neue AfD-Fraktion: Junge Hardcore-Rechte im Landtag

Die AfD-Fraktion wächst von 17 auf 32 Mitglieder. Die Mehrheit der 18 Neuen der AfD im Landtag ist jung – und radikal.

Die neue AfD-Fraktion wird nicht nur größer, sie wird auch deutlich jünger und politisch rechter. Aus allen Regierungsbezirken ziehen Kandidaten in den Bayerischen Landtag, die dem völkischen Netzwerk des formell aufgelösten "Flügels" um den Rechtsextremen Björn Höcke zugerechnet werden. 19 der 32 AfD-Abgeordneten stehen dem radikalen Lager nah und dürften die Linie der Fraktion vorgeben.

Neugewählter AfD-Politiker Nolte wollte AfD für rechtsextreme Bewegungen öffnen

Bekannt für seine Positionierung ganz rechtsaußen innerhalb der AfD ist etwa Benjamin Nolte. Der 41-Jährige sitzt im AfD-Landesvorstand und macht dort den Einfluss des Flügel-Netzwerks geltend. In den vergangenen Jahren hat er einen engen Schulterschluss mit der Querdenker-Szene gesucht. Nicht nur bei Corona, auch in der Migrationspolitik vertritt Nolte eine radikale Meinung.

Nolte machte sich in der AfD einen Namen als früherer stellvertretender Bundesvorsitzender der Jungen Alternative und als "Bananen-Nolte". Der Spitzname geht zurück auf einen Eklat, den er als Burschenschaftler bei einem Treffen mit einer anderen Burschenschaft 2009 vom Zaun brach. Damals überreichte er einer anderen Burschenschaft eine Banane, weil diese ein dunkelhäutiges Mitglied in ihren Reihen hatte. Später war Nolte bei der Burschenschaft Danubia aktiv, diese wird vom bayerischen Verfassungsschutz beobachtet und als "rechtsextrem" eingestuft.

Innerhalb der AfD kämpft Nolte seit Jahren für eine stramme Rechtsaußen-Linie. 2019 forderte er auf einem Treffen des damals noch offiziell aktiven völkischen Flügels in Greding die Abschaffung der Unvereinbarkeitsliste der AfD. Diese Liste beinhaltet Parteien und Gruppierungen, die aus AfD-Sicht als unvereinbar mit einem Parteieintritt gelten. Wer in einer der aufgelisteten Gruppierungen aktiv ist oder war, kann nicht in die AfD. Ging es nach Nolte, dürften etwa auch frühere NPD-Mitglieder bei der AfD eintreten.

Halemba – Ermittlungen wegen Volksverhetzung

Auch Daniel Halemba ist Burschenschaftler. Der 22-Jährige, der im unterfränkischen Stimmkreis Haßberge/Rhön-Grabfeld angetreten ist, dürfte als jüngste Person in den neugewählten Landtag einziehen. Gegen ihn laufen derzeit Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen Volksverhetzung und des möglichen Verwendens von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen.

Der 22-Jährige ist Mitglied der Burschenschaft Teutonia Prag in Würzburg. In den Räumlichkeiten der Studentenverbindung fand kürzlich eine Razzia statt. Dabei wurden zahlreiche Beweismittel beschlagnahmt. Nachbarn sollen sich zudem über nächtliche Treffen beklagen, bei denen "Sieg, Heil"-Rufe zu hören waren. In dem Verfahren greift noch keine Immunität, da Halemba offiziell noch kein Abgeordneter ist.

Jurca: Flügel-Mann mit gezeichnetem Gesicht

Andreas Jurca ist kein unbeschriebenes Blatt. Der 35-Jährige arbeitete für den früheren Abgeordneten Markus Bayerbach, mit dem Jurca brach und in die Landtagsfraktion wechselte. Dort arbeitete er eng mit den Anhängern des völkischen Flügel-Netzwerks zusammen.

Ein mutmaßlicher Angriff auf den Augsburger AfD-Stadtrat sorgte im August für Wirbel: Nach eigenen Angaben wurde Jurca nachts auf dem Heimweg von einem Grillfest von Unbekannten angesprochen und zusammengeschlagen. Mit Prellungen und schweren Hämatomen im Gesicht und auf Krücken präsentierte sich Jurca kurz danach in AfD-internen Videos und sprach von "illegalen Migranten", die ihn als AfD-Politiker erkannt und attackiert hätten. Es blieben mehrere ungeklärte Fragen rund um den Angriff.

Der einzige Zeuge, ein Parteifreund Jurcas, äußerte sich bisher nicht öffentlich. Die Staatsanwaltschaft begann damals mit Ermittlungen. Nun soll die Polizei die Wohnungen von zwei Männern durchsucht haben, die als Verdächtige gelten. Laut Staatsanwaltschaft wurden auch Mobiltelefone sichergestellt. Zudem wertet die Polizei das Mobiltelefon des Zeugen aus.

Video: Wie gelang der Höhenflug der AfD?

Andreas Winhart (l), parlamentarischer Geschäftsführer der AfD, Spitzenkandidat Martin Böhm (M) und Katrin Ebner-Steiner (r) feiern bei der Wahlparty der AfD nach der Wahl zum 19. Bayerischen Landtag die erste Prognose.
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AfD jubelt bei Landtagswahl

Dierkes: Wirbel um menschenverachtende Facebook-Einträge

Zwei weitere junge AfD-Neulinge im Landtag sind Rene Dierkes und Franz Schmid. Dierkes kommt aus München und ist Rechtsanwalt. Auch er gilt wie Nolte als strammrechter Flügel-Anhänger. Dem BR liegt ein interner Email-Verkehr aus dem Jahr 2020 vor. Darin beschwert sich ein AfD-Mitglied über Dierkes, der auf Facebook anstößige und menschenverachtende Einträge veröffentlicht haben soll. Darunter etwa eine Abbildung von Angela Merkel, die an einem Galgen hängt, daneben die Worte "Wir schaffen das".

In einem anderen Chat soll sich Dierkes gegen den Parteiausschluss des Brandenburger Politikers Andreas Kalbitz ausgesprochen haben. In dem Eintrag hieß es: "Selbst, wenn er die Reinkarnation von Hitler wäre: Wer gute Partei-Arbeit leistet, gehört in die AfD!" In der Antwort an den Landesverband schreibt eine Verantwortliche des Münchner Kreisverbands, Dierkes "konnte sich zunächst an nichts erinnern", und weiter: "Auf Ansprache, was er mit den Postes mit der Hitlerbemerkung und der erhängten Merkel erreichen wollte, sagte er, diese hätte er nicht geschrieben. Sie seien nicht von ihm." Mit dem lapidaren Fazit, man könne Dierkes nicht das Gegenteil beweisen, denn "wir sind alle keine Techniker", ließ der Kreisverband die Sache auf sich beruhen.

Franz Schmid: Kontakte zur Identitären Bewegung

Auf eine BR-Anfrage bekräftigt Dierkes: "Das Merkel-Bild stammt nicht von mir. Auch die Äußerung mit der Reinkarnation wurde so von mir nicht getroffen." Hier hätten Parteikollegen "leider Schindluder betrieben", wohl seinen Account gefälscht und unter diesem geschrieben, so Dierkes weiter.

Mit Franz Schmid zieht ein weiteres Mitglied aus der AfD-Nachwuchsorganisation "Junge Alternative" in den Landtag. Der 23-Jährige gelernte Kinderpfleger aus dem Landkreis Unterallgäu pflegt enge Kontakte zur Identitären Bewegung, die vom Verfassungsschutz beobachtet und der rechtsextremen Szene zugeordnet wird. Dem BR liegen Fotos vor, auf denen Schmid mit einer Gruppe junger Identitärer im Bayerischen Landtag unterwegs war. Auf BR-Nachfrage wollte sich Schmid nicht zu seinen Verbindungen äußern.

Neue AfD-Fraktion mit Verschwörungstheoretikerinnen

In der neuen AfD-Fraktion sitzen künftig auch mehrere Verschwörungstheoretiker. Eine von ihnen ist Elena Roon. Die 45-jährige Russlanddeutsche aus Nürnberg ist im Landesvorstand der AfD. Auf den Krieg in der Ukraine hat Roon eine ganz eigene Sicht: Hinter den Raketenangriffen auf Wohnhäuser in Kiew stecke die Ukraine, ist Roon überzeugt. Aggressionen durch Russland könne sie nicht erkennen, sagte sie dem BR auf der Aufstellungsversammlung vor der Landtagswahl im Mai dieses Jahres. Ob Roon wirklich davon überzeugt ist, sei dahingestellt.

Bereits 2017 geriet Roon in die Schlagzeilen: Damals teilte sie in einer internen Chatgruppe das Konterfei von Adolf Hitler mit der Bemerkung: "Vermisst seit 1945 – Adolf bitte melde Dich! Deutschland braucht Dich!" Der damalige Landesvorstand verzichtete auf Disziplinarmaßnahmen, mit der Begründung, dass Roon "unerfahren" sei und keine "perfekten Sprachkenntnisse" habe.

Ebenfalls in der neuen Fraktion befindet sich Ramona Strom. Die Aschaffenburger Stadträtin zählte zu einer der vehementesten Corona- und Impfkritikerinnen. Die frühere Krankenschwester äußerte öffentlich Zweifel an den veröffentlichten Zahlen zu Covid-Patienten und an der Wirksamkeit der Impfung. Die 65-Jährige bekundete zudem in Interviews, CO2 sei "kein Treibhausgas", an den menschengemachten Klimawandel glaubt sie nicht.

AfD-Fraktion: Flügel-Netzwerk rund um Ebner-Steiner in der Mehrheit

Von den 32 neuen Fraktionsmitgliedern wird eine Mehrheit dem völkisch-nationalen Lager rund um die Spitzenkandidatin Katrin Ebner-Steiner gerechnet. Bis zuletzt hatte in der Fraktion das weniger radikale Lager eine knappe Mehrheit, das wird sich nun voraussichtlich ändern. Noch sind die AfD-Vertreter nicht zusammengekommen. Ein erstes Treffen ist für kommende Woche geplant. Aus AfD-Kreisen heißt es aber schon jetzt: Der Fraktionsvorsitz werde unter den Mitgliedern des Flügel-Netzwerks aufgeteilt.

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