CSU-Chef Markus Söder
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Sieg mit Schattenseiten: CSU-Chef Söder und die Bayern-Wahl

Markus Söder kann nach der Landtagswahl erneut mit den Freien Wählern eine Koalition schmieden. Die CSU-Verhandlungsposition ist aber schlechter als 2018, auch das unionsinterne Ausrufezeichen bleibt aus. Und dann ist da noch die AfD. Eine Analyse.

Über dieses Thema berichtet: BR24live am .

Die Botschaft an die Öffentlichkeit ist klar: Markus Söder will als Sieger gesehen werden. Als er am Abend vor die CSU-Anhänger tritt, spricht er von einem "klaren Auftrag an die CSU und mich persönlich, eine starke und stabile Regierung für und in Bayern zu bilden".

In der Tat: Die Christsozialen sind in Bayern auch nach dieser Landtagswahl unangefochten die stärkste Kraft. Sie werden in den nächsten fünf Jahren wieder den Ministerpräsidenten stellen. Aber mit 37,0 Prozent muss die CSU ihr schlechtestes Resultat seit 1950 verkraften.

Söder: "Ging nicht um einen Schönheitspreis"

Vor fünf Jahren hatte Söder am Wahlabend den Absturz auf 37,2 Prozent als ein "schmerzhaftes Ergebnis" bezeichnet. "Natürlich ist das heute kein einfacher Tag für die CSU", räumte er damals ein. Für so manchen in der Partei galt als Minimalziel für diese Landtagswahl, den vergleichsweise desaströsen Wert von 2018 zu übertreffen. Der eine oder andere brachte auch die Marke von "40 plus x" wieder ins Spiel – zum Beispiel Landtagspräsidentin Ilse Aigner.

Söder selbst versuchte schon seit Monaten, die Erwartungen herunterzuschrauben. Bereits zum Start ins Wahljahr verkündete der CSU-Chef: "Wenn es mehr als 2018 sind, ist es schön, aber wir machen keine Prozent-Diskussionen."

Über Prozente sprechen will Söder auch jetzt am Wahlabend nicht. "Die CSU hat die Wahl klar gewonnen", lobt er das Votum. Möglicher Kritik will er vorbeugen: "Es ging uns nie um einen Schönheitspreis, aber um einen klaren Regierungsauftrag."

Abstand zu Freien Wählern geschrumpft

Zum leichten Minus für die CSU kommt für Söder erschwerend das deutliche Plus für die Freien Wähler (FW) hinzu, mit denen der Ministerpräsident noch diese Woche über eine Fortsetzung der Koalition sprechen möchte. Zwar richtet Söder im BR Fernsehen einen klaren Hinweis an FW-Chef Hubert Aiwanger und seine Mitstreiter: "Die CSU ist klar die Nummer eins und gibt dann auch die Richtlinien der Politik mit vor in einer guten Koalition." Aber er weiß natürlich auch, dass der Abstand zwischen den Bündnispartnern geschrumpft ist. 2018 hatte die CSU mehr als dreimal so viele Stimmen wie die Freien Wähler, jetzt sind es noch mehr als doppelt so viele.

Aiwanger jedenfalls sieht sich gestärkt für die Koalitionsverhandlungen mit der CSU: "Auf alle Fälle – wir haben hinzugewonnen." Es bleibt abzuwarten, ob die Koalitionsgespräche dieses Mal genauso geräuschlos ablaufen werden wie vor fünf Jahren. Zwischen CSU und Freien Wählern hat es in den vergangenen Jahren öfter geknirscht. Die Wahlkampfwochen und Aiwangers schleppende Aufarbeitung der Antisemitismus-Vorwürfe haben das Verhältnis der beiden Parteichefs zueinander zusätzlich belastet.

Schon im Wahlkampf-Endspurt hatte Aiwanger durchblicken lassen, dass seine Partei gern ein viertes Ministerium hätte. Streit könnte es beispielsweise um das Landwirtschaftsministerium geben. FW-Fraktionschef Florian Streibl macht am Montagmorgen im BR-Interview klar: Seine Partei will ein weiteres Ministerium. Für Söder ist das offenbar eine rote Linie: "An die Freien Wähler, bei allem Respekt: keine Hoffnung!", rief er auf dem CSU-Parteitag. Dennoch: Wegen der großen inhaltlichen Überschneidungen überwiegen aus Söders Sicht die Vorteile eines Bündnisses mit den Freien Wählern. Der Ministerpräsident will schnell eine Neuauflage der Koalition bilden.

Wählerwanderung zur AfD

Nicht gelungen ist es CSU und Freien Wählern, die AfD in Bayern kleinzuhalten – auf unterschiedliche Weise. Söder setzte im Wahlkampf auf klare Abgrenzung und Warnung vor den Zielen der AfD. Aiwanger versuchte es mit AfD-naher Sprache ("Demokratie zurückholen"). Kritik an der rechtspopulistischen Partei überließ er anderen Freie-Wähler-Politikern.

Nun verzeichnet die AfD bei der Landtagswahl den größten Zugewinn, auch wenn sie letztlich hinter den Freien Wählern landet. Befragungen von Infratest dimap haben ergeben, dass Stimmen von allen Parteien zur AfD gewandert sind – allen voran von der CSU und auch den Freien Wählern. Söder und Aiwanger stehen vor der Herausforderung, eine Antwort auf das Erstarken der AfD zu finden – die im neuen Landtag den Oppositionsführer stellen wird.

Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, ruft die neue Staatsregierung bereits am Wahlabend auf, den Kampf gegen Extremismus "mit allen Mitteln fortzusetzen". Das Ergebnis der "rechtsextremen AfD" werde für die Arbeit im neuen Landtag "eine schwere Belastung darstellen", sagt Knobloch.

Denkzettel für die Ampel-Parteien – FDP raus

Die bayerischen Ampel-Parteien verlieren Stimmen nicht nur an die AfD, sondern auch an CSU und Freie Wähler. Dass ihnen angesichts der großen Unzufriedenheit mit der Politik der Bundesregierung Verluste drohen, war klar. In einer Vorwahlbefragung gaben 54 Prozent an, dass sie in der Landtagswahl eine gute Gelegenheit sehen, den Regierungsparteien einen Denkzettel zu verpassen.

Letztlich fallen ihre Ergebnisse aber noch schlechter aus als in Umfragen: Die Grünen, vor fünf Jahren noch mit Abstand zweitstärkste Kraft, fallen hinter Freie Wähler und AfD zurück. Die SPD verschlechtert sich gegenüber ihrem Wahldebakel von 2018 weiter. Für die FDP ist schon bei der ersten Prognose klar, dass sie den Wiedereinzug in den Landtag verfehlt hat.

"Warum hat Markus Söder deutlich Prozente verloren?"

Die Grünen erneuern am Wahlabend zwar ihren Appell an Söder, auch mit anderen demokratischen Kräften als den Freien Wählern Gespräche zu führen. Der CSU-Chef bleibt aber bei seinem Nein zu Schwarz-Grün, das er schon im Wahlkampf wie ein Mantra immer wieder betont hatte. Anders als 2018 will der CSU-Chef dieses Mal mit den Grünen nicht einmal unverbindlich sondieren. "All die Träume anderer haben sich am Ende nicht erfüllt", sagt der Ministerpräsident.

In Gefahr könnte allerdings auch der Traum jener Söder-Fans sein, die noch immer auf einen neuen Anlauf des CSU-Chefs im unionsinternen Wettstreit um die Kanzlerkandidatur hoffen. Mit einem deutlichen Plus hätten die Christsozialen gegenüber der CDU ein Ausrufezeichen setzen können. Von einem Resultat wie Daniel Günther (CDU) in Schleswig-Holstein, der im vergangenen Jahr mehr als 43 Prozent holte, ist Söder aber weit entfernt.

Video: Die vier wichtigsten Lehren aus der Wahl in Bayern

CSU-Stimmung: Leichte Kritik von Sinner und Aigner

Ganz ohne Kritik endet auch bei den Christsozialen der Wahlabend nicht. Ex-Staatskanzleichef Eberhard Sinner (CSU) verweist im Kurznachrichtendienst X auf das CDU-regierte Hessen, wo zeitgleich zu Bayern ebenfalls gewählt wurde: "Warum hat Boris Rhein mit der Union in Hessen deutlich zugelegt und Markus Söder in Bayern deutlich Prozente verloren. Wäre eine Analyse wert!"

Auch die oberbayerische CSU-Bezirksvorsitzende Ilse Aigner fordert nach dem historisch schlechten Abschneiden ihrer Partei eine genaue Aufarbeitung. "Wir müssen genau und ehrlich analysieren, warum es so gelaufen ist", sagt die bisherige Landtagspräsidentin kurz nach der Wahl der "Augsburger Allgemeinen". Die CSU habe zwar einen Regierungsauftrag, aber man müsse sich auch eingestehen, dass man "erneut Stimmen verloren" habe.

Im Video: So lief die Landtagswahl in Bayern 2023

CSU und Freie Wähler gewinnen erwartungsgemäß die Landtagswahl
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CSU und Freie Wähler gewinnen erwartungsgemäß die Landtagswahl

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