Auf Einladung der AfD: Extremisten feiern im Landtag.
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Jakob D. (l.) und Ludwig Z. (r.), Mitglieder der Danubia München und der Identitären Bewegung, zeigen die "White Power"-Geste.

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Auf AfD-Einladung: Rechtsextremisten feiern im Landtag

Auf Einladung zweier AfD-Abgeordneter zeigten sich Mitglieder verfassungsfeindlicher Organisationen mit "White Power"-Geste im Landtag. Ein Reporter wurde bedrängt, die Polizei ermittelt. Die AfD-Fraktion weist jede Verantwortung von sich.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Nach der Veranstaltung zweier AfD-Abgeordneter, bei der auch mehrere vom Verfassungsschutz beobachtete Rechtsextremisten in der Landtagsgaststätte feierten, hat das Polizeipräsidium München dem Bayerischen Rundfunk bestätigt, dass ein Journalist von Teilnehmern bedrängt und angegangen wurde. Die Polizei ermittelt deshalb von Amts wegen – es geht um Nötigung.

Winhart (AfD): Einladung "ein ganz normaler Vorgang"

Die AfD-Fraktion hatte zunächst erklärt, keine Kenntnis von der Veranstaltung gehabt zu haben und sie daher auch nicht kommentieren zu wollen. Später betonte der parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Andreas Winhart, im Gespräch mit dem Bayerischen Rundfunk, dass es sich nicht um eine Fraktionsveranstaltung gehandelt habe, sondern um eine Einladung zweier AfD-Abgeordneter; das sei ein "ganz normalen Vorgang". Er selbst sei weder Teil der Veranstaltung gewesen, noch könne er einen rechtsextremistischen Kontext herauslesen. Die Fraktion habe auch keinen Einblick in die Gästeliste gehabt.

"Wir werden auch weiterhin keine Kontrolle machen, wen der einzelne Abgeordnete einlädt oder wer sich in eine Veranstaltung einschmuggelt." Andreas Winhart, AfD

SPD-Politiker Ritter fordert Überprüfung der Raumvergabe

Für Florian Ritter, den Sprecher im Kampf gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus der SPD-Fraktion, ist es "überhaupt nicht hinnehmbar, dass die AfD Verfassungsfeinde in den Landtag einlädt und bei diesen Veranstaltungen dann verfassungsfeindliche Symbole gezeigt werden".

Ritter fordert, die AfD dürfe für "Publikumsveranstaltungen" keine Räumlichkeiten des Landtags mehr bekommen. "Es ist rechtlich unstrittig, dass sie ihre Fraktionsarbeit und ihre Sitzungsarbeit da organisieren darf, aber für öffentliche Veranstaltungen dürfen die Räume des Bayerischen Landtags nicht mehr zur Verfügung stehen." Winhart bezeichnet die Forderung als "lächerlich".

Mehring (FW): Kein Zutritt für mögliche Verfassungsfeinde

Der Freie Wähler Fabian Mehring schlägt vor, dass Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) künftig von ihrem Hausrecht Gebrauch machen und generell alle Personen vom Zutritt zum Landtag ausschließen soll, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden.

"Die Vorgänge der letzten Woche reihen sich in eine lange Reihe parlamentarischer Dammbrüche ein, die in Summe eindrucksvoll belegen, dass mit der AfD die Feinde unserer Verfassung ins Innerste unserer Demokratie eingedrungen sind." Fabian Mehring, FW.

Landtagspräsidentin Aigner prüft Maßnahmen

Der Bayerische Landtag hatte bereits im Vorfeld der Veranstaltung laut eigener Aussage für mehr Polizeipräsenz "bis in die Nacht hinein" gesorgt. "So sehr ich gegen antidemokratische Gesinnungen kämpfe und so schwer es mir persönlich fällt: Das verfassungsmäßig geschützte Recht auf freies Mandat beinhaltet eben auch, dass Abgeordnete Besucher ihrer Wahl im Landtag empfangen dürfen", teilt Landtagspräsidentin Aigner auf BR24-Anfrage mit.

"Wir sind ein offenes Haus für die Bürgerinnen und Bürger Bayerns. Um die Sicherheit zu gewährleisten, werden Besucherinnen und Besucher im Bayerischen Landtag deshalb zwar einem Sicherheitscheck unterzogen - nicht aber einer Gesinnungsprüfung." Nachdem aber die AfD-Veranstaltung nicht "störungsfrei" verlaufen sei, prüfe Aigner derzeit, inwiefern "derartige Veranstaltungen" künftig untersagt werden können.

Was am Donnerstag im Landtag passiert ist

Männer in dunklen Anzügen sind im Bayerischen Landtag keine Seltenheit. Männer in dunklen Anzügen, Mützen und farbigen Bändern bisher schon. Die AfD-Abgeordneten Christoph Maier und Ferdinand Mang hatten vergangenen Donnerstag verschiedene Burschenschaften zur "Festkneipe (…) in Couleur" in den Landtag geladen.

Identitäre und rechte Burschenschafter als AfD-Gäste

Unter den etwa 50 Gästen im Maximilianssaal der Landtagsgaststätte finden sich an diesem Abend auch Mitglieder der Identitären Bewegung (IB) und der "Burschenschaft Danubia München". Beide Organisationen werden vom bayerischen Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuft und beobachtet.

Auch Franz Schmid, Bundesschatzmeister der "Jungen Alternative" (JA), die vom Bundesamt für Verfassungsschutz als Verdachtsfall eingestuft wird, ist vor Ort sowie prominenter Besuch aus Österreich: FPÖ-Bundespräsidentenkandidat Walter Rosenkranz hält eine Rede.

Reporter von Burschenschafter bedrängt

Die Botschaft einiger Burschenschafter wird deutlich, als sie ein Reporter beim Verlassen des Saals fotografiert: Er bekommt das "White Power"-Zeichen vor die Linse. Seit mehreren Jahren schon wird das Okay-Zeichen, bei dem Daumen und Zeigefinger einen Kreis bilden und die restlichen Finger gespreizt werden, in der Neonaziszene als Symbol für "Weiße Macht" verwendet.

Und es bleibt nicht bei diesem Zeichen: Der Journalist wird nach eigenen Angaben körperlich bedrängt, ein Polizeibeamter muss schlichten. Laut Polizeipräsidium München wird wegen Nötigung ermittelt.

Verfassungsschutz: Besondere "Beobachtungsschwelle" für Mandatsträger

Für den SPD-Politiker Ritter ist klar: Dass die AfD in Bayern als Partei durch den Verfassungsschutz beobachtet werde, reiche nicht mehr aus. "Die Abgeordneten und die Fraktion müssen jetzt dringend auch vom Verfassungsschutz überwacht werden", so Ritter zu BR24. Das allerdings ist nicht ohne weiteres möglich.

Das Landesamt für Verfassungsschutz bestätigt auf Anfrage, dass derzeit kein bayerischer AfD-Abgeordneter unter Beobachtungsstatus steht, und daher auch keine "Abgeordnetenaktivitäten". Für die Beobachtung von Mandatsträgern gelte eine besondere Beobachtungsschwelle. Die sei zum Beispiel dann überschritten, "wenn ein Abgeordneter sein Mandat zum Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung missbraucht oder dies aktiv und aggressiv bekämpft".

AfD-Politiker Maier: "Demokratischer Meinungsaustausch"

Der schwäbische AfD-Abgeordnete Christoph Maier, der beim Landtag für vergangenen Donnerstag ordnungsgemäß eine Besuchergruppe angemeldet hatte, teilt BR24 mit, es habe sich bei der Veranstaltung um einen "Austausch" gehandelt. Auch eine Führung durch den Landtag habe es gegeben. Anschließend sei eine "traditionelle Festkneipe" abgehalten worden.

"Ein Abgleich mit 'Beobachtungsobjekten' des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz ist nicht angezeigt, da der Bayerische Landtag als 'Ort der Demokratie' dem demokratischen Meinungsaustausch dient", schreibt Maier. Zu dem Angriff auf den Journalisten könnten "mangels gesicherter Erkenntnisse aktuell keine Angaben gemacht werden".

Mit Material von Robert Andreasch

Burschenschaft-Mitglieder mit dem "White Power"-Zeichen
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Burschenschaft-Mitglieder mit dem "White Power"-Zeichen

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