BR24 - Die BR24 Reportage


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Grünes Dilemma Der Preis des Regierens zeigt sich im Dannenröder Forst

Vergeblich kampierten junge Aktivsiten über Monate im Dannenröder Forst und protestierten gegen Rodungen und den Ausbau der A49. Ihr Zorn richtet sich auch gegen die Grünen, die Juniorpartner in der hessischen Regierung sind. Den Druck der Klimabewegung werden die Grünen auch im Bundestagswahlkampf zu spüren bekommen.

Von: Susanne Betz und Ludger Fittkau

Stand: 09.01.2021 23:00 Uhr

ARCHIV - 20.11.2020, Hessen, Frankfurt/Main: Teilnehmer einer Demonstration gegen den Ausbau der A49 halten in der Frankfurter Innenstadt während eines Demonstrationszuges Plakate mit der Aufschrift "Dani bleibt" und "Rodungsstopp Danni bleibt". Die Demonstration richtet sich gegen die Rodung des Dannenröder Forsts. Das alles trägt die Fraktion der Grünen mit, da sie in Hessen regiert. | Bild: dpa-Bildfunk/Arne Dedert

Ende vergangenen Jahres frühstückten sechs junge Frauen vor einem Bauwagen am Rand des Dannenröder Forstes. Die Frauen sind allesamt Klimaaktivistinnen und waren dabei, als im Wald über 100 Baumhäuser errichtet - und später von der Polizei abgerissen wurden.

Die letzte Rodung fand kurz vor Weihnachten statt

Lilly Claudi von Fridays for Future ist eine der jungen Klima-Akrivistinnen. Ihr Widerstand soll weitergehen, auch wenn jetzt die 31 Kilometer neue Autobahn gebaut werden. Denn sie und ihre Mitstreiterinnen wollen eine grundlegende Verkehrswende in Deutschland.

"Das ist nichts, was Menschen aus Abenteuerlust machen, sondern das machen wir, weil wir hier unsere Zukunft verteidigen."

Lilly Claudi

Der Bauwagen auf der Lichtung ist jetzt so etwas wie der Sammelpunkt für eine Mahnwache, die regelmäßig zusammen kommt. Aber die Tatsachen sind geschaffen: Mehrer tausend Polizisten sicherten den Bauarbeitern den Weg, zweieinhalb Wochen vor Weihnachten wurden die letzten Bäume - darunter 250 Jahre alte Buchen - gefällt, dem Ausbau der Autobahn von Kassel Richtung Gießen steht nichts mehr im Wege. Aber was während der Konflikte und Räumungen klar wurde, ist, dass die Grünen einen hohen Preis für ihr Regieren bezahlen.

Klimaaktivsten kritisieren die hessischen Grünen als Heuchler

Weil sie keinen Stopp des Autobahnbaus erzwangen, sondern sich an den Koalitionsvertrag mit der CDU hielten und auch an Bundesgesetze, die die Autobahnen betreffen, werden die hessischen Grünen jetzt von Teilen ihres Nachwuchses und der Klimabewegung als Heuchler angeprangert. Lilly Claudi von Fridays for Future: "Die Grünen sind eine Partei, die genau aus solch einer Protestbewegung entsprungen sind und die uns trotzdem im höchsten Maß von außen kriminalisren." Für die Partei ist das ein großes Dilemma. Denn sie braucht den frischen Wind der Jungen, die Unterstützung und die Dynamik der Bewegung. Andererseits ist sie als Player in der Demokratie gezwungen, mit den anderen Parteien Kompromisse einzugehen. Umstrittene Vorhaben wie die A49 gibt es nicht nur in Hessen.

Auch in Baden-Württemberg stecken die Grünen in einem Dilemma

Auch in Baden-Württemberg, wo die Grünen sogar der Seniorpartner der Regierung sind und den Ministerpräsidenten stellen, müssen sie den Ausbau der A98 und den Bau einer zweiten Brücke über den Rhein in Karlsruhe umsetzen - sehr zum Verdruss von Teilen ihrer Basis und vor allem von Klimaaktivisten.

Die grünen Verkehrsminister führen aus, was der Gesetzgeber im Bund beschlossen hat. Daniela Wagner aus Darmstadt ist grüne Abgeordnete im Bundesdtag. Sie hat immer wieder die jungen Leute in den Baumhäusern im Dannenröder Forst besucht, mit ihnen diskutiert und versucht, ihnen die Argumnete der Grünen klarzumachen. Dabei hat sie gespürt, so Daniela Wagner: "dass ihre Erwartungen an uns doch grundsätzlicher und radikaler sind."

Die Grünen setzen daruf, dass sie nach der Bundestagswahl im Herbst an einer neuen Bundesregierung beteiligt sind, und dann ihre verkehrs-und klimapolitischen Vorhaben durchsetzen können. Im Wahlkampf dürfte ihnen aber noch scharfer Wind von den Klimaaktivisten entgegenblasen.


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