Blick auf das verwüstet Festivalgelände nahe dem Gaza-Streifen nach dem Terrorangriff der Hamas
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Blick auf das verwüstet Festivalgelände nahe dem Gaza-Streifen nach dem Terrorangriff der Hamas

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Kriegsbilder statt Tanzvideos - Wie Eltern Kindern helfen können

Kinder und Jugendliche werden auf Social Media fast sicher mit brutalen Kriegsbildern und Videos wie denen vom Überfall der Hamas auf Israel konfrontiert. Was schon Erwachsene belastet, nimmt Kinder noch weit mehr mit. Doch was können Eltern tun?

Über dieses Thema berichtet: Notizbuch am .

Den Videos des brutalen Überfalls der Hamas-Terroristen auf ein Musikfestival in der Nähe des Gaza-Streifens konnte sich kaum jemand auf Social Media entziehen. Auf TikTok oder Instagram, wo sonst lustige Tanzvideos und Brotzeit-Trends zu finden sind, liefen unvermittelt Handy-Aufnahmen des Massakers an den Festivalbesuchern, die schonungslos das unglaublich barbarische Verbrechen der Terroristen zeigten.

Schutz durch Zugangsbeschränkung meist wirkungslos

Vor allem junge Teenager besitzen zumeist ihr eigenes Handy und haben Zugang zu den gängigen Social-Media-Plattformen. Zwar ist zum Beispiel bei TikTok für den Zugang ein Mindestalter von 13. Jahren vorgeschrieben, aber viele Jugendliche sind dennoch bereits viel früher auf der Plattform aktiv.

Auch können Eltern das Konto ihrer Kinder mit dem eigenen verbinden und bekommen auf diese Weise eventuell mit, wenn ihr Kind mit so brutalem Videomaterial konfrontiert wurde, aber dann haben die Bilder ihre manchmal fatale Wirkung bereits entfaltet.

"Große geistige und emotionale Überforderung"

Kinder und Jugendliche reagieren je nach Typ und Alter ganz unterschiedlich auf solch brutale Aufnahmen und Erlebnisse, die die Opfer hochemotional in Social Media erzählen. Aber in der Regel sind Kinder wesentlich sensibler als Erwachsene. Solche Bilder und Nachrichten bedeuten für Kinder und Jugendliche "grundsätzlich eine große geistige und emotionale Überforderung", erklärt Mediencoach Dr. Iren Schulz im Gespräch mit der Zeitschrift "GEO". Bei Kindern im Grundschulalter könnten bereits Ängste entstehen, wenn die Eltern in Gegenwart der Kinder mit anderen Erwachsenen über die Vorkommnisse redeten.

Kinder fragen: "Kann mir das auch passieren?"

Wenn junge Teenager mit solchen Inhalten konfrontiert würden, so Schulz, entstehe bei vielen eine ganz unmittelbare Angst und sie würden sich fragen: "Kann mir das auch passieren? Wie nah ist das eigentlich? Sterben da wirklich Kinder?" Doch was können Eltern tun, um ihren Kindern zu helfen? Bei konkreten Fragen sei es wichtig, die Ereignisse einzuordnen und darauf hinzuweisen, dass es beispielsweise sehr, sehr unwahrscheinlich sei, dass der Krieg auch zu uns komme, sagt die Psychologin Elisabeth Raffauf im Interview mit Ulrike Ostner im Bayern 2 Notizbuch.

Mit Fakten und Einordnung gegen die Angst

Man könne durchaus auch von Bündnissen wie der Nato erzählen und dass es Partner gäbe, die einen unterstützen. Es komme sehr darauf an, wie die Kinder fragen und wie alt sie seien. "Aber man kann natürlich auf jeden Fall sagen: Hier werden wir alles tun, um es für dich sicherzumachen", sagt Raffauf. Es sei wichtig, dass Erwachsene Kontext bieten und einordnen würden, sagt auch Mediencoach Dr. Schulz. So könne man erklären, dass der Krieg nicht vor der eigenen Haustür tobe und worum es bei Krisen genau gehe.

Offen mit eigenen Sorgen umgehen

Und was, wenn die Eltern angesichts der Nachrichten und Bilder selbst Sorgen haben und unsicher sind? Dann sei es hilfreich und wichtig, darüber mit anderen Erwachsenen zu sprechen, auch über die eigenen Gefühle dazu, betont Psychologie Rauffauf im Bayern 2-Interview. "Wenn man mit den Kindern spricht, dann ist es wichtig, dass man die eigene Angst nicht verleugnet." Die Erwachsenen würden dadurch den Kindern zudem signalisieren: Dein Gefühl ist richtig.

Vertrauen als Basis für Gespräche gegen die Angst

Und das wiederum stärke das Vertrauen, das Kinder bräuchten, damit sie mit ihren Eltern ins Gespräch kämen. "Die Basis ist das Vertrauen, dass die Kinder lernen: Ich kann nach Hause mit meinen Ängsten kommen, ich kann meine Gefühle sagen, ich werde nicht ausgelacht, sondern ernst genommen", betont Raffauf. Wenn Kinder das erlebten, würden sie lernen, dass sie sich anvertrauen könnten, "wenn etwas los ist".

Medienkompetenz schaffen

Ein pauschales Verbot auf TikTok zu geben, sei genauso wenig sinnvoll, wie eine vermeintlich heile Welt zu konstruieren, um Heranwachsende vor allen Herausforderungen und Problemen zu bewahren, so Mediencoach Dr. Schulz. Ähnlich wie bei Computerspielen und anderen Medien ist es nach Meinung von Experten sinnvoll, bei Kindern und Jugendlichen durch gegenseitiges Vertrauen und Gespräche über die Themen, die die jungen Menschen bewegen, eine Medienkompetenz zu schaffen. So könnten sie stark werden, mit Bildern, Videos und Nachrichten umzugehen, vor denen sie weder staatliche Gesetze und Vorschriften noch die eigenen Eltern auf Dauer wirksam bewahren können.

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