Lehrer ist für immer weniger Studenten ein Traumjob
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Lehrermangel nimmt schon im Studium den Anfang

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Was läuft richtig und was falsch in der Lehrerausbildung?

Der Lehrermangel in Bayern spitzt sich zu, Nachwuchskräfte fehlen. Rund 40 Prozent brechen ihre Ausbildung ab, so der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband. Die Reform-Vorschläge gehen weit auseinander.

Über dieses Thema berichtet: Abendschau am .

Die 26-Jährige Miriam ist Teamlehrkraft in Vollzeit an einer Grundschule in Niederbayern. Sie wartet noch auf die Ergebnisse des 2. Saatsexamens und hätte sich im Studium mehr Praktika und berufsvorbereitende Fachseminare gewünscht. Naturwissenschaftliche Fächer an der Uni hätten nichts mit dem Schulalltag zu tun, sie habe deshalb wie viele Kommilitonen beispielsweise das Studium Mathematik für Gymnasiallehramt abgebrochen, erklärt die junge Frau, die anonym bleiben möchte.

Kein Einzelfall, so der BLLV, der das Staatsexamensstudium umkrempeln möchte. Die Studierendenzahlen sind eingebrochen, besonders für Mittel- und Förderschulen. Hans Lohmüller vom Lehrerverband Sonderpädagogik wünscht sich ein attraktiveres "Studium generale" für Pädagogik in allen Schularten in den ersten Semestern. Dass die Praxiserfahrung frühzeitig und eng verzahnt mit dem Studium erfolgt, fordern auch Bildungsforscher wie Mark Rackles vom Schulportal der Roland-Bosch-Stiftung.

Lehramtsstudium als Einzelkämpfer

Lehramtsstudierende entscheiden sich vor Beginn des Studiums für eine Schulart und studieren zwei Fächer, begleitet von Kursen wie Fachdidaktik. Für Grund-, Mittel- und Realschule beträgt die Regelstudienzeit sieben Semester, für Gymnasiallehramt neun Semester.

Neben dem ersten Staatsexamen verleihen Universitäten auch Bachelor- und Masterabschlüsse. Mark Rackles bemängelt, das Lehramt habe keine Priorität, eine motivierende "School of Education" fehle vielerorts, doch Vereinzelung erhöhe die Abbruchrate. Auch die Bundeskultusministerkonferenz regt Reformen an, für eine bessere Verzahnung von Studium und Praxis.

Reformwünsche beim Referendariat

Bayern hat 24 Monate Vorbereitungsdienst an Seminar- und Einsatzschulen, bundesweit die längste Phase. Eine hohe Stundenzahl und dass Referendare häufig für reguläre Lehrkräfte einspringen, ist dabei ein Kritikpunkt, dazu eine teils intransparente Benotung. Auch das Referendariat wird immer wieder abgebrochen.

Der Lehrkräftemangel erhöhe immerhin die Chance, dass bei der Zuteilung die angegebenen Ortswünsche berücksichtigt würden, sagt Quirin Borchert von der Referendarvertretung des Bayerischen Philologenverbands. Er wünscht sich mehr Team-Teaching in der Klasse und in den Seminarschulen Inhalte wie Informatik und KI.

Reformideen um den Lehrermangel zu bremsen

Simone Fleischmann vom Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband BLLV schlägt eine gemeinsame pädagogische Eingangsphase im Bachelor vor, mit berufsorientierten Praktika in allen Schularten. Im Masterstudiengang soll dann wieder eine schulartabhängige fachspezifische Ausbildung gewählt werden und studienbegleitende Zusatzqualifikationen.

Inklusion, digitale Bildung, Ganztagspädagogik und Integration würden generell wichtiger, erklärt dagegen die Gewerkschaft Erziehung und Bildung (GEW). Sie fordert eine schulart-unabhängige Ausbildung sogenannter Stufenlehrer. Fachliche und pädagogische Inhalte orientieren sich dabei an den Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler in Primar-, Mittel- und Oberstufe. Diese Ausbildung existiert bereits in anderen Bundesländern.

Das Kultusministerium sieht auf Anfrage von BR24 aktuell keinen Anlass, eigene Reformpläne zu formulieren. Anders als der BLLV, der eine Abbruchrate von 40 Prozent errechnet hat, geht das Kultusministerium nur von 10 Prozent Abbruchquote im Bachelor aus, und beruft sich auf Ergebnisse des Deutschen Zentrums für Hochschulforschung. Frühzeitige und umfangreiche Praxisphasen seien bereits in den letzten Jahren konsequent weiterentwickelt worden. Der geplanten Lehrerbildungskommission wolle man nicht vorgreifen.

Wird das Wahljahr zum Turbo für eine Ausbildungsreform?

Die Grüne möchten schulartübergreifende Bachelor- und Masterstudiengänge, die sich an Altersstufen orientieren, ebenso die bayerische SPD. Die Freien Wähler und die CSU setzen dagegen auf die schulartbezogene Qualifizierung.

Ministerpräsident Markus Söder kündigte im Herbst 2022 Reformen an, dafür sollten Kultus- und Wissenschaftsministerium und die Lehrerverbände Vorschläge erarbeiten. Die Lehrerbildungskommission tagt erst im Sommer.