Lehrertandem an bayerischen Schulen
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Sobald eine Lehrerin schwanger wird, gilt ein staatliches Beschäftigungsverbot. Deswegen sind nun sogenannte Teamlehrer im Einsatz.

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Lehrerin auf Zeit: Teamlehrkraft in Neustadt an der Aisch

Teamlehrkräfte übernehmen den Präsenzunterricht einer Stammlehrerin, die das aufgrund einer Schwangerschaft nicht mehr darf. Denn sobald eine Lehrerin schwanger ist, gilt für sie ein Beschäftigungsverbot und sie darf nicht mehr in die Klasse kommen.

Über dieses Thema berichtet: regionalZeit - Franken am .

Es ist 9.45 Uhr und der Gong ertönt in der Mittelschule am Turm in Neustadt an der Aisch. Elisabeth Werder steht vor der Klasse 6A und wünscht ihren Schülerinnen und Schülern einen guten Morgen. Für sie und die Schüler steht heute "Wochenplan" auf dem Programm. In dieser Zeit bearbeiten die Kinder Aufgaben aus verschiedenen Fächern und können sich bei der 29-Jährigen Hilfe holen. Der 12-jährige Wolfgang hat eine Frage zum Bruchrechnen während Simon etwas im Deutschbuch erklärt bekommen will.

Teamlehrer als Sprachrohr in die Klasse

Seit rund sechs Wochen unterrichtet Elisabeth Werder die 20 Schüler. Die Vor- und Nachbereitung des Unterrichts übernimmt aber die "eigentliche" Klassenlehrerin Katharina Schätzer von zu Hause aus. Sie ist schwanger und hat ein staatliches Beschäftigungsverbot erteilt bekommen. Elisabeth Werder unterstützt sie deshalb als sogenannte Teamlehrerin. Jeden Tag tauschen sich die beiden Frauen aus – sowohl über inhaltliche Fragen zum Unterrichtsstoff als auch über pädagogische.

Lehramt sei mehr als reine Wissensvermittlung

Teamlehrerin Elisabeth Werder ist studierte Journalistin. Nach der Babypause hat sie nach einer neuen Aufgabe gesucht. Trotz viel Erfahrung im pädagogischen Bereich ist der Job in der Schule eine Herausforderung. "Ich find's super wichtig und könnte mir auch nicht vorstellen, ohne die Lehrkraft im Background diese Tätigkeit auszuüben, weil's eben viel mehr ist als nur mal ein bisschen Unterrichtsstoff zu vermitteln", sagt Werder.

Für die Kinder der 6. Klasse ist das neue System aus Lehrkraft und Teamlehrerin manchmal etwas kniffelig. Hört man sich in der Klasse um, fällt auf, dass vor allem der Umstieg von einer Lehrerin auf die andere ein Problem für die Kinder darstellt. Während es ein Junge sehr schwer findet, sich an die neuen Umstände zu gewöhnen, relativiert ein anderer, dass die Situation zwar "blöd" sei, es aber durchaus Schlimmeres gebe. Wieder ein anderer 12-Jähriger sei größtenteils zufrieden mit der neuen Teamlehrerin, nur die Corona-Pandemie "nerve" ihn tierisch.

Ohne Teamlehrkraft nur Grundversorgung möglich

Aus Sicht von Schulleiter Gregor Fleischmann ist die Teamlehrerin Elisabeth Werder für die 6. Klasse ein regelrechter Glücksfall. "Wenn wir Frau Werder nicht hätten, müssten wir Arbeitsgemeinschaften oder andere Zusatzangebote, die wir den Schülern als 'schöne Schule' anbieten können, streichen", sagt Fleischmann. Dann wäre überhaupt nur noch die Grundversorgung zu leisten.

Lehrermangel: nur noch "Löcher stopfen"

Schuld daran sei der allgemeine Lehrermangel. Dazu fallen im gesamten Landkreis Neustadt an der Aisch in diesem Schuljahr allein 640 Unterrichtsstunden durch schwangere Lehrerinnen aus, sagt Brigitte Limbacher, Leiterin des Schulamts in Neustadt. Durch mobile Reserven von Lehrern konnten 280 Stunden abgedeckt werden. Weitere 100 Stunden Unterricht halten nun insgesamt fünf Teamlehrer im gesamten Landkreis. Am Ende fehle jedoch noch immer Personal für 260 Unterrichtsstunden, was zehn Vollzeit-Lehrern entspreche. Das auszugleichen gelinge nur, in dem man Klassen zusammenlege, Stundenarbeitszeiten erhöhe und Zusatzangebote streiche, so Limbacher.

  • Zu: Lehrermangel – Freistaat wirbt Quereinsteiger für Mittelschule an

"Wir sind im Moment dabei nur noch Löcher zu stopfen. Die Meldungen von Schwangeren an Schulen treffen schneller ein, als wir uns drauf einstellen können. Dann müssen wir für diesen Fall eine Notversorgung sichern, eine Teamlehrkraft suchen und bis wir die haben, haben wir schon das nächste Problem zu lösen", sagt Limbacher. Auch seien die Teamlehrer nicht einfach so am Markt vorhanden, dass die Schulen einfach zugreifen könnten.

Kritik an Teamlehrer-Konstrukt: "Aus" sobald Mutterschutz eintritt

Das Teamlehrer-Konstrukt hat die bayerische Staatsregierung ins Leben gerufen, um den Schulbetrieb während der Corona-Pandemie aufrechtzuerhalten. Für viele Schulen sei dies jedoch nur ein fauler Kompromiss. Denn: Sobald die Lehrerin offiziell in den Mutterschutz geht, bedeutet das auch das Aus für die Teamlehrkraft – und die Klasse steht vor dem nächsten Lehrerwechsel.

Gehe es nach Limbacher sei es zu kurz gegriffen, wenn die Teamlehrerschaft mit dem Mutterschutz der Stammlehrerin aufhöre.

"Nach einem halben Jahr als Teamlehrkraft kenne ich die Kinder, die Eltern und dann ist Unterricht machbar." Brigitte Limbacher, Leiterin des Schulamts in Neustadt/Aisch

Sie würde den Zeitraum über den Mutterschutz der Stammlehrerin verlängern, dann mache das Konstrukt für sie auch Sinn. Für Elisabeth Werder ist klar: Bis März läuft ihr Vertrag an der Mittelschule am Turm in Neustadt noch. Wie es danach weitergeht – ungewiss.

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