Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, kommt zur Pressekonferenz zum Photovoltaik-Gipfel im Bundeswirtschaftsministerium. Foto: Kay Nietfeld/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen)

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"Robuster Politiker": Habeck hält an Graichen fest

Seit Tagen fordert die Opposition den Rücktritt von Staatsekretär Graichen, der in eine Verwandtenaffäre verstrickt ist. Ministerpräsident Söder warnt, dass auch Habeck Schaden nehmen könnte. Doch der Wirtschaftsminister stärkt Graichen den Rücken.

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Die Wut scheint bei der Opposition groß zu sein: Es geht um Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und seinen Staatssekretär Patrick Graichen - verstrickt in eine Affäre, die immer größere Wellen schlägt. Neben familiären Verquickungen in Habecks Ministerium und von ihm beauftragten Umweltinstituten steht vor allem im Fokus, dass Graichen an der Auswahl des neuen Geschäftsführers der Deutschen Energie-Agentur (Dena), Michael Schäfer, beteiligt war, obwohl dieser sein Trauzeuge ist.

Nun hat der Dena-Aufsichtsrat reagiert und am Freitag "einvernehmlich beschlossen, das Verfahren zur Besetzung des Vorsitzes der Geschäftsführung neu aufzusetzen". Er habe sich "für eine Neuausschreibung entschieden, um die Besorgnis der Befangenheit auszuräumen. Das Verfahren soll schnellstmöglich abgeschlossen werden", so der Aufsichtsrat.

Habeck: Patrick hat Gasmangellage abgewendet

Doch Union und Linke reicht das nicht. Sie fordern immer lauter Graichens Rücktritt als Staatssekretär. CDU-Generalsekretär Mario Czaja stellte gar die Integrität von Minister Habeck wegen dessen Personalpolitik infrage. "Wahrscheinlich wäre ein Rücktritt angebracht", sagte die Linke-Fraktionsvorsitzende Amira Mohamed Ali der "Augsburger Allgemeinen" (Freitag).

Politiker des Koalitionspartners FDP appellierten an Habeck, für Aufklärung bei Personalien in seinem Verantwortungsbereich zu sorgen.

"Habeck muss Graichen entlassen", sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder am Samstag auf dem CSU-Parteitag in Nürnberg. Sonst sei die Affäre Graichen eine Affäre Habeck.

Der Wirtschaftsminister hält seit Tagen an seinem Staatssekretär fest. Habeck räumte zwar ein, dass bei der Dena-Personalie "ein Fehler" passiert sei. Er wird aber nicht müde, Graichen den Rücken zu stärken. So auch in der "Welt am Sonntag". "Patrick ist ein robuster Politiker und mit seiner konsequenten Art hat er sich darum gekümmert, eine Wirtschaftskrise und Gasmangellage abzuwenden, Gasspeicher zu füllen, LNG-Terminals zu bauen, Kohlekraftwerke ans Netz zu nehmen und die AKWs zu verlängern", sagte Habeck laut Vorabmeldung. "Ich habe Staatssekretäre, die etwas bewegen wollen. Und da bin ich stolz drauf."

CDU setzt auf den Wirtschaftsausschuss

Die Union will das Habeck nicht durchgehen lassen. Julia Klöckner (CDU) legte am Freitag noch einmal nach. Sie habe den Eindruck, dass es "gar nicht mehr um die Sache, um Fakten ging, sondern Absprachen innerhalb eines Freundes- und Familienkreises", so Klöckner in den Tagesthemen. "Deshalb erwarten wir Aufklärung." Klöckner erinnerte daran, dass am Mittwoch der Wirtschaftsausschuss zusammenkommt. "Wir haben auch verlangt, dass Herr Graichen selbst kommt. Und auch Rede und Antwort steht."

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wurde bei seinem Besuch im afrikanischen Kenia auf den Fall angesprochen: "Der Wirtschaftsminister hat sich dazu geäußert. Er hat gesagt, dass Fehler gemacht wurden", so Scholz. Die Entscheidungen müssten korrigiert werden. "Das ist passiert. Ich gehe davon aus, dass auch alles andere entsprechend der Regeln, die wir haben, erfolgen wird."

Habeck: Energie-Award vom Bruder

Auch Ampelpartner FPD fordert Aufklärung. Reinhard Houben (FDP) sagte in den Tagesthemen, die Affäre belaste die Arbeit der Bundesregierung gerade in der Wirtschafts- und Energiepolitik: "Wir haben einige dicke Brocken vor uns. Gerade aus dem Bundeswirtschaftsministerium sind wichtige Sätze zu initiieren und am Ende auch zu beschließen." Ein Thema sind die umstrittenen Heizpläne des Wirtschaftsministers. Es geht auch um Fragen der sozialen Verträglichkeit der geplanten Maßnahmen. Die Grüne wollen eine stärkere soziale Staffelung beim Heizungstausch. Vor allem Geringverdiener sollen noch stärker finanziell gefördert werden als bisher vorgesehen.

Die Affäre rund um Graichen dürfte diese Debatte die kommende Zeit begleiten. Immerhin durfte sich Minister Habeck vergangene Woche über den ersten "Energieküste"-Award freuen - einen symbolischen Preis für seinen Einsatz für die Energiewende. Überreicht wurde ihm der Preis ausgerechnet von seinem Bruder Hinrich. Dieser ist Chef der Wirtschaftsförderung und Technologie Transfer Schleswig-Holstein (WTSH), die unter anderem von der schwarz-grünen Kieler Landesregierung finanziert wird. Kritiker werfen dem Minister inzwischen mangelnden Instinkt und den Grünen Abgehobenheit vor.

Auf dem CSU-Parteitag kritisierte Markus Söder die Personalpolitik des Wirtschaftsministeriums insgesamt. "Die ganze grüne Sippe wird da irgendwie beschäftigt", sagte er, "Bruder, Schwester, Onkel, Tante". Und wenn man weiter suche, werde man sicher noch irgendeinen Schwippschwager finden. "Das ist nichts anderes als grüne Korruption", kritisierte Söder.

Sollte irgendjemand von den Grünen der CSU noch einmal Filz vorwerfen, dann rufe er diesen zu: "Löst eure eigenen Probleme."

Mit Informationen von dpa und AFP

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