Autobahn aus der Froschperspektive in Unschärfe.
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Ein Tempolimit auf der Autobahn? Die CSU hält nichts vom Vorstoß von Bundesministerin Lemke.

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Lemkes Vorstoß zu Tempolimit: CSU spottet, FDP verärgert

Die CSU hält nichts vom Vorstoß von Bundesministerin Lemke für ein Tempolimit auf Autobahnen aus Klimagründen. CSU-Generalsekretär Huber spricht auf BR-Anfrage von einem "Placebo" – die FDP ist verärgert. Doch Lemke bekommt auch Zuspruch.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Die Forderung von Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) nach einem Tempolimit auf deutschen Autobahnen stößt beim Koalitionspartner FDP und auch bei der Opposition auf deutliche Kritik. Der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion Stephan Thomae twitterte: "Schade, dass angesichts der großen Herausforderungen in der Klimapolitik immer wieder nur die gleichen, klein gedachten und wirkungslosen Vorschläge kommen."

FDP-Verkehrsexperte Bernd Reuther beklagte, die Forderung nach einem Tempolimit aus Klimagründen werde nicht sinnvoller, je häufiger man sie vortrage. Fraktionschef Christian Dürr sagte der Deutschen Presse-Agentur (dpa), die Wirkung eines Tempolimits sei so gering, "dass wir der Klimaneutralität damit keinen Schritt näher kämen". Und Fraktionsvize Carina Konrad nannte den Vorstoß "dreist", weil ein Tempolimit im Koalitionsvertrag ausgeschlossen sei.

Lemke: Tempolimit kann Beitrag zu Klimaschutz leisten

Die Ministerin hatte in einem dpa-Interview mehr Anstrengungen für Klimaschutzmaßnahmen im Verkehr gefordert. Ein Tempolimit könne einen wesentlichen Beitrag für den Klimaschutz leisten. Dies sei die Position des Bundesumweltministeriums und sehr vieler Expertinnen und Experten. "Es ist aber aus bekannten Gründen nicht Teil des Koalitionsvertrages", sagte Lemke mit Blick auf den Widerstand vor allem aus der FDP.

Nach Berechnungen des Umweltbundesamts würde ein bundesweites generelles Tempolimit von 120 Kilometern pro Stunde auf Autobahnen die gesamten CO2-Emissionen von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen um rund 2,7 Prozent senken. Bei einem Tempolimit von 100 km/h läge die Minderung sogar bei fast sechs Prozent.

CSU: "Placebo" mit überschaubarem Effekt

CSU-Generalsekretär Martin Huber reagierte mit Spott: Ministerin Lemke stelle ein "Placebo" mit "überschaubarem" Effekt in den Raum, sagte Huber BR24. "Wenn es den Grünen wirklich so sehr um die Verringerung des CO2-Ausstoßes gehen würde, dann hätten sie einer Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke zugestimmt, anstatt jetzt die Kohlekraftwerke wieder hochzufahren." Lemkes Vorschlag solle vom "energiepolitischen Blindflug" der Ampel ablenken.

Mit ihrer Kampagne "Tempolimit? NEIN Danke!" macht die CSU schon seit mehr als drei Jahren Stimmung gegen eine allgemeine Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen und sammelt Unterstützer-Namen. "Ein Tempolimit verbessert weder die Verkehrssicherheit noch die Klimabilanz des Verkehrs substanziell", argumentieren die Christsozialen. "Hast Du es satt, als Autofahrer nur Sündenbock zu sein? Dann trag Dich jetzt ein!" Mit der CSU werde es kein Tempolimit geben.

Kritik auch von CDU und AfD

Auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Steffen Bilger attackierte die Ministerin: "Klimaschutzpolitik von Frau Lemke: Kohle statt Kernkraft, Biokraftstoffe bekämpfen, synthetische Kraftstoffe behindern - und dann alle paar Monate etwas fordern, das die Ampel im Koalitionsvertrag ausgeschlossen hat."

Der parlamentarischer Geschäftsführer der bayerischen AfD-Landtagsfraktion Andreas Winhart kritisierte, Lemke bringe "wieder das ausgelutschte Thema Tempolimit ins Spiel". Das werde die Grünen weder beliebter machen noch von den Vorwürfen gegen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und seinen Staatssekretär Patrick Graichen ablenken. Winhart rief die Umweltministerin auf: "Lassen Sie sich etwas anderes einfallen."

Niedersachsen für Tempolimit - Lob von Umwelthilfe

Lemke betonte, der Ausbau der Elektromobilität allein werde nicht reichen, um die Klimaziele im Verkehrsbereich zu erreichen. "Wenn eine Klimaschutzmaßnahme nicht schnell genug umgesetzt werden kann, dann erhöht das zwangsläufig den Druck auf andere. Die Klimakrise wird nicht mit sich verhandeln lassen." Ein Tempolimit für mehr Klimaschutz hätten auch ihre Vorgängerinnen von der SPD bereits vertreten.

Auch Niedersachsens Landesregierung würde die Einführung eines Tempolimits auf den Autobahnen begrüßen. "Wir können uns das gut vorstellen", sagte eine Sprecherin von Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) in Hannover. Sie betonte allerdings, dass dies in der Zuständigkeit der Bundesregierung liege.

Lob für Lemke kam vom Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, Sascha Müller-Kraenner. Es sei "wichtig und richtig", dass die Ministerin ein Tempolimit "als sofort wirksame und überfällige Maßnahme" zum Klimaschutz fordere. Für ihn sei "völlig unverständlich, was man eigentlich gegen diese grundvernünftige Maßnahme haben kann", schrieb Müller-Kraenner auf Twitter.

Emissionen im Verkehrsbereich leicht gestiegen

Auf Bundesebene lehnt vor allem die FDP ein generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen ab. Auch im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP heißt es: "Ein generelles Tempolimit wird es nicht geben." Dabei gilt der Verkehr als ein Sorgenkind, wenn es um Klimaziele geht: In dem Sektor wurden gesetzliche Vorgaben zur CO2-Einsparung für das Jahr 2022 verfehlt. Die Emissionen stiegen im Vergleich zum Vorjahr leicht an.

Mit Informationen von dpa.

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