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Migrantische Lebenswelten Die Instagram-Formate Migratöchter und Workin´ Germany

"Migratöchter" im Auftrag des SWR und "workin´germany", ein Format des BR, setzen sich für mehr Diversität, Respekt und Zusammenhalt in der Gesellschaft ein, und bieten einen geschützten Raum für Diskussionen.

Von: Roswitha Buchner

Stand: 25.08.2023

Migratöchter | Bild: Migratöchter

"Ey, wann heiratest du? In deinem Alter hatte ich schon fünf Kinder. Sag mal bist du krank? Du hast so ein abgemagertes Gesicht, iss doch mal mehr!"

Aus 'Migratöchter'

Sie nehmen sich schon mal gern selbst auf den Arm, wie hier im Instagram Reel "Typisch Oma!" Im Instagram Kanal "Migratöchter" steht die weibliche, migrantische Perspektive im Mittelpunkt. Mit motivierenden Geschichten von Frauen mit unterschiedlichen Einwanderungsbiografien wirbt der Kanal, den das "Autorenkombinat" bespielt, für Vielfalt und mehr Offenheit. Ursprünglich sei der Instagram Kanal nur eine Begleitpattform des YouTube Kanals Naber gewesen, erzählt Redaktionsleiterin Özge Kabukҫu.

"'Naber' heißt wörtlich übersetzt 'Was geht?' und startete 2021 als ein Format für junge Frauen mit hauptsächlich türkischer und kurdischer Migrationsgeschichte. Es wurden Frauen interviewt, die ihre eigenen, ganz persönlichen Geschichten erzählt haben und allgemein auch Geschichten, die die Migra-Communitiy bewegt."

Özge Kabukҫu

Dass aus "Naber" "Migratöchter" wurde, hat mit der Erweiterung der Zielgruppe zu tun, sagt Özge Kabukҫu. Der Kanal will nicht nur die türkische und kurdische Communities ansprechen, sondern auch Frauen mit anderen Hintergründen. Mittlerweile ist das Format vollständig auf Instagram umgezogen, denn:

"Wir haben ziemlich schnell festgestellt, dass wir durch Instagram einfach viel mehr Möglichkeiten haben, was auch die Verwendung von Bildern, Videos und Grafiken angeht, und mit der wir auch Inhalte viel ansprechender präsentieren können."

Özge Kabukҫu

Die Migratöchter posten Erklärvideos und Reels, gefüllt mit Geschichten und Informationen, etwa über die Anschläge von Hanau oder Solingen, aber auch unterhaltsamere Kost, wie Interviews und Rezepte. Mal lustig aufbereitet, wie in der Rubrik "Around the World", in der zum Beispiel Schimpfwörter in verschiedenen Sprachen erklärt werden. Mal aber auch ernst, wenn es etwa um Themen wie Islamophobie, Rassismus oder Diskriminierung geht. Da berichtet das Schwarze Mädchen Luisa über ihr Leben mit Albinismus oder Angelina über die Ausgrenzungen, die sie als Sinteza in Deutschland erlebt hat.

"Was bei uns auch eine ganz große Rolle spielt, ist die interaktive Funktion, denn durch die Kommentare, durch die Likes oder auch Direktnachrichten können direkte Interaktionen mit den FollowerInnen stattfinden."

Özge Kabukҫu

Zusammenarbeit mit "Workin´Germany"

Beispielsweise in der Rubrik "Bin ich ein schlechter Mensch, wenn?", einer Beratungsplattform in Dr. Sommer-Art. Da können Frauen alles fragen, was ihnen auf den Nägeln brennt. Durch ihre Anonymität bietet die Rubrik einen geschützten Raum für Diskussionen. Sich gegenseitig stärken, sich respektieren, zusammenhalten und voneinander lernen, das ist die Motivation der Migratöchter. Ähnliche Ziele hat auch die Insta-Plattform der Zündfunk- Redaktion des Bayerischen Rundfunks "Workin´Germany". Seit ein paar Monaten arbeiten die beiden Formate zusammen.

"Weil wir einfach gemerkt haben, wir haben ähnliche Themen, und wir können da voneinander auch so ein bisschen lernen und profitieren und auch unserer jeweiligen Zielgruppen und Followergruppen gegenseitig erreichen."

Alba Wilczek, Chanel Managerin

Auf den Titel "Workin´Germany" sei man gekommen, weil es ganz konkret ums Arbeiten gehe, nämlich ums Arbeiten an und in Deutschland.

"Es soll eben auch ums Arbeiten an sich gehen, also Menschen, die hier in Deutschland arbeiten und unser Publikum, das wir ansprechen wollen, das sind junge urbane Menschen, eigentlich aller Geschlechter."

Alba Wilczek

Jeweils eine Woche lang führen die Moderatorinnen Kokutekeleza Musebeni und Shahrzad Osterer durch ein Thema und beleuchten unterschiedliche Aspekte - in Storys, Feeds, Posts, Reels und Videos. Dabei geht es um feministische, queere und Diversity Themen, aber auch um aktuelle Debatten wie etwa Genderbias, kulturelle Aneignung oder rassistische Inhalte in Büchern und Filmen.

"Empowerment durch Sichtbarkeit"

Bei "Workin´Germany" kann die Migranten-Community selbst von ihren Erfahrungen berichten. Empowerment durch Sichtbarkeit sei die Devise, so Alba Wilczek. Viele Userinnen und User teilen beispielsweise auf "Workin´Germany" ihre Diskriminierungserfahrungen. "Migratöchter" und "Workin´Germany" zeigen einmal mehr, wie gesellschaftspolitisch relevante Themen auch in einem Medium wie Instagram funktionieren, in dem es bislang noch eher wenig solcher Angebote gibt. Özge Kabukҫu von den Migratöchtern jedenfalls wünscht sich:

"Viel mehr solche Plattformen, in der Medienlandschaft, in der alle zu Wort kommen, und ich hoffe es werden solche Projekte weiterhin befördert."

Özge Kabukҫu


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