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Mit Kunst Kinderseelen heilen Das Little Art-Projekt "Abdruck meiner Seele"

Mit einem Kunstworkshop will die gemeinnützige Organisation "Little Art" geflüchteten Kindern aus der Ukraine die Möglichkeit geben, das Erlebte künstlerisch zu verarbeiten.

Von: Roswitha Buchner

Stand: 20.10.2023

Kunstworkshop "Abdruck meiner Seele" | Bild: BR, Roswitha Buchner

Konzentriert sitzen rund ein Dutzend Kinder zwischen vier und vierzehn Jahren im Kreis unter dem Dach des Münchner Künstlerhauses und zeichnen. Sie alle nehmen am Workshop "Abdruck meiner Seele" teil, den die Organisation Little Art für geflüchtete Kinder aus der Ukraine und benachteiligte deutsche Kinder initiiert hat. Bevor der Workshop richtig los geht, gibt es ein paar Aufwärmübungen, wie etwa in drei Minuten ein Porträt in einem Strich zeichnen, ohne abzusetzen.

Die 33- jährige Künstlerin Vanessa Luschmann leitet seit zwei Monaten den Kunst-Workshop, der auch für sie selbst ein Gewinn ist.

"Es ist natürlich etwas, was man gegen die eigene Hilflosigkeit im Angesicht des Krieges machen kann. Mir macht aber die Gruppe an und für sich Spaß, sie jede Woche wieder zu sehen, zu wissen, wie sind die verschiedenen Temperamente, Charaktere, zu wissen was sie mögen, was sie nicht mögen, das tut einfach unwahrscheinlich gut."

Vanessa Luschmann

Vanessa Luschmann arbeitet schon länger für Little Art. Die gemeinnützige Organisation fördert seit Jahren die Kreativität von Kindern und Jugendlichen mit täglich kostenfreien Workshops und Ausstellungen. Darüber hinaus konzipiert und realisiert sie Projekte im gesamten Münchner Stadtgebiet, vor allem an Schulen. Als der Ukrainekrieg im Februar 2022 ausbrach, wusste Little Art-Gründerin Elena Janker sofort:

"Dass man etwas für die Kinder tun muss, die jetzt aus dem Krieg zu uns nach Deutschland gekommen sind, die kaum Deutsch können, die ihre Heimat verlassen haben und sie kommen jeden Donnerstag zu uns, zu einem Kunstworkshop, Abdruck meiner Seele und gestalten ihre Bilder, ihre Wünsche ihre Träume."

Elena Janker

Im künstlerischen Schaffensprozess können die Kinder seelische Leiden zum Ausdruck und das, was sie nicht mit Worten sagen können aufs Papier bringen, sagt Elena Janker. So werden ihre Bilder zu Abdrücken ihrer Seele. Wie wohltuend es sein kann, die eigenen Gefühle in Kunst umzusetzen, weiß auch die 14-jährige Sophia. Gleich nach ihrer Flucht aus der Ukraine im Februar 2022 stieß sie zufällig auf Little Art.

"Es war im Winter und wir sind mit meiner Mutter am Stachus spazieren gegangen. Da haben wir eine Dame mit einem kleinen Kind gesehen und die Frau hatte viele Bilder in der Hand gehalten, und die Dame hat uns dann erzählt, hier gibt’s Little Art und man kann hier cool was malen."

Sophia

Was sie malen, bleibt den Kindern überlassen, doch dürfen sie sich jede Woche ein Thema wünschen, wie etwa das Genre Selbstporträt. Am Ende malen sie aber doch meistens ihre eigenen Geschichten und das, was sie vermissen, erzählt Little Art-Leiterin Elena Janker.

Mit großer Hingabe gestaltet die 10-jährige Dipolina ihr Selbstporträt auf einem ausgeschnittenen bunten Pappregenbogen. Dipolina und Nicole sprechen mittlerweile gut Deutsch, wie auch der Rest der zwölf ukrainischen Kinder, die am Workshop teilnehmen. Wenn die Worte aber dennoch fehlen, springt die Übersetzerin ein, die das Projekt von Anfang begleitet.

"Wir haben eine Übersetzerin, eine Russin, extra eine Russin, die auf Russisch übersetzt, damit es nicht auch eine Abgrenzung gibt, dass man sagt: Diese sind gut, diese sind schlecht, diese sind besser als die anderen! Es geht um eine gemeinsame Welt."

Elena Janker

Von diesem Gemeinschaftsgefühl profitieren nicht nur die ukrainischen Kinder, sondern auch die acht deutschen Teilnehmer und Teilnehmerinnen. Denn Kreativität überwindet Hürden und Vorurteile und löst so manches Problem.

"Ob das jetzt die Integration von Kindern ist, die neu sind in Deutschland, ob die Kinder traumatisiert sind, dass sie eigentlich aus sich herauskommen und die Traumata bewältigen, dass sie einfach ausgeglichen und balanciert werden. Und diese emotionale Balance kriegen die Kinder, wenn sie selbst etwas in die Hand nehmen, gestalten und sie dann selbst begeistert sind von sich selber und sagen, ich kann es!"

Elena Janker

Deshalb will Elena Janker den Workshop, der derzeit von zwei Stiftungen finanziert wird, fortführen, solange es geht. Sie hofft auf institutionelle Förderung seitens der Stadt.


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