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Studentische Initiative erklärt Geflücheten ihre Rechte "Know Your Rights Initiative"

Muss ich die Polizei in meine Wohnung lassen, wenn sie an der Tür klingelt? Muss ich auf der Straße meinen Ausweis zeigen, wenn die Polizei mich dazu auffordert? Vor allem Geflüchtete und Nicht EU-Ausländerinnen und Nicht EU-Ausländer kennen ihre Rechte und Pflichten in Deutschland kaum. Das will die studentische Initiative "Know Your Rights" ändern.

Von: Roswitha Buchner

Stand: 07.07.2023 13:22 Uhr

Das Team von "Know Your Rights Initiative" | Bild: Know Your Rights Initiative

"Wenn ich die Flyer sehe, dann denke ich mir, das ist genau das, was ich vor ein paar Jahren gebraucht hätte."

Natali Gbele

Man könne die kleinen Handzettel einfach in die Tasche stecken und bei Bedarf herausholen sagt Natali Gbele. Gemeint sind die Flyer, die die von ihr gegründete Initiative "Know Your Rights" druckt und an Zuwanderer verteilt, um sie über ihre Rechte und Pflichten in Deutschland aufzuklären. Die 24-jährige Jura-Studentin weiß aus eigener Erfahrung, wie es sich anfühlt, wenn man in einem fremden Land, in dem man die Sprache kaum oder gar nicht versteht, mit Behörden in Kontakt kommt. Natali Gbele ist Palästinenserin und kam 2017 allein nach Deutschland zum Studium. Nach einem Jahr intensivem Sprachkurs habe sich zwar ihr Deutsch enorm verbessert, aber vom Beamtendeutsch der Behörden fühlte sie sich immer noch überfordert, sagt die Studentin.

"Das ist das, was ich beseitigen möchte: Dass man keine Angst vor der Behörde hat und dass man keine Angst vor dem Rechtssystem hat."

Natali Gbele

Um dies zu bewerkstelligen hat Natali Gbele vor fast zwei Jahren zusammen mit sechs Kommilitoninnen und Kommilitonen die "Know Your Rights Initiative", kurz KyrI gegründet. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt vor allem auf den rechtlichen Bereichen Sicherheit und Polizei. Dazu hat sich die Initiative vier typische Situationen überlegt, die Geflüchtete und Einwanderer in Deutschland oft erleben. Wie man sich in solchen Situationen verhalten soll, darüber informieren die Mitglieder der Initiative Geflüchtete, Helferinnen und Helfer in Vorträgen, die sie in sozialen Einrichtungen halten. Zu jedem Vortrag gibt es einen Flyer, der auch online abrufbar ist - mit knappen Informationen in Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch, Arabisch, Russisch, Ukrainisch Kroatisch, Farsi und Dari. Bei Polizeikontrollen und Amtsbesuchen komme zur Sprachbarriere bei Geflüchteten und nicht EU-Ausländern oft noch die Aufregung dazu, weiß Natali Gbele. Denn schließlich steht oft viel auf dem Spiel und falsches Verhalten kann im schlimmsten Fall sogar den Aufenthaltstitel kosten. Deshalb will KyrI schon im Vorfeld aufklären:

"Mit dem Ziel, möglichst viele Menschen zu erreichen. Wir glauben nicht, dass unsere Arbeit die Beratung ersetzt, aber wir wollen vielmehr diese vermeidbaren Fälle bewältigen."

Natali Gbele

Viel Hilfe bekam die Initiative anfangs aus den Reihen der Ludwig-Maximilian-Universität. Dozierende aus den Rechtswissenschaften halfen bei den Flyern und gaben Workshops, etwa darüber, wie man Menschen in leicht verständlicher Sprache über ihre Rechte informieren kann.

Mittlerweile ist die "Know Your Right Initiative" auf 29 Mitglieder angewachsen, die alle, neben dem Studium, ehrenamtlich dafür arbeiten. Lisa Klostermann ist mittlerweile neben Natali Gbele und Jasmin Spengler die dritte Vorstandsvorsitzende der Initiative und kümmert sich um Organisation und Finanzen. Für die Zukunft hat sich KyrI viel vorgenommen, sagt Lisa Klostermann. So seien derzeit Projekte mit dem Verein Condrobs geplant, der sich in der Kinder- und Jugendhilfe engagiert und mit dem Münchner Flüchtlingsrat. Für diesen bereite man Fortbildungen zu Polizei- und Sicherheitsrecht sowie Ausländerstrafrecht vor. Seit kurzem bildet Kyri auch ehrenamtliche Beraterinnen und Berater fort, denn in den wenigsten Einrichtungen gibt es juristischen Beistand. Für diese ehrenamtlichen Helfenden ist auch ein Handbuch in Bearbeitung, in dem man rechtliche Zusammenhänge nachschlagen kann, erzählt Lisa Klostermann, denn der Bedarf an rechtlicher Aufklärung ist sowohl bei den Geflüchteten als auch in den sozialen Einrichtungen groß, wie die Fülle an Anfragen in letzter Zeit gezeigt habe, sagt Natali Gbele. Sie wünscht sich deshalb für KyrI:

"Vielleicht auch mal bundesweit die zentrale Stelle für Geflüchtete und Nicht-Staatsangehörige zu sein, ob man nun mit Städten direkt arbeitet, ob man mit Bundesländern, mit Gemeinden arbeitet, dass man uns als zentrale Stelle für rechtliche Fragen sehen kann."

Natali Gbele


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