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Eine kleine Geschichte des Gartens Die Ausstellung "Garden Futures"

Was verraten uns die Pflanzen über unsere Geschichte und wie können die Gärten der Zukunft aussehen? Kann ein Garten politisch sein? Darum geht es in der Ausstellung "Garden Futures" im Vitra Design Museum.

Von: Kristina Dumas

Stand: 11.08.2023

Céline Baumann, Das Parlament der Pflanzen, 2020 | Bild: Studio Céline Baumann

Der Garten ist ein Sehnsuchtsort, ein Ort der Ruhe und des Friedens. Im Garten kann man der Natur ganz nahe sein, zu sich finden. Gärten drücken aber auch Identitäten, Träume, Visionen aus, das zeigt die Ausstellung "Garden Futures" im Vitra Design Museum in Weil am Rhein.

"Bei Gärten denken wir an persönliche Rückzugsorte. Aber manche spiegeln auch Ideale wider, oder eine politische Motivation. So wollten beispielsweise französische Monarchen in ihren geometrischen Gärten nicht nur einen schönen Garten besitzen, sondern auch ihre Herrschaft über ihre Untertanen und über die Natur zum Ausdruck bringen."

Viviane Stappmanns, Kuratorin der Ausstellung 'Garden Futures'

Der Garten als Hort der Vielfalt

Jasmin, Fuchsien, Chrysanthemen, Farne: Unsere Gärten sind voller exotischer Pflanzen und viele Sorten stammen aus fernen Ländern, haben eine lange Geschichte. Diese Entwicklung, so Viviane Stappmanns, hängt eng mit der Erfindung des "Wardschen Kastens" zusammen. Wie ein bewegliches Terrarium aus Holz und Glas sieht dieser Kasten aus. Entwickelt hat ihn der Londoner Chirurg und Amateur-Naturforscher Nathaniel Ward in einer Zeit der globalen kolonialen Expansion. Mit dem "Wardschen Kasten" konnten lebende Pflanzen tausende Kilometer transportiert werden.

Der Farn - ein Star im Garten des 19. Jahrhunderts

Ein zarter Korallenfarn trat als erste Pflanze 1834 in diesem Kasten den weiten Weg von Australien nach London an. Bald darauf wurden im viktorianischen Großbritannien Farne große Mode. Mit der Ausbreitung der Kolonialreiche und der aufkommenden Faszination für exotische Pflanzen wurde die Gartenarbeit in Großbritannien ein beliebter Zeitvertreib der Oberschicht und des Bürgertums. Mit der Erfindung des "Wardschen Kastens" und der Transportmöglichkeit von exotischen Pflanzen, veränderte sich die globale Umwelt.

"In der Kolonialzeit ging es auch darum, die Pflanzen der kolonisierten Gebiete zu erforschen und zu schauen, wie man sie nutzen könnte. Bei vielen Pflanzen ging dabei ein Teil ihrer Geschichte verloren. An ihrem Ursprungsort wurden sie vielleicht für ganz andere Zwecke, zum Beispiel als Heilmittel, verwendet. Oder so hatten einen ganz anderen Namen."

Viviane Stappmanns, Kuratorin

Der Garten als politischer Ort

Der Garten kann also auch ein Ort sein, an dem Bodenbesitz, soziale Gleichheit, demokratische Werte verhandelt werden, ein Experimentierfeld für gesellschaftspolitische Projekte, ein Ort, an dem politische Anliegen zum Ausdruck kommen.

"Urban gardening beispielsweise hat seinen Ursprungsort im New York der 70er-Jahre. Dort wurde das 'gorillia gardening' erfunden, das als Werkzeug zivilen Ungehorsams galt."

Viviane Stappmanns, Kuratorin

Wie können unsere Städte grüner werden?

Seit der Industrialisierung machen sich Menschen Gedanken, wie Städte grüner werden können. Von der Gartenstadtbewegung bis hin zum modernen vertikalen Garten: Die Konzepte sind längst da. Doch was setzen wir tatsächlich um? Und müssen wir den Garten heute nicht ganz anders denken? Auch dazu stößt die Ausstellung im Vitra Museum in Weil am Rhein an.

"Schaut man ins Wörterbuch, wird der Garten immer als eingefriedeter Ort definiert. In Zeiten der Krise fragt man sich: Wer braucht Schutz vor wem? Wir wissen ja, dass der letzte Zipfel der Natur vom Menschen beeinflusst ist. Vielleicht kann ein Garten ganz neu bewertet werden. Vielleicht als Ort, an dem Biodiversität gefördert wird? An dem man sich viel gleichberechtigter mit Pflanzen auseinandersetzt? Es gibt einen französischen Philosophen und Gärtner, Gilles Clement, der von einem `planetaren Garten´ spricht. Diesem Begriff nach müssten wir die Welt als Garten sehen, den wir hegen und pflegen und umsorgen. Wo wir mit der Natur arbeiten, anstatt sie zu bezwingen."

Viviane Stappmanns, Kuratorin

Die Ausstellung "Garden Futures" ist im Vitra Design Museum in Weil am Rhein bis zum 3. Oktober 2023 zu sehen.

 


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