BR24 - Das interkulturelle Magazin


6

Identitäre Jugend Europas rechter Nachwuchs vernetzt sich

Polen, Frankreich, Großbritannien - immer mehr Jugendliche in Europa wälen rechts. Sie wollen Europa in eine Festung verwandeln und das vermeintlich chrisliche Abendland verteidigen. Man sollte ihnen keine öffentliche Plattform geben, warnt die Politikwissenschaftlerin Kathrin Glösel.

Stand: 10.07.2016

Demo der rechtsextremen Identären Bewegung am 17.06.2016 in Berlin | Bild: imago/Markus Heine

Ausgerechnet Parteien, die die Europäische Union am stärksten kritisieren, wollen von der EU profitieren. Die Bewegung der neurechten Jugend in Europa will Rechtspopulismus und antimuslimischen Rassismus möglichst akzeptiert machen. Rechtsorientierte Jungendgruppierungen wie die Junge Alternative, der Jugendverband der AFD, haben ein antiliberales Europa zum Ziel. Um das zu erreichen, blicken sie immer öfter über ihre Landesgrenzen hinaus. Gerade die nationalkonservative Jugend findet eine gemeinsame fremdenfeindliche Sprache. Dieses Phänomen begann vor etwa 15 Jahren.

"Debatten über Ausgrenzung oder Verteilungskämpfe wurden seit den Terror-Anschlägen vom 11. September 2001 rassistisch aufgeladen. Das hat sich so gezeigt, dass zum Beispiel Thinktanks und Zeitschriften gegründet wurden, die der neuen Rechten in Deutschland geholfen haben, das Image der quasi schmuddeligen Rechtsextremen abzulegen. Stattdessen predigen Rechtsextreme im Nadelstreif schöne Worte."

Kathrin Glösel, Wiener Politikwissenschaftlerin

Die Identitären sprechen vom "Ethnopluralismus"

Handbuch zur Jugendbewegung

Das Buch "Die Identitären - Handbuch zur Jugendbewegung der Neuen Rechten in Europa" von Kathrin Glösel, Natascha Strobl und Julian Bruns ist im März 2014 beim Unrast-Verlag erschienen.

Im Jahr 2012 entstand in Frankreich die Jugendbewegung der Identitären. Sie ist längst international geworden, auch die Junge Alternative gehört für die Politikwissenschaftlerin Kathrin Glösel eindeutig dazu. Die Wienerin forscht seit Jahren über die Bewegung der neurechten Jugend in Europa. Die Identitären sind die Neurechten, die gelernt haben, wie man Rechtsextremismus salonfähig macht. Zum Beispiel benutzen sie statt des vorbelasteten Rassebegriffs das Wort "Ethnopluralismus". Klingt seriös, bedeutet aber dasselbe: Jeder Mensch soll in seiner Kultur verhaftet bleiben, die Kulturen dürfen sich nicht vermischen. Mit verkleideten Rassismus-Parolen und propagandistischen Halbwahrheiten  finden Populisten Zuspruch - gerade bei großen Teilen von Europas Jugend. Was kann man dem Entgegensetzen? Eine ganze Menge, sagt Kathrin Glösel. Sowohl verstärkte politische Bildung als auch kritische Berichterstattung oder Gegenaktivismus auf der Straße.

"Das Gründungsjahr der Identitären, das Jahr 2012, war eine Zeit, in der die Wirtschaftskrise schon voll eingeschlagen hat, und in der die Fragen nach sozialer Sicherheit - Jobs, Pensionen, Renten - wieder aufgekommen sind. Diese Fragen berühren und beschäftigen Jugendliche und junge Erwachsene - und die Identitären und Rechtsextremen geben rassistische Antworten auf diese Fragen. Aber man darf ihnen im öffentlichen Raum keinen Platz für ihre Propaganda schaffen."

Kathrin Glösel, Wiener Politikwissenschaftlerin


6