Die Lokführergewerkschaft GDL hat zu Streiks bei der Deutschen Bahn aufgerufen. Seit heute ist auch der Personenverkehr massiv betroffen.
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Bahnstreik: Das sollten Reisende jetzt wissen

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Bahnstreik: Das sollten Reisende jetzt wissen

Eskalation zur Ferienzeit: Bahnkunden müssen sich auf den bislang längsten Streik dieser Tarifrunde einstellen. Viele Pendler und Reisende werden sich nach Alternativen umsehen müssen. Diese Rechte haben Fahrgäste jetzt.

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Bahnreisende müssen sich erneut auf bundesweite Zugausfälle und Verspätungen einstellen: Im Tarifstreit mit der Deutschen Bahn (DB) hat die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) zu weiteren Streiks aufgerufen.

  • Zum aktuellen Artikel "GDL: Ab Mittwoch wieder Bahnstreiks"

Zugausfälle in ganz Deutschland

Bahnkunden müssen sich auf den bislang längsten Streik dieser Tarifrunde einstellen. Für fünf Tage will die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) den Bahnverkehr lahmlegen, wie ihr Vorsitzender, Claus Weselsky, am Montag in Frankfurt am Main sagte. Erst am Dienstag, den 7.9. um 2.00 Uhr soll demnach Schluss sein. Damit ist beim dritten Streik innerhalb weniger Wochen nun im Personenverkehr auch ein Wochenende betroffen. Im Güterverkehr haben GDL-Mitglieder schon am Mittwochabend die Arbeit niedergelegt.

Der Arbeitskampf wird neben hunderttausenden Pendlern wieder auch zahlreiche Reisende treffen. Die Urlaubssaison läuft noch, in Sachsen und Thüringen enden am Wochenende die Schulferien.

Was Bahnreisende jetzt wissen müssen - ein Überblick:

Welche Fernzüge fahren?

Zu der neuen Streikankündigung erklärte die Deutsche Bahn, man sorge für "ein verlässliches Mobilitätsangebot" von rund einem Viertel der üblicherweise geplanten Züge im Fernverkehr. Wer könne, solle seine Reise aber dennoch auf die Zeit vor oder nach dem Streik verschieben, so die Bahn.

Fahrrad im Fernzug?

Die Bahn bittet, an den Streiktagen keine Fahrräder mitzunehmen. In Fernzügen können Fahrräder nur mitgenommen werden, wenn bereits ein Sitzplatz reserviert ist. Sollte der Sitzplatz in einem Zug gebucht sein, der wegen des Streiks ausfällt, bietet die Bahn an, das Rad kostenlos per DB Gepäckservice zu verschicken. Die Buchung dafür ist im Zeitraum 20.-25.08.2021 ausschließlich online möglich.

Der Versand dauert zwei Werktage (zu den deutschen Nordseeinseln und Hiddensee sind es drei Werktage). Es ist pro Buchung nur ein Fahrrad möglich (kostenlose Verpackung mitbuchen!).

Angebot beim Regionalverkehr

Der Streik wird auch deutliche Einschränkungen im Nahverkehr bedeuten. Im Regional- und S-Bahnverkehr soll es laut Bahn erneut ein Grundangebot von 40 Prozent der Züge geben.

Privatbahnen wie Agilis, Länderbahn, Bayerische Oberlandbahn oder Bayerische Regiobahn sind laut GDL nicht direkt betroffen. "Unsere Züge fahren ganz normal fahrplanmäßig", sagte eine Sprecherin der Bayerischen Regiobahn. Ähnlich äußerte sich eine Agilis-Sprecherin. Es könne aber zu Verzögerungen kommen, etwa wenn sich Fahrdienstleiter am Streik beteiligten. Neben Lokführern, Zugbegleitern und Servicepersonal würden auch Fahrdienstleiter ihre Arbeit niederlegen, es könne das ein oder andere Stellwerk betroffen sein, sagte GDL-Sprecher Erik Großmann.

  • Kostenlose Hotline der Bahn für alle Fragen zu Auswirkungen des Streiks: 08000-996633

Für welche Züge gelten die gebuchten Fahrkarten?

Reisende können Fahrkarten für den Streikzeitraum flexibel nutzen und ihre Reisen vorziehen oder bis zum 17. September verschieben, wie das Unternehmen am Montag mitteilte. Auch eine Erstattung ist möglich. Die Zugbindung wird auch für Sparpreis- und Supersparpreisangebote für den Zeitraum des Streiks aufgehoben, so die Bahn.

Allerdings gilt diese Kulanz nicht für die Cityfunktion. Für die Fahrt zum oder vom Bahnhof müssen Fahrgäste am neuen Reisetag eine Fahrkarte für den ÖPNV kaufen.

Sitzplatzreservierungen können kostenfrei umgetauscht werden. Ansprechpartner hierfür ist die DB Verkaufsstelle.

Kann ich meine Fahrkarte zurückgeben?

Fernverkehr:

Reisende können im Fernverkehr alle Fahrkarten für die Streiktage kostenfrei stornieren und bekommen das Geld zurück. Alle übrigen Kulanzregeln finden Bahnkunden hier. Für online gebuchte Fahrkarten nutzt man hierfür das Kulanzformular.

Nahverkehr:

Im Nahverkehr muss man die Fahrt nicht antreten, wenn man von einem streikbedingten Zugausfall oder einer Verspätung betroffen ist und seinen Zielbahnhof mit einer Verspätung von mindestens 60 Minuten erreichen würde. Dann erstattet die Bahn den Fahrpreis für die gekaufte Karte vollständig..

In welchen Fällen gibt es eine Entschädigung?

Fernverkehr:

Eine Garantie, dass alle Reisenden mit Hilfe des Ersatzfahrplans planmäßig an ihr Ziel kommen, kann die Bahn nach eigenen Angaben nicht geben. Wenn der genutzte Fernzug aufgrund des Streiks eine Verspätung von mehr als 60 Minuten hat oder sogar ausfällt, können Bahnkunden eine Entschädigung beantragen. Wer die Fahrkarte online über das Kundenkonto gekauft hat, kann seine Ansprüche über den Online-Antrag in seinem Kundenkonto einreichen. Dies ist sowohl auf bahn.de als auch im DB Navigator möglich.

Zusätzlich gibt es ein Fahrgastrechte-Formular, das man auch per Post beantragen kann. Das Formular gibt es beim Servicepersonal im Zug, an der DB Information, im DB Reisezentrum oder als Download auf bahn.de.

Nahverkehr:

Wer im Nahverkehr seine Fahrt unterbrechen und zum Startbahnhof zurückkehren muss, bekommt den Fahrpreis für die nicht genutzte Strecke erstattet.

Fahrgäste mit Flexpreis/Normalpreis-Fahrkarten oder Mehrtages-Zeitkarten (z.B. Wochen-, Monats-, Jahreskarten) haben auch die Möglichkeit, Züge des Fernverkehrs zu nutzen. Allerdings muss dafür zusätzlich zur Fahrkarte zunächst ein Aufpreis bezahlt werden, der anschließend über das Fahrgastrechte-Formular oder über das Kundenkonto online zurückgefordert werden kann. Ausgeschlossen hiervon sind stark ermäßigte Angebote wie das Quer-durchs-Land-Ticket oder Ländertickets.

Wie kann ich meinen Anspruch nachweisen?

Wer von Verspätungen betroffen ist, sollte sich diese immer von Bahn-Mitarbeitenden bestätigen lassen, so die Empfehlung der Bahn. "Wenn man schon im Zug war und es geht um eine Verspätung, dann sollte man sich tatsächlich auf seiner Fahrkarte die Verspätung quittieren lassen – sprich die Fahrkarte abknipsen lassen", rät auch der Würzburger Rechtsanwalt für Reiserecht, Kay Rodegra.

Verbraucherschützer raten dazu, außerdem Fotos von Anzeigetafeln zu machen, auf denen die verspäteten oder gestrichenen Züge stehen, oder Screenshots aus der App oder von der Internetseite zu erstellen. Die Reise kann dann mit diesen Belegen, der Fahrkarte und dem ausgefüllten Fahrgastrechte-Formular reklamiert werden.

Ein Jahr Zeit für Rückerstattungen

Das Formular gibt es direkt im verspäteten Zug, im Reisezentrum der Bahn oder online zum Herunterladen. Es muss gemeinsam mit den anderen Belegen an die Bahn geschickt oder im Reisezentrum abgegeben werden. Eine Entschädigung für online oder mobil gekaufte Tickets kann in der Bahn-App oder auf bahn.de beantragt werden. Grundsätzlich gilt: Rückerstattungen müssen innerhalb eines Jahres nach Ablauf der Geltungsdauer der Fahrkarte geltend gemacht werden. Auf dem Ticket ist der erste Tag dieser Geltungsdauer angegeben.

Wann stehen mir Unterkunft und Verpflegung zu?

Wer abends an einem Bahnhof strandet und nicht weiterkommt, hat Anspruch auf eine Ersatzbeförderung oder im äußersten Fall auf eine Unterkunft und einen Transport dorthin. Der Reiserechtsexperte Rodegra empfiehlt, bevor man sich ein Hotel nimmt, immer Rücksprache mit der Bahn zu halten, zum Beispiel zum Servicepoint zu gehen oder zu versuchen, dort anzurufen. Erst wenn kein Hotel zur Verfügung gestellt wird, kann sich der Fahrgast selber eines suchen. Der Preis der Unterkunft sollte "angemessen" sein.

Sollte die Verspätung mehr als 60 Minuten betragen, sind die Bahngesellschaften verpflichtet, kostenlos Erfrischungen und Mahlzeiten anzubieten - wenn dies für die Bahn möglich ist, erläutert Rodegra, also zum Beispiel an Bahnhöfen, die bewirtschaftet sind.

Wenn die Bahn keine Verpflegung anbietet und man sich selber Getränke besorgt, rät Rodegra, sich die Belege aufzubewahren und zur Erstattung einzureichen.

Was steht mir zu, wenn ich einen Flug verpasse?

Die Bahn ist grundsätzlich nur dazu verpflichtet, Entschädigungen für Zugtickets zu zahlen. Für die Umbuchung oder gar die Erstattung eines verpassten Fluges müssen Reisende selbst aufkommen. Folgeschäden werden von der Bahn nicht erstattet. Der Tipp des Reiserechtsexperten Rodegra: Sich für die Anreise zum Flughafen alternative Möglichkeiten suchen oder sehr, sehr viel Zeit einplanen.

Sollte die Bahnfahrt aber Teil einer Pauschalreise sein, sollte man Rücksprache mit dem Reiseveranstalter halten und kann gegebenenfalls entstandene Zusatzkosten beim Reiseveranstalter zurückfordern.

Wie komme ich trotzdem an mein Ziel?

In der Vergangenheit hat die Bahn Sammelfahrten per Taxi oder Bus organisiert und dafür entsprechende Gutscheine ausgegeben. Fahrgäste können in dem Fall, dass solch ein Angebot nicht besteht, auch selbst mit dem Taxi weiterfahren.

"Wenn sich mitten in der Nacht abzeichnet, dass es zu einer großen Verspätung kommt von über 60 Minuten und ich sollte am Endziel zwischen 0 und 5 Uhr morgens ankommen, dann darf ich auch auf ein anderes Verkehrsmittel umsteigen - zum Beispiel ein Taxi", so Rodegra. Fahrpreise bis zu 80 Euro würden erstattet. Aber hier solle man immer Rücksprache mit der Bahn halten und sich eine Quittung geben lassen.

Bei der Rückerstattung der Kosten gelten Einschränkungen - wie die genannte planmäßige Ankunft zwischen Mitternacht und 5 Uhr morgens und die erwartete Verspätung am Zielbahnhof (mindestens eine Stunde). Meist wird auch geprüft, ob man den Zielbahnhof bis Mitternacht noch mit einem anderen Verkehrsmittel erreichen kann. Wer mit dem eigenen Auto die Reise fortsetzt, erhält dafür keine Entschädigung.

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