Man sieht die Open-Air-Spielstätte des FSFF im Freibad Starnberg abends mit Publikum und Leinwand.
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Kino am See - die Spielstätte des "Fünf Seen"-Filmfestivals FSFF im Freibad Starnberg

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Alle müssen sparen - auch bayerische Filmfestivals in Geldnot?

Fast ein Drittel weniger Filme: Die Berlinale muss sparen, sie bekommt nicht mehr Fördermittel als in den vergangenen Jahren – und das bei schnell steigenden Kosten. Das wirft auch die Frage auf: Wie geht es den Filmfestivals in Bayern?

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Nehmen wir das oberbayrische "Fünf Seen"-Filmfestival, das jetzt am Dienstag, 22. August, beginnt: Die zuletzt in Hollywood tätige Regisseurin Maria Schrader kommt an den Starnberger See; außerdem die Schauspielerin Paula Beer, die mit dem Hannelore-Elsner-Preis geehrt wird. Regisseur Ulrich Seidl reist für zwei Tage aus Wien an und stellt sich den Fragen des Publikums – und Margarethe von Trotta eröffnet das Festival mit ihrem Ingeborg-Bachmann-Film "Reise in die Wüste". Und und und.

Auch einem großen Kinoevent wie der Berlinale würden diese Gäste gut zu Gesicht stehen. Es wirkt nicht so, als hätte Festivalchef Matthias Helwig den Rotstift angesetzt: "Es ist vielleicht ein bisschen blauäugig", sagt er, "denn die Inflation schlägt natürlich auch bei uns durch. Das wird jetzt bei uns aufgefangen, weil mein Team noch zu den Konditionen vom letzten Jahr arbeitet. Das kann ich für nächstes Jahr natürlich nicht mehr machen. Und ich habe in Vorgesprächen gehört, dass es von den Förderern nächstes Jahr eher weniger Geld geben wird als mehr."

Auch die Kultur leidet unter der Inflation

Für Filmfestivals wie für andere Kulturveranstaltungen ist es durch die im Moment hohe Inflation unmöglich, so weiterzumachen wie zuvor. Alles ist teurer geworden. Im Schnitt um 10 bis 20 Prozent. Wenn sogar die vom Bund geförderte Berlinale als kulturelles Aushängeschild nächstes Jahr fast ein Drittel weniger Filme zeigt, hat das eine drastische Signalwirkung für alle potenziellen Geldgeber, ob nun öffentlich oder privat.

Da ist es dann egal, ob man – wie die Berlinale – deutlich über 300.000 Zuschauerinnen und Zuschauer erreicht oder maximal ein Zehntel davon wie ein renommiertes regionales Event wie das "Fünf Seen"-Filmfestival. Matthias Helwig sagt: "Das ist in meiner Region leider gang und gäbe, man spart, wenn man sparen muss, an den sogenannten freiwilligen Leistungen, also der Kultur. Die Etats steigen zwar, wie auch bei uns, aber man muss eben was einsparen – und dann spart man eben an dem winzigen Teil der Kultur ein."

Was hilft: Reden!

Und was macht man dagegen? "Reden", sagt Helwig, und lacht gequält dazu. Reden mit Politikern und Förderern – das kennen alle Festivalmacherinnen und Festivalmacher in Bayern. Gebetsmühlenartig immer wieder aufs Neue muss man erklären, warum Kultur, warum Filmfestivals wichtig sind.

Und dass es fatal ist, sie kaputtzusparen, gerade in allgemein schwierigen Zeiten, wie es Thorsten Schaumann formuliert, Leiter der Internationalen Filmtage Hof in Oberfranken, die in rund zwei Monaten wieder stattfinden, ebenfalls mit einem Etat ohne Inflationsausgleich: "Gerne stellt sich dann die Frage: Was für eine Leistung erbringt denn ein Filmfestival? Kurz: Wir kuratieren Filme und bringen Menschen zusammen. Filme holen Menschen aus ihrer Blase heraus, konfrontieren sie mit etwas Neuem. Sie leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Diversität und zur Demokratie."

Film und Kino: Instrumente einer demokratischen Gesellschaft

Gutes Stichwort. Filme hinterfragen Ereignisse, die sonst in Zeitungen, im Internet, im Rundfunk oft nur als verkürzte Nachricht auftauchen. Sie stellen emotional Verbindungen zum eigenen Leben her – egal, ob es nun um Flüchtlingspolitik geht, um den Klimawandel oder ein gestörtes Miteinander, privat wie beruflich.

Auch Daniel Sponsel, Leiter des DOK.fest München, hat gerade mit seinem Team konkret überlegt, wie sich für die nächste Edition im Mai 2024 Geld einsparen lässt. Sicher wird man, wie in Berlin auch, weniger Filme zeigen. Darüber hinaus geht es prinzipiell um neue filmpolitische Weichenstellungen in Bayern, aber auch bundesweit – Stichwort: Novellierung des deutschen Filmförderungsgesetzes. "Zumal Filmfestivals erstmals in ihrer Bedeutung im aktuellen Koalitionsvertrag erwähnt werden", sagt Sponsel. "Dass wir in Bayern trotzdem aufgrund der Haushalte von Stadt und Land nächstes Jahr Nullrunden fahren werden, also ohne Erhöhung auskommen müssen, gilt natürlich für die ganze Kultur, ist klar."

Kultur bringt viel Geld in die Kommunen, aber ...

Kulturförderung ist auch Wirtschaftsförderung, unterstreichen die drei bayerischen Festivalleiter. Und branchenintern ist längst nachgewiesen: Festivals befördern den allgemeinen Kinobesuch über das ganze Jahr hinweg.

Matthias Helwig freut sich auf die Eröffnungsfeier des "Fünf Seen"-Filmfestivals am Dienstag, ihm ist aber auch klar, dass er spätestens im Herbst wieder reden muss mit den Förderern und Geldgebern: "In der Hoffnung, dass zumindest dieser Inflationsausgleich kommt. Das wäre das Mindeste, Mindeste, Mindeste. Auf der anderen Seite müssten wir halt in der Not reduzieren. Aber das ist schwer, ja, das ist schwer, was soll ich sagen … es hilft nur: mehr Geld!"

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