Eine Collage zeigt einen Vater, der seiner Tochter vorliest und einen Jugendlichen, der in sein Handy schaut.
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Computerspiele, soziale Medien - und auch über Bücher werden Kinder und Jugendliche von Verschwörungsgläubigen angesprochen.

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#Faktenfuchs: Wie Verschwörungsgläubige junge Menschen erreichen

Kinderbücher, Chat-Apps, Inhalte auf sozialen Medien: Verschwörungsideologen versuchen auf vielen Wegen, Kinder und Jugendliche zu gewinnen. Entscheidend ist aber der Einfluss der Eltern. Ein #Faktenfuchs.

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Eine Mutter meldet sich beim BR24 #Faktenfuchs. Die elfjährige Tochter sei hin- und hergerissen zwischen ihr und dem geschiedenen Mann – einem Verschwörungsgläubigen, wie die Mutter erzählt. In Gesprächen komme sie nicht an ihn heran. "Mit mir wird nicht geredet, weil ich das Böse bin", sagt sie im Interview mit BR24. Und das bereite ihr Sorgen: "Ich will halt nicht, dass meine Tochter mir dann entgleitet im wahrsten Sinne des Wortes."

Was die Mutter umtreibt: Ihr Ex-Mann habe der Tochter ein Buch geschenkt. Der Titel klingt harmlos: "Friedrichs Traum von der Freiheit". Geschrieben hat die Geschichte Ernst Wolff. Er veröffentlicht Bücher und gibt seit Jahren auf sogenannten Alternativmedien immer wieder Verschwörungserzählungen zu ökonomischen und finanzpolitischen Themen wieder.

Bei KenFM, dem ehemaligen Portal des Verschwörungsideologen Ken Jebsen, verbreitete er Verschwörungstheorien zum "Great Reset". Die Mutter weiß, wer der Autor ist, will der Tochter nicht vorlesen. "Sie hat fast geweint. Es war furchtbar für sie, weil sie hatte sich schon darauf gefreut." Die Mutter fragt sich: Welchen Einfluss kann ein solches Buch auf ein Kind ausüben?

Vorneweg gesagt: Diese Frage ist nicht einfach zu beantworten. Fakt ist aber, Verschwörungsgläubige versuchen mit verschiedenen Mitteln, an Kinder und Jugendliche heranzutreten. Wie sie das tun, und welche Folgen es haben kann – darum geht es in diesem #Faktenfuchs.

"Friedrichs Traum von der Freiheit" enthält typische Denkmuster

Das Buch "Friedrichs Traum von der Freiheit", laut Eigenbeschreibung für Kinder ab sieben Jahren, greift keine spezifische Verschwörungstheorie auf. Aber es enthält typische verschwörungsideologische Denkmuster. Im Text lebt Friedrich, ein Erdmännchen, mit seiner Familie in einem Zoogehege. Allen geht es gut, man schläft viel, und Bodo, der Tierpfleger, stellt regelmäßig das Futter hin. Bodo ist aber auch derjenige, was Friedrich erst später klar wird, der das Gehege verschließt. Die Erdmännchen nehmen die Situation hin wie sie ist, hinterfragen nicht.

Aber Friedrich ist anders als die müßig-zufriedenen Anderen, nämlich neugierig und voller Tatendrang. Er erhascht einen Blick von der Welt draußen und es gelingt ihm, mit Hilfe der Krähe Carola zu entkommen. Auch das ist ein Bedürfnis, das durch Verschwörungserzählungen befriedigt wird: Sich als Individuum aus der Menge herauszuheben, etwas Besonderes, Einzigartiges zu sein, wie der Sozialpsychologe Roland Imhoff von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz in einer Fachzeitschrift ausführt.

Außerhalb des Geheges herrscht "Freiheit" und Friedrich freut sich darüber. Carola erklärt: "Das bedeutet, dass du tun und lassen kannst, was du willst und wo du willst. Aber dafür musst du dich um dich selbst kümmern." Später weist sie Friedrich darauf hin: "Hier gibt es keinen Bodo, der einem das Fressen bringt."

Es handle sich "im Grunde genommen um eine Vorstellung schrankenloser Freiheit" ohne Rücksichtnahme auf Normen und Werte, sagt David Jäger im Interview mit dem #Faktenfuchs. Eine solche Freiheit sei die "einzige Moral, die man kennt". Jäger ist Politikwissenschaftler und Psychologe in Passau und beobachtet die "Querdenken"-Szene. Die Bewegung, die während der Corona-Pandemie entstanden ist, greift Verschwörungserzählungen auf.

Die "Querdenker" instrumentalisierten Begriffe wie "Frieden", "Freiheit" oder "Souveränität", schreibt die Bundeszentrale für politische Bildung und "werten damit das eigene Handeln auf, weil sich damit mehrheitlich positive Wertungen verbinden". Diese weitgefassten Begriffe seien für verschiedene Interpretationen anschlussfähig. Genau das ist laut Jäger das Gefährliche an der Bewegung.

Die "Querdenker" sind ein bekanntes Beispiel für die einseitige Verwendung des Begriffs "Freiheit". Ihr Freiheitsverständnis widerspricht dem einer freiheitlichen Demokratie, die eben nicht auf rücksichtslosen Egoismus und uneingeschränkte Handlungsfreiheit, sondern auf ein Miteinander setzt. Die grundsätzliche Freiheit jedes Menschen findet in der freiheitlichen Demokratie seine Grenzen, wo die Freiheit eines anderen verletzt wird. So ist es für die Bundesrepublik Deutschland im Grundgesetz festgelegt.

Der Religionswissenschaftler und Antisemitismus-Beauftrage der Landesregierung in Baden-Württemberg, Michael Blume, beschäftigt sich viel mit der "Querdenken"-Bewegung. Im Gespräch mit dem #Faktenfuchs sagt er:

"Wenn wir jetzt einen Verschwörungsmythos über die Freiheit erzählen, dann bedeutet das, die anderen, die wollen mir die Freiheit wegnehmen, die wollen mich unterdrücken. Die wollen mir meine Meinung verbieten. Die wollen mich impfen oder was auch immer quasi da als Freiheitsbeschränkung interpretiert wird." Michael Blume, Antisemitismus-Beauftrage der Landesregierung in Baden-Württemberg

Entscheidend ist der Kontext, in dem ein Kinderbuch steht

Inwieweit geht die Geschichte von Friedrich über andere Geschichten hinaus, die Kinder in ihrer Individualität stärken?

Ralf Schweikart, der Vorsitzende des Arbeitskreises für Jugendliteratur, der unter anderem den Deutschen Jugendliteraturpreis vergibt, differenziert im Gespräch mit dem #Faktenfuchs: "Ausbruchsgeschichten wie bei 'Friedrichs Traum von der Freiheit' gibt es auch in anderen Kinderbüchern. Entscheidend ist hier der Kontext, dadurch entsteht die Message."

Dabei sei relevant, wer der Autor des Kinderbuchs ist – in diesem Fall Ernst Wolff. Schweikart sagt: "Wolffs Anhänger wissen natürlich, wie er Dinge meint." Entsprechend interpretierten sie sein Buch. "Welche Moral jemand aus einem Kinderbuch herauszieht, hängt von denjenigen ab, die die Geschichte lesen beziehungsweise vorlesen." In anderen Worten, jeder interpretiert die Geschichte für sich.

Der Politikwissenschaftler David Jäger hält es für plausibel, dass für Eltern, die der "Querdenken"-Bewegung nahestehen, solche Bücher ein probates Mittel sein könnten, um ihre Kinder entsprechend zu erziehen.

Umfeld "wirkmächtiger als ein Buch"

Dabei müssen die Kinderbücher nicht unbedingt aus der eigenen Blase stammen. Der Kinder- und Jugendbuchexperte Schweikart nennt das Buch "Vorlesen", das im neurechten Antaios Verlag erschienen ist. Der Verlag wird vom Bundesamt für Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft. "Vorlesen" enthalte eine Sammlung von Büchern und sei als eine Art "Ratgeber für rechte Eltern" gedacht, sagt Schweikart. Das Interessante dabei: "Da werden Kinderbücher instrumentalisiert, die gar nicht für deren Gedankenwelt geschrieben wurden oder sie sogar konterkarieren."

Zentral ist nicht das Kinderbuch an sich, das bestätigen dem #Faktenfuchs mehrere Expertinnen und Experten. Viel wichtiger sei das Umfeld. Der Sozialpsychologe Roland Imhoff nennt Eltern, Schule und die Peer Group als wichtigste Einflussfaktoren. Die Menschen, mit denen man sich umgebe, sagt Imhoff, "sind wirkmächtiger als ein Buch".

Auch die Sozialpsychologin Clara Schliessler von der Universität Leipzig betont die Rolle der Eltern. "Wenn da ein Elternteil tatsächlich eine Verschwörungsmentalität hat und auch ein Sendungsbewusstsein, das an die Kinder weiterzugeben, dann ist die Gefahr natürlich groß, dass es verfängt bei den Kindern." Aber: Kinder seien eigensinnige Wesen, die das Gehörte und Gelesene in ihre ganze andere Erfahrung einbauten – und nicht einfach eins zu eins umsetzten, sagt Schliessler.

Wie kommen Jugendliche in Kontakt mit verschwörungsideologischen Inhalten?

Jugendliche begegnen verschwörungsideologischen Inhalten eher im Internet. Laut der aktuellen JIM-Studie gaben 2023 58 Prozent der Jugendlichen an, im vergangenen Monat im Internet auf "Fake News", also Falschnachrichten oder Desinformation gestoßen zu sein. Besonders beliebt bei Jugendlichen ist YouTube: 80 Prozent der Zwölf- bis 19-Jährigen nutzen die Plattform 2023 laut der JIM-Studie regelmäßig. 44 Prozent sogar täglich.

Spätestens während der Corona-Pandemie trafen sie dort auf junge Influencer wie Niklas Lotz, auch bekannt als "Neverforgetniki", und Naomi Seibt, die "Anti-Greta", wie sie verschiedene deutsche Medien bezeichneten. Seibt leugnete auf ihren Kanälen den menschengemachten Klimawandel und verbreitete Falschnachrichten zu Corona. Lotz gab Verschwörungsnarrative zu COVID-19 wieder. Beide leugneten auf ihren Kanälen den Klimawandel und die Gefahren von Corona. Unterstützung bekamen sie von der Neuen Rechten, wie zum Beispiel Correctiv berichtete. Laut der Sozialpsychologin Clara Schliessler hatten diese Kanäle durchaus großen Einfluss auf Jugendliche, auch deshalb, weil Niklas Lotz und Naomi Seibt die Jugendlichen als "Peers" ansprechen. Die "Peers" sind gleich alt und befinden sich in einer ähnlichen Lebensphase wie ihr Publikum.

Eine weitere Plattform, auf der Jugendliche viel Zeit verbringen, ist TikTok. Laut der JIM-Studie 2023 zählt TikTok neben WhatsApp und Instagram zu den Top 3 der meistgenutzten Social-Media-Apps unter Jugendlichen. Bestimmte Funktionen der App begünstigen das Verbreiten von Desinformation und Verschwörungstheorien. Etwa der Algorithmus, dank dem auch völlig unbekannte Accounts viral gehen können.

  • Mehr dazu, warum sich Desinformation auf TikTok so effektiv verbreitet, erläutert der #Faktenfuchs hier.

Verschwörungserzählungen werden dort auch über beliebte Formate der Plattform verbreitet, beispielsweise über "Straßenumfragen". Dabei werden Passanten mit verschwörungsideologischen Aussagen und Fragen konfrontiert und dabei gefilmt.

Auch über Videospiele können Jugendliche in Kontakt mit problematischen Inhalten kommen. Das muss nicht direkt beim Spielen passieren. Michael Blume warnt auch vor Gruppen auf der Plattform Discord. Das ist eine vor allem bei Gamern beliebte Chat-App, in denen einzelne Nutzer Inhalte von Spielen auf spezielle Art einordnen. Im Interview mit dem #Faktenfuchs sagt Blume, ein Computerspiel, das an sich vielleicht zu einer Phase dazugehöre, werde so in einem sozialen Setting aufgeladen. Die Jugendlichen begännen dann, das wirklich zu glauben. Neben Discord werden in einer Broschüre der Amadeu-Antonio-Stiftung, an der auch Clara Schliessler mitarbeitete, die Plattformen Steam und Reddit genannt, die – ähnlich wie Discord – wenig moderiert sind. Dort teilten Nutzer antisemitische Verschwörungsnarrative.

Jugendliche und Internet: Die zwei Seiten des Mitmachen-Könnens

Religionswissenschaftler Blume rät zu Gelassenheit, sieht aber Gefahren. "Das Tollste am Internet ist es, mitmachen zu können. Und das Gefährlichste am Internet ist ebenfalls, mitmachen zu können", sagt er.

Gefährlich seien die Inhalte aber nur, wenn das Kind oder der oder die Jugendliche sich niemandem anvertrauen könne, wenn sie niemanden finden, "der ihnen beisteht, wenn sie abrutschen". Niemand könne Kinder und Jugendliche davor bewahren, mit üblen, gefährlichen und falschen Inhalten konfrontiert zu werden, sagt Blume. Aber man könne sie stark machen und ihnen helfen, zu unterscheiden.

Wie gefährdet sind Kinder und Jugendliche für Verschwörungsglaube?

Studien zum Verschwörungsglauben unter Kindern und Jugendlichen sind selten und ihre Ergebnisse widersprüchlich. Einerseits zeigen internationale Studien: Je jünger, desto höher die Wahrscheinlichkeit, eine "Verschwörungsmentalität" zu haben, also eine generelle Neigung zum Verschwörungsglauben. Bei Kindern nehme diese Tendenz wieder ab – mehr dazu später. Andererseits verzeichneten sowohl die Leipziger Autoritarismus Studie von 2020 als auch die "Mitte-Studie" der Friedrich-Ebert-Stiftung von 2020/2021 bei Jüngeren eine etwas niedrigere Tendenz zu Verschwörungsmentalität als bei älteren Menschen.

Laut dem Sozialpsychologen Roland Imhoff sind generell die Menschen gefährdet für Verschwörungserzählungen, die sich machtlos fühlen, die das Gefühl haben, wenig Kontrolle über das eigene Leben zu haben und Menschen, die marginalisiert sind oder eine geringe Bildung erfahren haben.

Die Pubertät als "krisenhafte Übergangsphase"

Ein Gefühl von Kontrollverlust – das ist typisch für die Pubertät. Die Sozialpsychologin Clara Schliessler von der Uni Leipzig beschreibt die Pubertät als "krisenhafte Übergangsphase", in der manche Jugendliche auch mit Verschwörungsmentalität experimentierten, um sich ein Stück weit zu stabilisieren. Dem #Faktenfuchs sagt sie:

"Solche Übergangsphasen in der Jugend von der Schule ins Berufsleben sind Phasen, in denen man ganz schön viel aushalten muss an Frustrationstoleranz und an Unsicherheit, was die Zukunft angeht. Und wenn sich diese Unsicherheit verfestigt, dann ist das natürlich eine Möglichkeit für alle möglichen Ideologien, die einem Halt und Sicherheit versprechen und Schuld aufs Äußere projizieren, Fuß zu fassen." Clara Schliessler, Uni Leipzig

Das gelte auch für eine Verschwörungsmentalität, die ein Scharnier zwischen Rechtsextremismus, Antisemitismus und dem Antifeminismus sein könne. Schliessler betont aber: Das zeitweise Experimentieren mit "alternativen" Wahrheiten, überirdischen Welten oder verschiedenen Identitäten sei wichtiges Probehandeln. "Jugendlichen bereitet es Spaß, sich in unwahrscheinliche Theorien und Welten 'reinzufuchsen'", sagt Schliessler. Verschwörungsglaube könne ein Teil dessen sein.

Auch Roland Imhoff sagt, Autoritäten zu widersprechen sei eine wichtige Entwicklungsaufgabe für Jugendliche. Deshalb müsse es nicht problematisch, sondern könne ein gesunder Ausdruck einer Stärkung sein, wenn Jugendliche zum Beispiel anzweifelten, was in der Zeitung stehe.

Wie hoch der Anteil an Jugendlichen ist, die an Verschwörungserzählungen glauben, ist unklar. Aussagekräftige Studien gibt es laut Imhoff dazu noch nicht – die meisten hätten methodische Schwächen.

Einen Einblick in den Alltag gibt Michael Blume. Er ist häufig in Schulen unterwegs und beobachtet dort, dass junge Menschen mit Verschwörungsmythen durchaus zu tun haben – egal, ob am Gymnasium oder an der Berufsschule. Jedes Mal höre er dort auf seine Nachfrage von den "neuesten Verschwörungsmythen", wie er im #Faktenfuchs-Interview erzählt. Das funktioniere schon von der fünften Klasse an.

"Magisches Denken" bei Kindern – aber kein Hang zu Verschwörungsmythen

Bei Kindern findet sich laut Schliessler kein erhöhter Hang zur Verschwörungsmentalität. Das kindliche Denken werde zwischen dem dritten und sechsten Lebensjahr von etwas geprägt, das Psychologen "magisches Denken" nennen. Gemeint sei die kindliche Vorstellung, dass sehr, sehr viel möglich und die Grenze zwischen Realität und einer fantastischen Idee nicht klar gezogen sei.

Als Beispiele nennt Schliessler das Monster unter dem Bett oder das Kuscheltier, das nachts auf Reisen geht. "Das ist ein ganz wichtiger Entwicklungsschritt, um Fantasie anzuregen, Kreativität zu lernen und auch fürs Spielen ist diese Fähigkeit total wichtig." Dieses "magische Denken" sei aber klar abzugrenzen vom Glauben an Verschwörungstheorien.

Denn eine Voraussetzung ist laut Roland Imhoff von der Uni Mainz ein Verständnis von Gesellschaft und politischer Willensbildung. "Solange ich keinen Begriff von Gesellschaft als komplexes System habe, kann ich auch keiner Verschwörungstheorie anhängen."

Was können Eltern tun?

Was tun, wenn ein Kind, eine Jugendliche oder ein Jugendlicher mit Verschwörungsgläubigen oder deren Erzählungen in Kontakt kommt? Auf Konfrontation gehen und direkt entgegenarbeiten? Keine gute Idee, sagen Experten. Erstmal zuhören, dazu rät Michael Blume. Viele junge Menschen seien bereits in Kontakt mit Verschwörungserzählungen – und könnten diese aber auch als solche einordnen. Erwachsene sollten sich zurückhalten und nicht gleich sagen: "Das darfst du aber nicht mal denken."

Stattdessen rät Blume: "Nicht in Panik ausbrechen, sondern das als Chance nutzen, Kinder stark zu machen. Damit sie eben genau unterscheiden lernen: Was ist richtig? Und was ist falsch?"

Clara Schliessler sieht das mit Blick auf die Jüngeren genauso. Im Kindesalter werde ohnehin "alles Mögliche geglaubt, was nicht wahr ist". Hinter der Anfälligkeit für Verschwörungserzählungen käme auch Neugier zum Ausdruck und ein Bedürfnis zu verstehen, sagt Schliessler. "Und das sollte man ernst nehmen und grundsätzlich begrüßen – und natürlich Grenzen setzen, wenn antisemitische oder rassistische Äußerungen fallen."

Fazit

Kinder und Jugendliche begegnen verschwörungsideologischen Inhalten im Internet, in Kinderbüchern oder durch ihr Umfeld. Empirische Erkenntnisse dazu, wie verbreitet Verschwörungsglaube unter Kindern und Jugendlichen ist, sind widersprüchlich. Gerade Phasen voller Unsicherheit wie die Pubertät können aber potenziell Nährboden für Verschwörungsideologien sein. Bei Kindern spielen Verschwörungsideologien keine Rolle.

Klar ist: Ein Kinderbuch oder ein verschwörungsideologischer Inhalt im Netz alleine reicht nicht dafür aus, dass junge Menschen Verschwörungsglauben entwickeln. Entscheidenden Einfluss auf junge Menschen haben die Eltern. Kommen die eigenen Kinder in Kontakt mit problematischen Inhalten, empfehlen Expertinnen und Experten Eltern, gemeinsam mit den Kindern darüber zu sprechen.

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Disclaimer, 19.01.2024, 12:05. Wir haben den Absatz dazu, wie Jugendliche auch in Chat-Apps wie Discord Verschwörungserzählungen begegnen, präzisiert. Zuerst hatten wir dort den Begriff "Computerspiele" verwendet, das war missverständlich. Wir haben nun präzisiert. Entsprechend haben wir auch den Teaser verändert: Statt "Kinderbücher, Computerspiele, Inhalte im Netz" steht dort nun "Kinderbücher, Chat-Apps, Inhalte in sozialen Medien".

Disclaimer, 20.01.2024, 09:25. Im Absatz zu den Influencern Niklas Lotz und Naomi Seibt haben wir einen Fehler korrigiert. Zuerst stand dort „Beide leugneten auf ihren Kanälen den Klimawandel und die Gefahren von Corona.“ Tatsächlich leugnet aber nur Seibt die Gefahren des menschengemachten Klimawandels. Wir haben deshalb präzisiert: „Seibt leugnete auf ihren Kanälen den menschengemachten Klimawandel und verbreitete Falschnachrichten zu Corona. Lotz gab Verschwörungsnarrative zu COVID-19 wieder.“