Demonstration der Initiative "Querdenken.
Bildrechte: BR Bild

Demonstration der Initiative "Querdenken.

Per Mail sharen
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

#Faktenfuchs: Die Verschwörungstheorie zu "The Great Reset"

Unter dem Titel "The Great Reset" liefert das Weltwirtschaftsforum Vorschläge für eine nachhaltigere Neugestaltung der Wirtschaft nach der Corona-Pandemie. Verschwörungstheoretiker verbreiten dazu ihr eigenes Narrativ. Ein #Faktenfuchs.

Seit letztem Jahr verbreitet sich unter Corona-Leugnern eine neue Verschwörungstheorie, "The Great Reset" - "Der große Umbruch". Die These: Unter der Überschrift "The Great Reset" plane eine globale Finanzelite eine neue Weltwirtschaftsordnung und begründe das durch die Covid-19 Pandemie.

Die Grundlage der Verschwörungstheorie

Das Weltwirtschaftsforum (World Economic Forum WEF) bezeichnet sich selbst als Internationale Organisation für Öffentlich-private Kooperation und wurde 1971 als Stiftung in der Schweiz gegründet. Bekannt ist das WEF für sein alljährliches Treffen in Davos: Dort kommen Spitzenpolitiker, führende Wirtschaftsexperten, Wissenschaftler und gesellschaftliche Akteure zusammen, um über Wirtschafts-, Sozial- und Umweltpolitik zu diskutieren.

Bei einem virtuellen Treffen im Juni 2020 beschäftigte sich das Weltwirtschaftsforum mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie und stellte eine neue Initiative vor: "The Great Reset" - "Der Große Umbruch" - die sich mit der Frage befasst, wie die Weltwirtschaft nach der Covid-19-Pandemie nachhaltiger und gerechter gestaltet werden könne.

Der Gründer des Weltwirtschaftsforums, Klaus Schwab, veröffentlichte im Juli 2020 gemeinsam mit dem Autor Thierry Malleret ein Buch mit dem Titel "Covid-19:Der grosse Umbruch". Darin schreiben sie: "Es geht darum, die Welt weniger gespalten, weniger verschmutzend, weniger zerstörerisch, integrativer, gerechter und fairer zu machen, als wir sie in der Zeit vor der Pandemie hinter uns gelassen haben." (K. Schwab, T. Malleret: Covid-19: Der grosse Umbruch, Schlussfolgerung, S. 293).

Die Corona-Pandemie und die dadurch entstandenen wirtschaftlichen Auswirkungen zögen nicht nur negative Auswirkungen mit sich, sondern könnten auch als Chance betrachtet werden. Die Pandemie ist laut Schwab eine Gelegenheit, um Wirtschaft neu zu denken. Er und Malleret betonen in ihrem Buch, dass der "Stakeholder-Kapitalismus" in Zukunft immer wichtiger werde. Das heißt, dass Unternehmen nicht mehr nur daran interessiert sein sollten, ihre Profite zu maximieren, sondern auch anderen Gruppen bzw. Themen, den "stakeholdern", eine zentralere Rolle einzuräumen, etwa Nachhaltigkeit und Umweltschutz - aber auch den Beschäftigten. (Schwab, Malleret: Covid-19: Der grosse Umbruch, S. 217)

Dieser Ansatz ist nicht neu. Schon beim Weltwirtschaftsforum 2019 ging es unter anderem um die Gefahren durch den Klimawandel und die Frage, wie man nicht nur ökonomischen Wohlstand, sondern auch das gesellschaftliche Wohlbefinden steigern könne. Doch die Verknüpfung mit der Covid-19-Pandemie lieferte 2020 eine Steilvorlage für Verschwörungstheoretiker.

  • Der #Faktenfuchs klärt auch in diesem Video, was es mit der Theorie zum "Great Reset" auf sich hat, wer Klaus Schwab ist und was sein Buch mit einer angeblichen Weltverschwörung zu tun hat:

Dominierende Verschwörungstheorie

Seit Beginn der Pandemie verbreiten sich die unterschiedlichsten Verschwörungstheorien dazu, was und wer angeblich hinter der Pandemie stecken könnte. Im Juli 2020 äußerte sich der Journalist Ernst Wolff auf der Internetseite des bekannten Verschwörungstheoretikers Ken Jebsen alias "KenFM" zu den vermeintlichen Hintergründen des "Great Rese".

Dieser sei "eine Art Schocktherapie", mit der die finanzielle und politische Elite der Welt innerhalb kürzester Zeit Veränderungen durchsetzen wolle. "Und dazu haben die Eliten ganz offensichtlich in diesem Jahr den passenden Partner gefunden: Das neue Corona-Virus." Die Eliten würden ihre Selbstsucht hinter der vorgeschobenen Sorge um das gesundheitliche Wohl der Bevölkerung verstecken - für Wolff eine "absurd anmutende Verdrehung der Tatsachen."

Auch der Kopp-Verlag, der laut eigener Aussage auf unbequeme Wahrheiten und unterdrückte Informationen hinweist, verlegt ein Buch des Autors Peter Orzechowski, das die Verschwörungstheorie des "Great Reset" verbreitet. In "Durch Corona in die neue Weltordnung" heißt es im Klappentext: "Politik und Medien wollen uns glauben machen, die Bedrohung sei ein Virus. Sie nennen es Covid-19. Aber dieses Virus dient einer global operierenden Elite nur als Vorwand, unser Zusammenleben komplett neu zu ordnen." Die Elite würde daran arbeiten, die Grundbausteine der Gesellschaft zu zerstören: die Familie, das Vertrauen in Recht und Gesetz und vor allem die Freiheit. Als Neue Weltordnung wird in verschiedenen Verschwörungstheorien das angebliche Ziel von Eliten und Geheimgesellschaften bezeichnet, eine autoritäre, supranationale Weltregierung zu errichten.

Der Verschwörungstheorie-Experte Michael Butter von der Universität Tübingen sagt im Gespräch mit dem #Faktenfuchs: „"Ganz schnell gab es die Vermutung, dass das Ganze dazu dienen sollte, die Wirtschaft auf der Welt grundlegend neu zu ordnen und sie entsprechend dahingehend zu verändern, dass die großen Konzerne noch mehr Macht bekommen und der Neoliberalismus noch stärker wird." Seit dem Herbst dominiere die Verschwörungstheorie zum "Great Reset" die Diskussionen über die angeblichen langfristigen Folgen der Pandemie.

Konferenzen beliebter Auslöser für Verschwörungstheorien

Treffen wie das des Weltwirtschaftsforums in Davos oder auch die Bilderberg-Konferenz, bei denen hochkarätige Personen aus Wirtschaft und Politik zusammenkommen, eigneten sich gut, um daraus eine Verschwörungserzählung zu stricken, sagt Josef Holnburger, Politikwissenschaftler und Geschäftsführer des Centers für Monitoring, Analyse und Strategie (CeMAS): "Verschwörungserzählungen haben immer den Gegenstand, dass es eine kleine Gruppe von Personen gibt oder eine Einzelperson, die etwas Böses machen will, einen illegitimen Zweck herbeiführen will und sich dabei eines umfassenden Machtapparats bedienen kann."

Eine Verschwörung, unterschiedliche Auslegungen

Die Verschwörungstheorie zum "Great Reset" sei "transnational", sagt Butter. Allerdings nehme sie in Nordamerika andere Ausprägungen an als in Europa: In den USA und Kanada werde erzählt, dass der Sozialismus eingeführt werden solle. Dort werde das Buch von Weltwirtschaftsforum-Gründer Klaus Schwab so interpretiert, dass der Neoliberalismus mehr oder weniger am Ende sei und eine Verschiebung des Kapitals von der besitzenden Klasse zu den Arbeitenden stattfinde.

Als Beleg dafür werden Zitate aus Schwabs Buch herangezogen. Er schreibt, dass es in der Ära nach der Pandemie zu einer massiven Umverteilung des Reichtums kommen wird, "von den Reichen zu den Armen und von Kapital zur Arbeit." (Covid-19: Der grosse Umbruch, S. 88). Dies wird als Beleg gesehen, dass die Akteure des "Great Reset" den Sozialismus bzw. Kommunismus einführen wollen.

In Europa werde behauptet, es ginge um eine "Steigerung des Neoliberalismus", so Butter. Es ginge darum, den großen Konzernen noch mehr Geld zu geben und den Arbeitnehmern Macht wegzunehmen. Der wahre Grund der Pandemie sei demnach die Zerstörung des Mittelstandes, Menschen und Regierungen sollen von den Großkonzernen abhängig gemacht werden, deshalb würden zum Beispiel Rettungspakete für Großkonzerne geschnürt. In Europa dominiert also genau das gegenteilige Narrativ zu dem in den USA und Kanada.

WEF-Gründer Klaus Schwab als zentrale Figur

Dreh- und Angelpunkt der Verschwörung rund um den "Great Reset" ist der Gründer des Weltwirtschaftsforums, Klaus Schwab. Häufig werden Fotos von Schwab geteilt, die ihn in einer Robe zeigen, zusammen mit Zitaten aus seinem Buch. Der Mechanismus dahinter: Emotionalisierung.

Josef Holnburger vom CeMAS sagt: "Es geht sehr stark darum, dass man die Person Klaus Schwab negativ auflädt. Da hat man Fotos von Klaus Schwab in einer Kutte und meint das als Beweis zu sehen, dass er eigentlich Satanist wäre."

Bei der Verwendung von Begriffen wie Satanist oder "absolut böse" geht es laut Holnburger darum, den Diskurs zu emotionalisieren. Es gibt tatsächlich Fotos von Klaus Schwab in dieser schwarzen Robe, das Kleidungsstück ist aber kein Merkmal einer Sekte oder eines anderen geheimen Zirkels. Sie wird an der Technischen Universität Kaunas in Litauen zu feierlichen Anlässen getragen. 2017 verlieh die Hochschule Klaus Schwab die Ehrendoktorwürde. Bei der festlichen Zeremonie trugen sowohl Schwab als auch weitere Professoren der Universität diese Roben.

Bildrechte: BR Grafik
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Irreführende Darstellung des WEF-Gründers Klaus Schwab

Die Zitate, die von Verschwörungstheoretikern mit den Bildern von Klaus Schwab in schwarzer Robe verknüpft werden, sollen als Beleg für die Bedrohung gelten, die angeblich von Schwabs Initiative des "Great Reset" ausgeht.

Bildrechte: BR Grafik
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Aus dem Zusammenhang gerissene und teilweise falsche Zitate aus "The Great Reset".

Der BR24-#Faktenfuchs hat alle Zitate auf dieser Tafel gecheckt. Einige von ihnen hat Schwab so nicht formuliert, sie wurden zugespitzt. Andere Zitate sind korrekt wiedergegeben, z.B. die Zitate: "Eine der größten Gefahren für die Zeit nach der Pandemie sind soziale Unruhen" und "in einigen extremen Fällen könnte dies zum Zerfall der Gesellschaft und zum politischen Zusammenbruch führen." (Beides Schwab, Malleret: Covid-19: Der grosse Umbruch, S. 95).

Das hat Klaus Schwab zwar so geschrieben, die Zitate sind aber aus dem Gesamtzusammenhang gerissen. So schreibt Schwab in seinem Buch auf Seite 96, dass es schon lange, bevor die Pandemie sich ausbreitete, zu einem Anstieg von sozialen Unruhen gekommen sei. Die Gefahr sei also nicht neu, sie werde jedoch durch Covid-19 verstärkt.

Die Schwierigkeit, Verschwörungstheorien zu widerlegen

Die Strategie, Fotos mit Zitaten zu verknüpfen, ist häufig bei Verschwörungserzählungen. Josef Holnburger von CeMAS sagt im Gespräch mit dem #Faktenfuchs: Bilder mit verkürzten emotionalen Zitaten funktionierten in den sozialen Netzwerken laut der aktuellen Forschung besonders gut. "Die Beiträge, die hoch emotionalisieren und zwar im Sinne von wütend machen, die klicken sich am häufigsten, die werden auch am häufigsten geteilt."

Dass sich Verschwörungstheoretiker bei Originalzitaten bedienen, ist laut Holnburger eine häufig angewandte Taktik, um ihr Narrativ zu belegen. Die Zitate, das Buch, dienen als vermeintlicher Beleg der Verschwörung. Das macht es laut Holnburger auch so schwierig, Verschwörungstheorien wie den "Great Reset" mit Fakten zu widerlegen. Denn die Argumentation laute immer: Die Initiative, das Buch, gebe es ja wirklich. "Das heißt aber nicht, dass das, was dort diskutiert wird, überhaupt in den Verschwörungserzählungen korrekt aufgegriffen wird, sondern es wird meist aufgeladen mit weiteren Verschwörungserzählungen, die man da gerne reinlesen würde."

Antisemitische Verschwörungstheorie

Mit der Theorie des "Great Reset" wird laut Holnburger auf die jüdische Weltverschwörung angespielt und diese neu erzählt: "Es geht quasi um einen globalen Umbruch der Wirtschaft, dass Eigentum nochmal neu gedacht wird. Und da wird dann ein Rückgriff auf alte antisemitische Stereotype gezogen und davon gesprochen, dass der Kommunismus oder das Weltjudentum eingeführt werden würde."

Die meisten Verschwörungstheorien der Gegenwart existieren laut Professor Butter von der Universität Tübingen "multiversional". "Das heißt, es gibt das immer in einer ganz explizit antisemitischen Variante. Dann gibt es eine Variante, wo wir das finden würden, was man sekundären Antisemitismus nennt, der sich an gewissen Codes und Chiffren festmacht. Wo man dann von der ‚Ostküstenelite‘ spricht, einer wohlhabenden, liberalen Elite Amerikas. Oder von den ‚Zionisten‘, den Rothschilds oder George Soros." Die Familie Rothschild und George Soros werden von manchen Verschwörungsgläubigen als Code für eine angeblich jüdische Weltverschwörung benutzt.

Der Kreis der angeblich an der Verschwörung Beteiligten wird ständig erweitert. Insbesondere diejenigen, denen man in Europa unterstellen könne neoliberale Politik zu machen, würden in die Verschwörungstheorie eingebaut, sagt Verschwörungstheorie-Experte Michael Butter. Dazu gehören beispielsweise Friedrich Merz, Angela Merkel oder Markus Söder.

Foto von Annalena Baerbock mit George Soros verbreitet sich

Zuletzt traf es Annalena Baerbock, die Kanzlerkandidatin von Bündnis90/ Die Grünen. Noch am Tag, an dem sie ihre Kandidatur verkündete, verbreitete sich in sozialen Netzwerken ein Foto von ihr mit dem Investor George Soros, dazu schrieben User Kommentare wie: "Ich gratuliere George Soros zur Kanzlerkandidatur".

Michael Butter findet es wenig überraschend, dass der Grünen-Politikerin Baerbock nun auch unterstellt werde, Teil der Verschwörung zu sein: "Verschwörungstheorien sind immer Machttheorien", sagt er. "Und diesen Leuten wird dann unterstellt, dass sie unlautere Motive verfolgen."

Das Foto mit George Soros ist echt - Annalena Baerbock hat es 2019 selbst auf ihrem Instagram-Profil in einer Bildergalerie veröffentlicht (siehe links im Bild), gemeinsam mit anderen Aufnahmen von der Münchner Sicherheitskonferenz.

Bildrechte: BR Grafik
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Foto von Annalena Baerbock und George Soros verbreitet sich.

Außerdem wird Baerbock mit der angeblichen Verschwörung verknüpft, weil sie Teil des Forums "Young Global Leaders" ist, einer Initiative des Weltwirtschaftsforums. Auf der Webseite des Forums findet sich ein Eintrag zu ihr mit Foto, sie wird als aktives Mitglied gelistet. So sei Baerbock von Schwab "auf Linie" gebracht worden, lautet der Vorwurf von Anhängern der Verschwörungstheorie.

Bekanntes Mittel: angebliche visuelle Beweisführung

Hier handelt es sich um eine angebliche "visuelle Beweisführung". Das ist eines der Kriterien, die Falschmeldungen besonders erfolgreich machen können, wie die Kommunikationswissenschaftlerin der Ludwig-Maximilians-Universität, Viorela Dan, in diesem Artikel erläutert. Ein öffentliches Foto von Annalena Baerbock mit Soros dient also als "Beleg" dafür, dass sie Teil einer geheimen Verschwörung sei.

Laut dem Verschwörungstheorie-Experten Butter wird diese angebliche Beweisform sehr häufig verwendet beim Narrativ um den "Great Reset": Jemand wie Klaus Schwab als Gründer und Leiter des Weltwirtschaftsforums oder auch George Soros habe viel Kontakt mit mächtigen Menschen aus Politik und Wirtschaft. Deswegen gebe es auch sehr viele Bilder, die Schwab mit diesen Menschen zeigen. "Entsprechend konnten diese Menschen ganz leicht an die Verschwörungstheorie angebaut werden."

Warum wird nun auch den Grünen unterstellt, Teil davon zu sein?

Nicht nur die Kanzlerkandidatin und Parteivorsitzende der Grünen, Annalena Baerbock, ist, wie geschildert, von den Verschwörungserzählungen um den "Großen Umbruch" betroffen, auch ihre Partei ist es. Auch wenn die Grünen oder Bewegungen wie "Fridays for Future" oder "Black Lives Matter" nicht neoliberal orientiert sind, werden sie trotzdem in die Theorie eingebaut.

Die Grünen haben sich laut Michael Butter in den letzten Jahren pragmatischer ausgerichtet; in manchen Umfragen liegen sie vor CDU/CSU. Den Grünen werde deshalb immer wieder vorgehalten, dass sie ihre eigentlichen Werte aufgeben und immer neoliberaler würden. Insofern sei es kein Wunder, dass den Grünen jetzt unterstellt werde, dass sie angeblich auch in dieser Verschwörung "mit drinhängen" würden.

Experte: "Versuch der Delegitimierung der liberalen Demokratie"

Dass wie in dem oben gezeigten Tweet unterstellt wird, statt Baerbock sei der Investor Soros der eigentliche Kandidat für die Bundestagswahl, halten Politikwissenschaftler wie Uwe Jun von der Universität Trier für sehr bedenklich. Man wolle damit suggerieren, dass Politiker Marionetten seien und Wahlen in Wahrheit nur das bestätigen sollen, was mächtige Personen auf dieser Welt entschieden hätten. "Und das ist ein Versuch der Delegitimierung der liberalen Demokratie."

Dieses Methode der Deligitimierung nutzte auch die AfD in ihrem Landtagswahlkampf in Baden-Württemberg. In ihrem Wahlprogramm schreibt sie zum Punkt Energieversorgung/ Automobilindustrie: "Zur Durchsetzung der 'Großen Transformation' (Great Reset) - eines Systemwechsels, weg von sozialer marktwirtschaftlicher Demokratie, hin zum grünen Staatssozialismus - laufen in Deutschland seit langem Kampagnen gegen die Kernenergie und die Nutzung fossiler Energieträger."

Auch im laufenden Bundestagswahlkampf greift der AfD Kreisverband Stuttgart das Narrativ des "Great Reset" auf. Ein Tweet stellt eine Verbindung zwischen Angela Merkel, und dem "Milliardär" Schwab her - die beiden seien im Geiste bezüglich des "Great Reset" vereint. Und auch die Bundestagsfraktion der AfD geht auf den "Great Reset" ein: In Bezugnahme auf Gefahren einer ihrer Ansicht nach weltweit zunehmende Regulierung durch Klimapolitik und Migration verwies der parlamentarische Geschäftsführer Bernd Baumann auf die Initiative "Great Reset" des Weltwirtschaftsforums. Die Politik des sogenannten “Great Reset” habe nicht mehr viel mit Freiheit und Marktwirtschaft zu tun, so Baumann.

Hans-Georg Maaßen verbreitet Verschwörung zu "The Great Reset"

Neben der AfD greift auch Hans-Georg Maaßen die Verschwörungstheorie des "Great Reset" auf. Maaßen ist ehemaliger Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz und derzeitiger Direktkandidat der CDU in Thüringen für den Bundestag. In einem Livestream der "Werteunion" - die sich selbst als "konservative Basisbewegung in der CDU/CSU" beschreibt - sagte er im Dezember 2020: "Jeder, der von einem großen Reset oder einer großen Transformation träumt, muss wissen, dass dies als Kriegserklärung gegenüber der freiheitlich demokratischen Grundordnung verstanden werden kann".

Dass Maaßen auf die Verschwörungstheorie des Great Reset eingeht, sieht Politikwissenschafter Holnburger kritisch: "Hans-Georg Maaßen schafft es durch seine Verschwörungserzählung zum Great Reset tatsächlich, dass mehr Menschen Zugang zu diesen teils antisemitischen Verschwörungstheorien bekommen und sie damit auch normaler im Diskurs werden."

Fazit:

Die Verschwörungstheorie "The Great Reset" basiert auf einer gleichnamigen Initiative des Weltwirtschaftsforums, das 2020 Vorschläge für eine nachhaltigere, gerechtere Weltwirtschaft nach der Covid-19-Pandemie vorstellte. Darauf aufbauend wird die Verschwörung verbreitet, dass eine internationale Finanzelite eine neue Weltordnung zu ihrem Vorteil einführen wolle und die Pandemie dafür als Vorwand nehme.

Die Verschwörungserzählung bedient sich bereits existierender, teilweise antisemitischer Verschwörungserzählungen und verbreitet sich vor allem durch starke Emotionalisierung in den sozialen Netzwerken. Die Verschwörungserzählung hat Einzug in den aktuellen Bundestagswahlkampf gehalten. Parteien wie die AfD und Direktkandidaten wie Hans Georg Maaßen versuchten damit laut Experten, die liberale Demokratie zu delegitimieren.

"Darüber spricht Bayern": Der neue BR24-Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!