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Sondergipfel: Die Pläne der Ampel für mehr Tierwohl

Die Nutztierhaltung in Deutschland soll laut Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir zukunftsfest werden: Weniger Tiere, mehr Platz im Stall. Was das Maßnahmenpaket der Ampel noch alles beinhaltet und was die Agrarminister dazu sagen.

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Es ist ein großes Ziel des deutschen Landwirtschaftsministers: Wenn es nach Cem Özdemir von den Grünen geht, dann gibt es in Zukunft in Deutschland insgesamt weniger Schweine, Rinder oder Hühner. Die sollen dann aber mehr Platz im Stall haben und besser leben. Mehr Tierwohl - dafür bringt die Ampelkoalition gerade ein Paket an Maßnahmen auf den Weg.

Maßnahmen für mehr Tierwohl

Das besteht zum einen aus einer verbindlichen Tierhaltungskennzeichnung - eine Art Tierwohllabel. Die Menschen sollen dadurch in Zukunft erkennen können, wie die Tiere gehalten werden. Da gibt es zum Beispiel die Stufe "Stall plus Platz", wenn Tiere etwas mehr Platz im Stall haben als der Standard. Oder es gibt die Stufe "Weide Auslauf", wenn sie nach draußen können. Auch "Bio" ist eine Variante. Das Kennzeichen soll erstmal nur für Schweine gelten und auch nur für frisches Fleisch. Wurstwaren werden vorerst nicht einbezogen. "Ein Anfang", sagt dazu Agrarminister Özdemir.

Wenn Schweinehalter eine bessere Stufe des Labels anbieten wollen, müssen sie meist investieren. Zum Beispiel ihren Stall umbauen - hin zu mehr Tierwohl. Der Bund will die Bauern da mit Geld unterstützen und stellt eine Milliarde Euro in Aussicht. Der Bauernverband und auch viele Landesagrarminister sagen, das sei viel zu wenig. Ein solcher Stallumbau scheitert im Moment teils auch an Vorschriften, und die sollen angepasst werden.

Kritik von der Union

Landesagrarminister vor allem von CDU und CSU kritisieren, dass es kein Gesamtkonzept gibt, sondern Kennzeichnung und Geld sich erstmal nur auf die Schweinehaltung beschränken. Sie fürchten, dass mehr Landwirte aufhören und dann mehr Fleisch aus dem Ausland kommt. Bei ihrer Sonderkonferenz werden die Agrarminister um den richtigen Weg für die Zukunft der Tierhaltung ringen.

Emissionsschutz noch zu klären

Bundesminister Özdemir jedenfalls streckt die Hand aus, sagt er vor dem heutigen Sondergipfel mit den Kolleginnen und Kollegen der Länder. Der Agrarausschuss habe das Konzept bewilligt und das sei zu Recht die Erwartung der Landesagrarminister gewesen. Er halte seine Versprechen in Form des Bundesprogramms. Die Tierhaltungskennzeichnung und das Baugesetzbuch sind auf den Weg gebracht, nun fehle noch das Thema Emissionsschutz. Und das hofft Özdemir auf der Sonder-Agrarministerkonferenz gemeinsam zu beschließen.

Die TA-Luft (Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft) beinhaltet im Grunde alle Vorschriften, die die Emission von Schadstoffen auf ein Minimum reduzieren soll. Dieses Regelwerk besteht für Industrieanlagen, aber eben auch für Ställe. Schweine dünsten beispielsweise Ammoniak aus.

Genehmigungen erleichtern

In der Praxis führt das dazu, dass ein Landwirt, der umbauen will, damit seine Schweine zum Beispiel nach draußen können, unter Umständen dafür keine Genehmigung bekommt. In einem geschlossenen Stall ist es möglich, Luftfilter einzubauen, beim Auslauf ist das jedoch schwierig. Viele Landwirte wollen was tun, bekommen jedoch auf diese Weise Steine in den Weg gelegt. Diese Vorschriften könnten nun zumindest gelockert werden um derartige Vorgänge zu erleichtern. In letzter Instanz sind hierfür die Bundesländer zuständig, eine Einigung auf einheitliche Regeln erscheint jedoch denkbar.

Die Kennzeichnungspflicht ist nur der Anfang

Die Tierhaltungskennzeichnung ist nicht mit einer strengeren Vorschrift für die Haltung allgemein verbunden. Schweinehalter müssen sich in einer der 5 geplanten Stufen einsortieren. Also geht es erstmal nur um eine Info für die Verbraucherinnen und Verbraucher - vorerst verbindlich nur für Fleisch aus Deutschland und auch erst mal nur vom Schwein.

Landwirtschaftsminister Cem Özdemir begründet die aktuelle Einschränkung damit, dass er jetzt einfach loslegen wollte, statt langwierig ein Komplettpaket zu schnüren, das dann alles beinhaltet. Das Siegel muss die EU ohnehin absegnen, und aus Sicht des Ministeriums ist das jetzt erst mal ein Test. Danach soll es nach und nach erweitert werden. Kritiker bemängeln dennoch, dass das so wenig umfasst, auch weil aktuell nur die Mast und nicht der Anfang des Schweinelebens einbezogen wird.

Kritik aus Bayern und von Tierschützern

Die Agrarministerinnen und Agrarminister sind bei dieser Tierwohlkennzeichnung uneins. Vor allen die Landesminister von CDU und CSU halten das für vermurkst. Die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber bemängelt etwa, dass es nur um Fleisch aus Deutschland geht. Es könne nicht sein, dass Fleisch aus dem Ausland ungekennzeichnet den Weg nach Deutschland findet. Das sei ein klarer Wettbewerbsnachteil für unsere Bauernschaft. Offenbar wollte die Bundesregierung jedoch nicht riskieren, dass die Kennzeichnung nicht abgesegnet wird, denn die Kennzeichnungspflicht auf andere Länder auszuweiten, würde lange Verhandlungen mit der EU nach sich ziehen.

Tierschützer bemängeln ebenfalls, dass die Kennzeichnung so eng gefasst ist. Auch sei die Kennzeichnung ist zu lasch und mit zu wenig Fortschritt verbunden. Sie schlagen vor, erst einmal zu evaluieren, wie die Verbraucher das Siegel verstehen, bevor man da jetzt etwas auf den Markt bringt, das dann scheitert.

Ein Schwein im Stall.
Bildrechte: Bayerischer Rundfunk 2023
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Weniger Tiere im Stall und eine artegerechtere Haltung - das ist das Ziel der Agrarreform, die Landwirtschaftsminister Özdemir vorgestellt hat.

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