Schweine im Stall
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Marijan Murat

Mit dem neuen Label sollen Verbraucherinnen und Verbraucher schnell erkennen können, wie die Schweine gehalten wurden. (Symbolbild)

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Staatliches Tierhaltungslabel: Viel Kritik und ein wenig Lob

Das staatliche Tierhaltungslabel hat die nächste Hürde genommen: Nach jahrelangen Debatten landet der Gesetzentwurf von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir nun im Bundestag. Doch viele sind mit dem neuen Siegel unzufrieden.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Infoblock am .

Der Agrarausschuss des Bundestags hat den Weg für ein staatliches Tierhaltungslabel geebnet. Die Abgeordneten der Ampelkoalition stimmten am Mittwoch für den Gesetzentwurf von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne). Nach jahrelangen Diskussionen soll es nun ein verbindliches Siegel für unverarbeitetes Schweinefleisch geben, damit Verbraucherinnen und Verbraucher beim Einkaufen gleich erkennen können, wie die Tiere gehalten wurden. Über das "Tierhaltungskennzeichnungsgesetz" wird nun im Bundestag beraten.

Für Grünen-Politikerin Renate Künast war das ein besonderer Tag. Das Gesetz schaffe Transparenz für tierische Erzeugnisse, erklärt sie in einem Statement auf Social Media. Jahrzehntelang habe man darüber diskutiert, die letzten beiden Minister seien nicht weitergekommen. Jetzt gehe es los.

Scharfe Kritik aus der CDU/CSU-Fraktion

So begeistert zeigen sich die wenigsten. Die CDU/CSU-Fraktion, deren Minister Christian Schmidt (CSU) und Julia Klöckner (CDU) jahrelang selbst ein staatliches Label geplant hatten, wies im Ausschuss darauf hin, dass es mit der Initiative Tierwohl (ITW) bereits seit vielen Jahren ein freiwilliges Label der Fleisch-Branche gebe. Ein Umdenken beim Fleischkauf habe das Siegel aber nicht bewirkt.

In einer offiziellen Mitteilung kritisierten CDU und CSU außerdem, dass Cem Özdemir die Verbraucher täusche. Beim Kauf von frischem Schweinefleisch würden die Kunden beispielsweise nicht erfahren, ob das Ferkel im Ausland betäubungslos kastriert worden sei, so Steffen Bilger, der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

Kein Label für verarbeitetes Fleisch

Laut Gesetzesentwurf soll Schweinefleisch im Handel bald in fünf verschiedene Haltungsstufen unterteilt werden: "Stall", "Stall+Platz", "Frischluftstall", "Auslauf/Weide" und "Bio". Steffen Bilger kritisiert, dass es für die Haltungsstufe 2 "Stall+Platz" nun ausreicht, wenn die Tiere 12,5 Prozent mehr Platz haben als gesetzlich vorgeschrieben. Vor vier Jahren habe Grünen-Politikerin Renate Künast noch kritisiert, 20 Prozent mehr Platz sei zu wenig. Der agrarpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Albert Stegemann, stört sich außerdem daran, dass verarbeitetes Schweinefleisch in Fertigprodukten, in der Gastronomie oder Kantinen nicht mit einbezogen wurde.

Auch Tierschutzverbände sind unzufrieden

Tierschützern geht der Gesetzesentwurf ebenfalls nicht weit genug. Als Orientierungsgrundlage beim Einkauf und Anreiz für den Umbau der Tierhaltung falle der Entwurf durch, so der Verein "Provieh". Er kritisierte, das neue staatliche Label solle eine Veränderung hin zu mehr Tierschutz viel stärker fördern. Die Tierschützer stören sich zum Beispiel an der Haltungsform "Auslauf/Weide". Der Begriff sei täuschend, denn darunter falle auch Stallhaltung mit Betonauslauf.

Thomas Schröder, der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, betonte in einer Mitteilung: "Lieber keine Kennzeichnung als diese Kennzeichnung, die null Verbesserungen im Tierschutz bringt."

Lob aus der SPD-Fraktion - Unterstützung für Landwirte

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir sagte hingegen, das geplante Gesetz biete mehr Tier- und Verbraucherschutz und bringe Perspektiven für die Betriebe. Für Landwirte stelle er eine Milliarde Euro Anschubfinanzierung bereit, denn weniger Tieren mehr Platz zu geben, bedeute erst einmal Einnahmeausfälle, erklärte er im ARD-Talk "Hart aber Fair".

Lob gab es außerdem von der von der landwirtschaftspolitischen Sprecherin der SPD-Fraktion, Susanne Mittag. Sie sagte, Verbraucherinnen und Verbraucher könnten künftig anhand der verpflichtenden Kennzeichnung bewusste Kaufentscheidungen treffen.

Die Kennzeichnung von frischem Schweinefleisch soll nur den Anfang darstellen. Nach der Sommerpause 2023 soll das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz auf andere Fleischarten ausgeweitet und auch die Außer-Haus-Verpflegung und Gastronomie einbezogen werden.

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