In diesem Gebäude im Gewerbegebiet von Rott am Inn plant der Landkreis Rosenheim die Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge und Asylbewerber.
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In diesem Gebäude im Gewerbegebiet von Rott am Inn plant der Landkreis Rosenheim die Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge und Asylbewerber.

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Neue Erstaufnahme für Flüchtlinge – Rott kündigt Widerstand an

Streit und Sorge in Rott am Inn: Der Landkreis Rosenheim plant dort eine große Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge und Asylbewerber – mitten im Gewerbegebiet. Der Bürgermeister fällt aus allen Wolken. Er hält die Entscheidung für einen Fehler.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

In dem kleinen Ort Rott am Inn brodelt die Gerüchteküche, seit vor zwei Tagen bekannt wurde, dass hier eine große Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge und Asylbewerber entstehen soll. Der Landkreis Rosenheim hat zu diesem Zweck bereits ein entsprechendes leer stehendes Gebäude gemietet. Es handelt sich um eine 3.000 Quadratmeter große Industriehalle mitten in einem Gewerbegebiet.

Die neue Einrichtung in Rott soll laut Landratsamt Rosenheim künftig die Erstaufnahme des gesamten Landkreises Rosenheim abdecken. Das heißt: Es werden immer wieder neue Menschen in die Halle einziehen, bis man nach einigen Monaten eine geeignete Wohnung für sie findet und ihr Platz in dieser Erstaufnahmeeinrichtung an die nächsten Flüchtlinge und Asylbewerber freigegeben wird.

Turnhallen sollen für Schulsport und Vereine frei werden

Als Folge dessen könnten die seit mehr als einem Jahr belegten Turnhallen in Bruckmühl und Raubling wieder für den Schul- und Vereinssport zur Verfügung stehen. Dort sind aktuell 260 Menschen untergebracht, was für harsche Kritik durch die Eltern sorgt, weil ihren Kindern kein Sportunterricht möglich ist.

Landrat Otto Lederer verweist auf die Migrationspolitik des Bundes. Solange sich daran nichts ändere, seien ihm und andere Landräte faktisch die Hände gebunden. "Bis dahin muss ich die Bürgerinnen und Bürger um Verständnis dafür bitten, dass die Obdachlosigkeit von uns zugewiesenen Personen keine gangbare Alternative darstellt."

Rotter Bürgermeister vorab nicht über Pläne informiert

Landrat Otto Lederer informierte den Rotter Bürgermeister Daniel Wendrock unmittelbar nach der Landtagswahl am Montagmittag telefonisch über die Pläne. Wendrock sagt, ihm sei bei dem überraschenden Gespräch "mehr oder weniger die Gabel aus der Hand gefallen". Vor dieser Entscheidung habe es keinerlei Vorgespräche mit der Gemeinde gegeben.

Dann hätte der Rotter Bürgermeister die baurechtliche Zulässigkeit des Vorhabens infrage gestellt, meint er. Zum Beispiel habe die Rotter Kläranlage altersbedingt ihre Kapazitätsgrenze erreicht. Es könnten nicht ohne Weiteres 300 neue Nutzer angeschlossen werden.

4.000-Einwohner-Ort sieht sich überfordert

Wendrock stellt sich klar gegen den Beschluss und kündigte Widerstand an. Er hält die Entscheidung des Landratsamtes aus mehreren Gründen für eine klare Fehlentscheidung: Zum einen sei eine Industriehalle in einem Gewerbegebiet ohne Außenanlagen absolut ungeeignet und menschenunwürdig. Zum anderen werde Rott mit seinen 4.000 Einwohnern überproportional belastet – zum Vergleich: Bruckmühl und Raubling hätten zusammen etwa 30.000 Einwohner.

Dabei sei Rott selbstverständlich bereit, an der Integration und der Aufnahme von Menschen mitzuwirken – aber nur in einem Maße, das die Möglichkeiten des kleinen Ortes nicht übersteige, betont Wendrock: "Zu einer Solidargemeinschaft gehört für mich auch, dass nicht einer allein und zu einem großen Teil die Last tragen darf."

Landratsamt Rosenheim: Entscheidung ist alternativlos

Das Landratsamt Rosenheim macht klar: "Eine geeignete Immobilie in ausreichender Größe war lange Zeit nicht zu finden. Der Standort in Rott ist mangels anderer Angebote daher alternativlos." Im nächsten Schritt wird das Landratsamt bei der Gemeinde einen Bauantrag auf Nutzungsänderung stellen. Dann seien noch Baumaßnahmen am Gebäude nötig.

Die schutzsuchenden Menschen werden voraussichtlich erst in einigen Monaten in die neu geschaffene Unterkunft einziehen können.

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