Skitourengeher werden auf einem Schild des Deutschen Alpenvereins (DAV) an der Talstation der Tegelbergbahn auf eigenes Risiko hingewiesen.
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Skitourengeher werden auf einem Schild des Deutschen Alpenvereins (DAV) an der Talstation der Tegelbergbahn auf eigenes Risiko hingewiesen.

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"Schneearm, aber anspruchsvoll": Der Lawinenwinter in Bayern

Auch wenn es im vergangenen Winter wenig Schnee gab, bedeutete das für den Lawinenwarndienst Bayern keinesfalls Entwarnung. Denn schneearme Winter werden häufig unterschätzt. Aber: Es gab keine Todesopfer. Eine Lawinenart ist auch jetzt gefährlich.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

"Der Wind ist der Baumeister der Lawine": An diesem Satz des ersten Deutschen Lawinenforschers Wilhelm Paulcke kam auch in der vergangenen Wintersaison kein Bergsteiger und Skitourengeher vorbei. Die Verbindung von Neuschnee und Wind sorgte immer wieder für hohe Gefahrenstufen. Todesopfer gab es aber zumindest im bayerischen Alpenraum nicht zu beklagen.

Ständig wechselnde Gefahrenstufen, aber keine Toten

"Es war ein Winter der Aufs und Abs", bilanziert der Chef des Lawinenwarndienstes Bayern, Thomas Feistl. "In jedem Monat hat größerer Schneefall erst die Lawinengefahr ansteigen lassen, danach ließen warme Temperaturen den Schnee wieder schmelzen." Entsprechend pendelten die Warnstufen ständig zwischen 1 (gering) und 3 (erheblich). Große Lawinengefahr (4) gab es laut Feistl in der vergangenen Wintersaison nur an drei Tagen, "das war in der gefährlichsten Phase dieses Winters, Anfang Februar, und da gab es dann auch die meisten Unfälle".

Dennoch endeten alle acht Lawinenunfälle mit Personenbeteiligung glimpflich - es gab Verletzte, aber keine Toten. So auch Ende Januar auf der Zugspitze: Dort wurden drei 20-jährige Skitourengeher von einer Lawine erfasst und rund 100 Meter mitgerissen. Zwei konnten sich selbst aus den Schneemassen befreien. Die beiden retteten ihrem Kameraden vermutlich das Leben - er war über eineinhalb Meter verschüttet und bewusstlos, als sie ihn mit Schaufeln und Sonde ausgruben. Der 20-Jährige kam wenig später wieder zu sich und vorsorglich ins Krankenhaus. Die vorbildiche Kameradenhilfe wurde von der Bergwacht gelobt und gilt als das Happy-End-Erlebnis dieses Winters. Im Jahr davor kam es zu 13 Lawinenabgängen mit Personen, vier Menschen verloren damals in Bayern ihr Leben.

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Schneearm bedeutet nicht lawinenarm

Im Winter 2022/23 gab es insgesamt wenig Schnee. Für die Lawinenkommissionen vor Ort bedeutete das überschaubare Einsätze, Sperrungen oder Ähnliches waren fast nie nötig. "Für die Tourengeher in den Bergen und das Personal in der Lawinenwarnzentrale war es aber durchaus anspruchsvoll, weil schwer einzuschätzen", sagt Thomas Feistl. Er weist darauf hin, dass in schneearmen Wintern oft viele Unfälle passieren. "Auch wenn es bei uns in Bayern nicht so war, in den Nachbarländern Frankreich, Österreich und der Schweiz gab es viele Lawinenunfälle mit Todesfolge." Erst an Ostern waren am Mont Blanc sechs Menschen ums Leben gekommen.

Aktuell: Vorsicht vor Nassschneelawinen!

Wie für die Jahreszeit üblich, brachten auch in diesem Jahr die milderen Frühlingstemperaturen die Gefahr von Nassschneelawinen mit sich. Und diese Gefahr besteht auch weiterhin. "Der viele Regen hat den noch vorhandenen Schnee stark durchfeuchtet", sagt der langjährige Mitarbeiter des Lawinenwarndienstes Bayern, Hans Konetschny. Bis etwa 1.600 Meter Höhe gibt es schon viele schneefreie Wege und Bereiche. "Doch der noch vorhandene Schnee oberhalb kann jederzeit abrutschen", warnt Konetschny und rät, diese Problematik bei geplanten Touren besonders im Auge zu behalten. Laut dem Experten haben in den vergangenen milden Wintern solche abrutschenden Restschneemassen immer wieder für tödliche Unfälle gesorgt.

Effizientere Zusammenarbeit dank LA.DOK-App

Der Lawinenwarndienst Bayern setzte im vergangenen Wintersaison erstmals durchgängig die LA.DOK-App als Kommunikationstool ein. Die sieben Mitarbeiter in der Lawinenwarnzentrale werden von rund 400 ehrenamtlichen Mitarbeitern unterstützt. Sie alle und auch die Sicherheitsbehörden nutzten die App, um alle wichtigen Informationen sofort für alle zugänglich zu machen. Feistl ist sich sicher, dass dieses Tool seine Arbeit weiter begleiten wird: "Alle haben die LA.DOK-App gerne genutzt, weil sie unsere Arbeit definitiv erleichtert."

Für die Wintersaison 2022/2023 hat der Lawinenwarndienst Bayern die täglichen Lageberichte eingestellt.

Frühjahrs-Lawinenschnee im Allgäu.
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Frühjahrs-Lawinenschnee im Allgäu.

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