Bartgeier im Flug über schneebedeckte Alpen
Bildrechte: pa/dpa/Agami/R.Martin

Das Ende des Winter bedeutet viel Nahrung für die Bartgeier.

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"Fette Zeiten" für Bartgeier: Aasfresser profitieren von Lawinen

Im vergangenen Juni konnten sie noch nicht einmal fliegen und mussten gefüttert werden. Nun kommen die bei Berchtesgaden ausgewilderten Bartgeier Dagmar und Recka in den winterlichen Bergen gut zurecht. Lawinen sind für sie dabei sehr wichtig.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

Sie sind noch kein Jahr alt - aber ihren ersten Winter in den Bergen haben die beiden jungen Bartgeier Dagmar und Recka bisher gut gemeistert. Die härteste Zeit haben die im vergangenen Juni im Nationalpark Berchtesgaden ausgewilderten Tiere schon überstanden, so der Vogel- und Naturschutzverband LBV.

Aasfresser profitieren vom Winterende

Für die drei ausgewilderten Bartgeier-Weibchen Dagmar, Recka und Bavaria herrschen jetzt zum Winterende "fette Zeiten". Das berichtet der LBV-Bartgeier-Experte Toni Wegscheider gegenüber BR24 Studio Chiemgau. Die Aasfresser profitieren unter anderem vom schmelzenden Schnee und den häufigen Lawinen, die andere Wildtiere mitreißen. Aus den GPS-Daten der Jungvögel gehe hervor, dass sich die drei derzeit viel an sogenannten Lawinenrinnen aufhalten und dort "eine Gams nach der anderen fressen".

"In jeder dritten Lawine mindestens eine Gams"

Während für andere Wildtiere der Spätwinter die schwierigste Zeit ist, weil sie bereits entkräftet sind und wenig Nahrung finden, wird es Wegscheider zufolge für Aasfresser wie die Bartgeier nun leichter: "Das Schlimmste ist wahrscheinlich vorbei." Nicht zuletzt Lawinen bringen ihnen Nahrung. "In jeder dritten Lawine ist mindestens eine Gams. Die Hälfte aller im Vorjahr geborenen Gamskitze übersteht den ersten Winter nicht." Ursachen sind auch Absturz, Kälte und Entkräftung. Außerdem sind Gämsen und Steinböcke am Winterende geschwächt, finden nur wenig Nahrung und sterben in den immer noch kalten Nächten – das ergibt üppige Mahlzeiten für die Bartgeier.

Bartgeier kommen nach Bayern zurück

Für die Bartgeier Dagmar und Recka ist es der erste Winter in den Bergen. Sie wurden im vergangenen Juni im Nationalpark Berchtesgaden ausgewildert. Recka ist recht standorttreu und kommt nach kürzeren Ausflügen immer wieder in das Gebiet des Nationalparks zurück. Auch Dagmar hat das Karwendelgebirge in Südtirol wieder verlassen. Sie wurde zuletzt an der Zugspitze geortet – an der gleichen Stelle, an der Bartgeier Wally im vergangenen Jahr sehr wahrscheinlich von einem Steinschlag getötet wurde. 

Die eine fliegt bis Südtirol, die andere bleibt lieber daheim

Dagmar hat bereits weite Erkundungsflüge im Alpenraum unternommen. Sie sei schon bis nach Südtirol geflogen, teils sei sie in den Zentralalpen, in der Brenner-Region und im Zugspitzgebiet unterwegs gewesen, sagt Wegscheider.

Recka zeige sich hingegen eher häuslich und kehre nach kurzen Ausflügen immer wieder in das Umfeld des Nationalparks zurück. Sie habe dieselbe steile Rinne gesucht, um Nahrung zu finden wie zuvor die 2021 ausgewilderten Bartgeier Bavaria und Wally, sagt Wegscheider. "Die Tiere haben einen Blick für gewisse Strukturen."

Videos von Vogelbeobachtern sind für das Team wichtig

Dass es Recka und Dagmar gut geht, wissen die Naturschützer nicht zuletzt durch Videos von Beobachtern. Denn der solargespeiste GPS-Sender ist bei allen Vögeln angesichts des trüben Winterwetters weit heruntergefahren.

Reckas Sender ist seit Silvester ganz ausgefallen. Ein Video zeige aber: "Ihre Flugfähigkeit ist einwandfrei, sie sieht gesund und vital aus und konnte zum Beispiel auch bei der Gefiederpflege beobachtet werden", sagt Wegscheider. Zudem sei Recka per Handempfänger mehrmals im Salzachtal geortet worden. Knopfzellen im Sender ermöglichen zumindest einen Empfang über wenige Kilometer.

Naturschützer hoffen auf weitere Auswilderungen

Bavaria und die inzwischen durch einen Steinschlag getötete Wally stammten aus demselben Zuchtprogramm in Spanien: Recka ist die Schwester von Wally und Dagmar ist die Cousine von Bavaria. Alle vier waren zunächst zu einer Nische hoch oben in den Bergen gebracht worden, wo sie gefüttert wurden und erst einmal fliegen lernten.

Die Naturschützer hoffen auf eine erneute Auswilderung von jungen Bartgeiern im Nationalpark Berchtesgaden. Es hänge aber davon ab, welchen Bedarf andere Wiederansiedlungsprojekte haben. Die ersten Bartgeierküken seien in dem europäischen Nachzuchtprojekt schon geschlüpft, andernorts brüten die Paare noch.

Mit Informationen von dpa.

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