Pflanzenkohle auf dem Acker
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Pflanzenkohle auf dem Acker

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Kemptener Pflanzenkohle: Gut für Boden und Klima

Die Kohlekumpels aus Kempten bekämpfen klimaschädliche Gase - mit Pflanzenkohle, die Kohlendioxid bindet. Gleichzeitig soll sie den Boden verbessern, für einen sparsamen Düngereinsatz, ausgeglichenen Wasserhaushalt und eine hochwertige Ernte sorgen.

Über dieses Thema berichtet: Zeit für Bayern am .

Die deutsche Landwirtschaft war im vergangenen Jahr für knapp 55 Millionen Tonnen Kohlendioxid (CO2)-Äquivalente verantwortlich, schätzt das Umweltbundesamt. Das wäre etwa sieben Prozent der gesamten ⁠Treibhausgas⁠-Emissionen. Die Kemptner Kohlekumpels kämpfen deshalb zusammen mit einigen Landwirten mit einer alten Idee gegen Kohlendioxid – mit Pflanzenkohle. Die auch gleichzeitig hilft, den Boden zu verbessern.

Pflanzenkohle keine neue Erfindung

Manch einer hat schon unter dem Namen "Terra Preta" – portugiesisch für "Schwarze Erde" – von Pflanzenkohle gehört. Die Kohlekumpels aus Kempten verschaffen der Idee neues Gehör.

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BR-Reporterin Doris Bimmer, Daniel Ziegler und Landwirt Peter Mangold (v.l.)

Wir sind mit Daniel Ziegler von den Kohlekumpels zu Gast auf dem Hof von Peter Mangold im Oberallgäu. Südlich von Kempten hält er rund 120 Mutterschafe und produziert in seiner kleinen Hofkäserei Schafskäse und Joghurt. Pflanzenkohle war für Peter Mangold grundsätzlich nicht ganz neu, aber beschäftigt hat er sich bis vor Kurzem nicht damit. Er war skeptisch.

"Es gibt viele Sachen, die du zur Düngung ausbringen kannst, die positive Aspekte haben. Im Regelfall ist es so, dass eine Firma irgendwas herstellt und dir verkaufen will.“ Peter Mangold, Landwirt

Trotzdem wollte Peter Mangold die Pflanzenkohle mal ausprobieren. Sein Ziel: Die Wiesen langfristig für seine Schafe verbessern. Der Boden sei sein Kapital – und nicht, wie viele meinen, nur die Pflanze, die darauf wächst. Jeder Landwirt wisse, dass es Leben geben müsse im Boden:

"Wenn du keine gesunden Böden hast, hast du kein gutes Futter. Und ohne gutes Futter kannst du deine Tiere nicht gesund ernähren. Und sind die Tiere nicht gesund ernährt, können sie keine guten Produkte herstellen.“ Peter Mangold, Landwirt

Also hat er sich Pflanzenkohle geholt, um seine Böden auf natürliche Art und Weise aufzupeppen. Und um gleichzeitig mehr fürs Klima zu tun. Das soll die Pflanzenkohle schaffen. Ziel ist es, CO2 zu binden. Das passiert nicht erst bei der Herstellung der Kohle.

"Ein Baum macht das, indem er CO2 aus der Luft einbaut. Den Sauerstoff gibt er wieder ab, den brauchen wir Menschen. Und dieser Kohlenstoff wird über diesen Verkohlungsvorgang in eine stabile Form überführt. Der nennt sich Pflanzenkohle.“ Daniel Ziegler von den Kohlekumpels

Bei der Verkohlung, der Pyrolyse, ist kein Sauerstoff dabei. Ganz lässt sich CO2 aber auch bei der Verkohlung nicht vermeiden, aber die Abfallprodukte der Pyrolyse würden umgehend wiederverwendet, betont Ziegler. Der größte Teil des in den Pflanzen gespeicherten Kohlenstoffs verbleibe in den Kohle-Stückchen. Sie sind deutlich kleiner als die übliche Holzkohle – und sie weisen eine ganz besondere Oberfläche auf. Dadurch wird die Pflanzenkohle so interessant für die Landwirtschaft – weil sie sich hervorragend als Trägerstoff für Dünger eignet.

"Sie bekommt eine schwammartige Struktur mit sehr vielen kleinen Poren. Hat ne sehr, sehr große innere Oberfläche. Man kennt’s vom Küchenschwamm, wenn man Wasser drauflaufen lässt, wird er erst mal größer und hält’s auch erst mal, bevor man draufdrückt und es wieder herausnimmt.“ Daniel Ziegler von den Kohlekumpels

Pflanzenkohle – ein Speicher für Wasser und Dünger

Pflanzenkohle sei zwar nicht weich wie ein Schwamm, aber von der Struktur her gleich, so Ziegler. Wasser werde gespeichert, Nährstoffe setzten sich an die Innenwände an und würden bei Bedarf durch die umliegenden Pflanzen, Pilze, Mikroorganismen, wieder herausgelöst und weiterverwertet. So verbessere die mit Dünger angereicherte Pflanzenkohle den Boden, sei ein Nährstoff- und Wasserpuffer.

Landwirte experimentieren mit Versuchsfeldern

Peter Mangold mischt die Kohlestückchen in seine Gülle und bringt sie nach und nach auf seinen Wiesen aus. Ob und wie es wirkt, kann er noch nicht sagen. Andreas Dering dagegen, Landwirt in Nordrhein-Westfalen, verwendet schon seit drei Jahren Pflanzenkohle auf seinen Äckern, sein Dinkelmehl ist über die Webseite der Kohlekumpels zu kaufen.

Nachdem er sich von der Kohle bzw. der schwarzen Erde „Terra Preta“ in seinem Garten überzeugt hat, wollte er wissen, wie sie sich auf den Ertrag bei Zuckerrüben, Getreide und Mais auswirkt und hat deshalb Versuchs- und Vergleichsflächen angelegt:

"Lauter verschiedene Streifen, die ich in verschiedenen Kulturen mache. Und von daher sieht man den Unterschied gegenüber der mit Terra Preta behandelten und unbehandelten Fläche. Und da müssen wir mal schauen.“ Andreas Dering, Landwirt in NRW

Das Ziel Derings: den Dünger in den nächsten Jahren um mindestens 50-80 Prozent zu reduzieren. Denn den Dünger braucht es – den liefert die Kohle nicht mit. Die bisherigen Ergebnisse sprechen für das Terra-Preta-Prinzip, sagt Andreas Dering. Seine Pflanzen sähen deutlich vitaler aus. Das hatte er aber nach dem Test im Garten schon erwartet. Wie die Kohle aber Wasser speichert, das hat ihn schon überrascht:

"Ich hatte 2021 einen Versuch gemacht, um die vorangegangenen Jahre 19 und 20, die trockenen Jahre, zu sehen, hab ich einen Vorteil mit Terra Preta. Jetzt war 21 ja ein feuchtes Jahr. Und dann konnte ich diese Trockenheit nicht sehen. Aber genau in einem Zuckerrübenfeld stand zu viel Wasser für die Rüben und sie ist ein bissl heller geworden. Und genau in dem Bereich, wo Terra Preta war, war die weiterhin sattgrün.“ Andreas Dering, Landwirt in NRW

Damit stand für ihn fest: Auch in feuchteren Jahren hat die Pflanzenkohle einen Vorteil: Sie nimmt das Wasser auf. Und so können die Rüben weiterwachsen.

Pflanzenkohle als Einstreu: weiße Schafe werden grau

Bildrechte: Martin Geier / Kohlekumpels
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Graue Schafe lieben Pflanzenkohle

Peter Mangold dachte zunächst, er könne die Pflanzenkohle direkt unter die Einstreu mischen, um die Verrottung anzukurbeln. Aber danach waren die Schafe nicht mehr weiß – sondern einheitsgrau. Seitdem kippt er die Kohlestückchen lieber in die Güllegrube und düngt seine Wiesen auf diese Art und Weise.

Pflanzenkohle: Höhere Kosten – bessere Qualität

Der Einsatz von Pflanzenkohle ist natürlich ein weiterer Kostenfaktor, den Mangold noch nicht an die Kundschaft weitergibt – weil er vom Prinzip des CO2- und einfachen Nährstoff-Speichers überzeugt ist, sagt er. Landwirt Andreas Dering hat derweil Erfolg mit seinem auf der schwarzen Erde gezogenen Dinkel.

"Ich hatte einen Pizzabäcker und die sind ja ganz extrem. Also die Pizza muss ja hell sein. Der Kunde wünscht helle Pizzen. Und dann kommen wir mit dem Vollkornmehl. Da sagt er: Puh, das geht gar nicht. Und dann sagt er: Dann fahr ich halt ne zweite Schiene. Dann hat er den Teig gemacht und sagt: Boah, so einen Teig hatte ich noch nie in den Fingern. Man braucht davon viel weniger. Wir machen auch Dinkelreis und das ist hervorragend für Risotto.“ Andreas Dering, Landwirt in NRW

Er sagt, man brauche nur die Hälfte an Reis, um satt zu werden. Dabei könne man ihn herzhaft, aber auch süß als Milchreis zubereiten.

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