Zwei Gondeln der Ochsenkopf-Bahn schweben über dem verschneiten Wald.
Bildrechte: © Tourismus-und-Marketing-GmbH-Ochsenkopf

Die neue 10er-Gondel am Ochsenkopf fährt seit Dezember 2023.

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Nach Unfall im Ötztal: So laufen Seilbahn-Checks in Bayern

Vier Menschen haben sich in einer Gondel schwer verletzt, als ein Baum auf das Tragseil der Acherkogelbahn im Ötztal gefallen ist. In Bayern werden Seilbahnen sowie Gelände täglich kontrolliert und der Wald jährlich begangen. Was wird dabei geprüft?

Über dieses Thema berichtet: Rucksackradio am .

Ob im Allgäu, an der Zugspitze, im Bayerischen Wald oder im Fichtelgebirge: Bei den Seilbahnen sind tägliche Kontrollfahrten vorgeschrieben, auch Revisionsfahrten genannt. Dabei haben die Mitarbeitenden nicht nur die Technik und Funktion der Bahn im Blick, sondern auch das Gelände. "Wir achten auf mögliche Auffälligkeiten an der Seilbahntrasse und den Stützen sowie schräg stehende Bäume, Lawinenabgänge, Geländeveränderung oder Ähnliches", sagt Verena Tanzer von der Bayerischen Zugspitzbahn über die morgendlichen Revisionsfahrten, bevor die Gäste in die Seilbahn einsteigen. Diesen Standard bestätigt auch der Verband Deutscher Seilbahnen und Schlepplifte.

Verbreiterte Schneise im Fichtelgebirge

Am Ochsenkopf im Fichtelgebirge ist erst im Dezember eine neue Seilbahn mit 10er-Gondeln eröffnet worden. Sie hat einen in die Jahre gekommenen Sessellift ersetzt. An manchen Stellen wurde dafür die Waldschneise von zehn auf sechzehn Meter verbreitert, um zu verhindern, dass umstürzende Bäume auf die Stahlseile fallen könnten. Im Jahr 2019 gab es außerhalb der Betriebszeiten einen Sturm, bei dem ein Baum in die Seilbahntrasse fiel. Verletzt wurde damals niemand.

Die Gefahren von sogenannten Würfen oder auch Brüchen steigen vor allem durch Stürme, die eine Folge des Klimawandels sein können. "Trockenheit, wärmere Temperaturen und Borkenkäferbefall sind auch im Fichtelgebirge spürbar", sagt Winfried Pfahler, Forstbetriebsleiter der Bayerischen Staatsforsten in Fichtelberg.

Unglücklicher Zufall im Ötztal?

Den Gondelbahnunfall, wie er im Ötztal durch einen umstürzenden Baum passiert ist, sieht Thomas Liebl, Leiter der Arberbergbahn im Bayerischen Wald, als "schlimmen und sehr unglücklichen Zufall". Grundsätzlich ausschließen könne man einen solchen Unfall leider niemals, so Liebl. Aber natürlich versuche man, so etwas zu verhindern.

Bergbahnbetreiber sind verpflichtet, die Trassen entsprechend den notwendigen Abständen zu gestalten und auch zu kontrollieren. Am Großen Arber sind die Gondelbahn und die Nordhang-Sesselbahn weit von Bäumen entfernt, auch weil darunter Skipisten verlaufen. Näher am Wald steht aber die Sonnenhang-Sesselbahn. Dort sind ebenso wie an anderen Anlagen vom TÜV alljährliche forstliche Begehungen vorgeschrieben, bei denen kontrolliert wird, ob Bäume krank oder morsch sind. Auch hier ist jede erste Fahrt des Tages eine Kontrollfahrt, bei der die Bahnmitarbeiter schauen müssen, ob alle Aufhängungen und die Technik in Ordnung sind.

Auch die Mitarbeitenden bei den Bergbahnen Oberstdorf Kleinwalsertal haben den tragischen Unfall in Österreich verfolgt. Sie verweisen jedoch darauf, dass sie allein im vergangenen Jahr mehrere Millionen Fahrgäste sicher transportiert haben. "Die Abstände der Bäume zu den Tragseilen in der Seilbahntrasse werden beim Bau der Bahn in Zusammenarbeit mit unabhängigen technischen Sachverständigen sowie unter anderem Vertreter des Naturschutzes festgelegt", sagt Jörn Homburg von Oberstdorf Kleinwalsertal Bergbahnen. Darüber hinaus gibt es die vorgeschriebenen jährlichen Begehungen der Seilbahntrasse durch unabhängige Sachverständige sowie die täglichen Revisionsfahrten.

Gefahr durch Schnee- oder Eisbruch

Neben einem Sturm ist auch starker Schneefall ein Alarmsignal für Seilbahn-Mitarbeitende: Bei großer Kälte ist der Schnee meist locker und leicht, doch wenn es bei Temperaturen um den Gefrierpunkt herum schneit, dann hat der Schnee einen hohen Wassergehalt und wiegt schwerer. Dadurch können Baumkronen und Äste abbrechen. Der häufige Wechsel von Frost und Tauwetter begünstigt ebenfalls den Schneebruch. In besonders extremen Fällen müssen die Bäume notfalls per Hubschraubereinsatz von dem Schnee befreit werden.

Einmal im Jahr finden forstliche Begehungen entlang von Straßen, bewohnten Gebieten, Wanderwegen und Seilbahnen statt. Daran nehmen sowohl die jeweiligen Förster und Revierleiter teil, als auch die Seilbahnbetreiber, Vertreter der Baubehörden und unabhängige Sachverständige wie beispielsweise vom TÜV. Dabei wird der Zustand der Bäume genau dokumentiert, um geschwächte Bäume rechtzeitig zu fällen und auch um eine Grundlage zu schaffen für mögliche spätere Rechtsfragen. Über diese standardisierten Begehungen hinaus, kontrollieren die Förster den Baumbestand regelmäßig. Dabei schauen sie beispielsweise nach Pilzbefall und andere Anzeichen für Fäule in den Baumstämmen.

Steigende Gefahren durch den Klimawandel

Im Frankenwald hat der Borkenkäfer bereits ganze Waldabschnitte vernichtet. Trockenheit und steigende Temperaturen machen dem Norden Bayerns tendenziell mehr zu schaffen als dem Süden. So seien die Auswirkungen des Klimawandels beispielsweise im niederschlagsreichen Oberstdorf noch nicht so stark zu spüren wie im trockenen Franken, heißt es seitens der Bayerischen Staatsforsten. Auf deren Grund verläuft beispielsweise ein Teil der Skipisten und Lifte der Fellhornbahn in Oberstdorf. Stattdessen belasten plötzlich auftretende Schneemassen den Süden mehr als den Norden Bayerns. Von daher muss jedes Gebiet einzeln betrachtet und der jeweilige Baumbestand genau untersucht werden.

Beispiel Fichtelgebirge: Bereits in den 1980er und 1990er Jahren wurden dort viele Bäume neu gepflanzt, sodass bereits eine Waldverjüngung stattgefunden hat und weitergeführt wird: Allein im vergangenen Jahr hat der Forstbetrieb dort zig Tausende junge Bäume gepflanzt: "Umgerechnet eine Neubepflanzung von 55 Hektar, darunter Tannen, Buchen und neuerdings auch Eichen, Zedern und Esskastanien", sagt Winfried Pfahler, Forstbetriebsleiter der Bayerischen Staatsforsten in Fichtelberg. Denn diese Baumarten kommen mit Trockenheit besser zurecht und wurzeln wie beispielsweise die Tanne tiefer als Fichten. Der Borkenkäfer befällt überwiegend ältere Bäume, sodass man im Fichtelgebirge hofft, durch die Waldverjüngung gut für die Zukunft aufgestellt zu sein.

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