Das Rentenzugangsalter wird schrittweise auf 67 Jahre erhöht
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Bei vorzeitigem Renteneintritt drohen hohe Abschläge

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Babyboomer wollen vor 67 in Rente gehen

Für Deutschlands geburtenstärksten Jahrgang 1964 rückt mit dem 60. Geburtstag auch das Rentenalter näher. Beratungsstellen erhalten zunehmend Anfragen aus dieser Generation, ob und wie ein vorzeitiger Renteneintritt möglich und finanzierbar ist.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Angelika Petermichel feiert in diesem Jahr ihren 60. Geburtstag, und sie hat sich gleich zum Jahresbeginn einen Beratungstermin beim Sozialverband VDK in Bad Tölz gesichert. Sie möchte grundsätzlich klären, welche Möglichkeiten sie in den nächsten Jahren hat, frühzeitig in Rente zu gehen. "Damit ich einfach den Lebensabend noch besser genießen kann, mit meinem Mann, und wir haben auch Enkel. Einfach einmal freie Zeit haben, für Interessen und Hobbys", das sind für die Krankenschwester gute Gründe, nicht länger als nötig zu arbeiten, obwohl sie sehr gerne berufstätig ist.

Umfrage: Babyboomer wollen frühzeitig in Rente

Den Lebensabend aktiv gestalten - diesen Wunsch hat ein Großteil der Babyboomer-Generation. Das ergab eine deutschlandweite Umfrage von Arbeitswissenschaftlern der Universität Wuppertal. Die Ergebnisse zeigten, dass die meisten Babyboomer (befragt wurden insgesamt 8.884 Personen) gerne frühzeitig aus dem Erwerbsleben ausscheiden würden, deutlich vor ihrer Regelaltersgrenze. Bei den Befragten dominierte der Wunsch nach Selbstbestimmung, mit großem Abstand wurden Gründe wie belastende Arbeit und gesundheitliche Probleme genannt.

Grundsätzlich muss niemand bis zum Erreichen des Renteneintrittsalters arbeiten. Allerdings, wer früher geht, zahlt kürzer ein und verliert zudem pro Monat 0,3 Prozent der vollen Altersrente. Diese Abschläge können sich nicht viele Menschen leisten.

Grafik: Abschlagsfreie Rente - bei wem ist das möglich?

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Ab Jahrgang 1964 sind abschlagfreie Renten nur noch ab 65 oder 67 möglich

Rentenzugangsalter für die meisten der Standardweg

Ein langes Berufsleben mit vielen Rentenpunkten, wie es für die Babyboomer typisch ist, der mit dem Einkommen verbundene Vermögensaufbau und finanzielle Absicherungen durch Betriebsrenten oder ein Erbe - so können sich Teile der Boomer-Generation trotz Rentenabschlägen einen angenehmen Früh-Ruhestand finanzieren. Ulrich Walwei, Vizedirektor am Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung IAB, erklärt aber, noch sei kein entsprechender Trend zu verzeichnen.

Walwei betont: "Das Rentenzugangsalter, was sich von 65 in Richtung 67 Jahre bewegt, ist für die meisten der Standardweg. Es ist aber auch zu beobachten, dass ein Teil auch mit Abschlägen vorzeitig in die Rente geht. Erwerbsminderungsrenten sind beispielsweise an bestimmte Voraussetzungen geknüpft und bis dato eher die Ausnahme."

Kristian Müller ist Rentenexperte der VDK-Kreisgeschäftsstelle Bad Tölz-Wolfratshausen und hat Angelika Petermichel zum Renteneintritt beraten. "Die Rente ist jetzt generell nicht so üppig, dass die Leute sehr gut davon leben können. Und da wollen die Leute natürlich nichts herschenken. Und ich rate da auch nicht dazu, denn die Abschläge, die die Leute dann in Kauf nehmen, die bleiben ihnen auf Lebzeiten", erklärt Müller.

Persönliche Gründe entscheiden über Ende der Berufstätigkeit

Soziologin Katja Möhring von der Universität Bamberg erforscht den Zusammenhang von Familie und Arbeit. Für den Übergang aus dem Berufsleben in die Rente ist oftmals weniger das Geld, sondern die persönlichen Umstände entscheidend, erklärt die Forscherin. Einerseits übernehmen gerade Frauen die Pflege von Angehörigen oder älteren Partnern. Oder sie betreuen die Enkelkinder.

Katja Möring: "Wie viele gesunde Lebensjahre möchte ich noch mit meinem Partner verbringen? Solche Fragen spielen besonders bei Frauen eine Rolle. Sie passen dann ihren Renteneintritt an das an, was in der Familie passiert und welche Aufgaben dort zu erledigen sind."

Frauen sind heute bereits so lange berufstätig wie Männer, der Altersdurchschnitt liegt beim Ausstieg aus der Arbeitswelt inzwischen durchschnittlich bei 63 Jahren. Die Boomer-Generation arbeitet damit rund zwei Arbeitsjahre länger als die Nachkriegsgeneration, betont Arbeitsmarktexperte Walwei. Weil beispielsweise eine steuerlich geförderte Frührente abgeschafft wurde, auch aufgrund des demografisch bedingten Fachkräftemangels, rechnet der Experte mit einem weiteren Anstieg der Lebensarbeitszeit.

Angelika Petermichel hat sich einen weiteren Beratungstermin beim VDK vorgenommen. Etwa ein Jahr bevor sie in die Rente gehen möchte, trifft sie sich noch einmal mit Kristian Müller, um gemeinsam alle nötigen Formalitäten und Nachweise durchzugehen. Die Deutsche Rentenversicherung benötigt rund ein halbes Jahr, bis alle Prüfungen abgeschlossen sind und die Rente ausbezahlt wird.

Dieser Artikel ist erstmals am 12.01.2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

Im Video: Babyboomer – Lust auf frühere Rente

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Erwin Lehmann von der Caritas Rosenheim

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