Das Waldgebiet hinter dem Trinkwaserbrunnen ist als Schutzgebiet vorgesehen: doch dort ist auch der Verlauf der Stromtrasse für den Südostlink geplant.
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Das Schutzgebiet für die Trinkwasserversorgung von Trogen muss erweitert werden. Doch das könnte wegen der Stromtrasse Südostlink scheitern.

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Gefährdet Südostlink Trinkwasser? Klage gegen Stromtrasse

Gerade hat der Bau der umstrittenen Stromtrasse Südostlink begonnen – und könnte doch noch abgeändert werden. Zumindest teilweise: Die Gemeinde Trogen bei Hof klagt vor dem Bundesverwaltungsgericht gegen den Trassenverlauf.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten Franken am .

Die Trinkwasser-Versorgung der rund 1.400 Menschen in der Gemeinde Trogen im Landkreis Hof steht nach Ansicht von Bürgermeister Sven Dietrich (CSU) auf dem Spiel. Denn die geplante Stromtrasse für den Südostlink verlaufe durch eine dringend nötige Erweiterung des Schutzgebiets. Die oberfränkische Gemeinde will sich daher gegen den geplanten Verlauf der Stromtrasse wehren und hat zusammen mit einem Landwirt geklagt, dem ebenfalls Grundstücke gehören, die er wegen der Stromtrasse nicht mehr baulich verändern darf. Über diese sogenannten Veränderungssperren muss nun das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entscheiden.

Zuversichtlich auf dem Weg zum Bundesverwaltungsgericht

Ähnliche Klagen der Gemeinden Brennberg im Landkreis Regensburg und Niederaichbach im Landkreis Landshut haben die obersten deutschen Verwaltungsrichter bereits im April 2022 abgelehnt. Doch der Bürgermeister der oberfränkischen Gemeinde Trogen fährt am Mittwoch trotzdem zuversichtlich zur Verhandlung nach Leipzig. Denn nicht nur der Gemeinderat und die Menschen in Trogen könnten die Planungen von Bundesnetzagentur und Netzbetreiber Tennet nicht nachvollziehen, sagt Sven Dietrich. Rückenwind habe man auch mehrfach von Fachbehörden wie zum Beispiel dem Wasserwirtschaftsamt bekommen.

"Risiko für Wasserversorgung in Kauf genommen"

Seit Jahren habe die Gemeinde die Bundesnetzagentur und den Netzbetreiber Tennet bei den einzelnen Planungsschritten für die Stromtrasse immer wieder auf die dringend nötige Erweiterung des Schutzgebietes rund um den Trinkwasserbrunnen hingewiesen. Nach Ansicht der Gemeinde dürften deshalb die insgesamt vier Südostlink-Stromkabel, die voraussichtlich ab 2027 Windenergie von Nord- und Ostdeutschland nach Südbayern transportieren sollen, nicht durch das Erdreich des geplanten Schutzgebiets verlegt werden, sondern auf einer Alternativ-Trasse etwas näher am Ortsrand. "Doch das wurde nie richtig geprüft, man nimmt das Risiko für unsere Wasserversorgung einfach in Kauf", kritisiert Bürgermeister Dietrich.

Die Erweiterung des Wasserschutzgebietes diene dazu, potenziellen Verunreinigungen vorzubeugen und so damit die Trinkwasserversorgung der Gemeinde zu sichern

Bürgermeister: Gemeinde Trogen "Vorreiter bei Energiewende"

Grundsätzlich sehe man auch in Trogen, dass man auf den gestiegenen Strombedarf von Wirtschaft und Privatleute reagieren müsse. In Sachen Energiewende sei die kleine Gemeinde Vorreiter, betont der Bürgermeister: "Wir haben zehn Windräder und 60 Hektar Photovoltaikanlagen." Beim Bau der Solarfelder sei bereits auf die geplante Erweiterung des Wasserschutzgebiets reagiert worden – so wurden Auflagen des Wasserwirtschaftsamts für Flächen-, statt Pfahlfundamente erfüllt.

Tennet weist Vorwürfe zurück

Doch beim Südostlink würden die Bedenken nicht berücksichtigt. Die vielfachen Gespräche mit Tennet und auch ein Ortstermin mit der Bundesnetzagentur hätten nichts gebracht. "Ich bin frustriert. Man hat so das Gefühl, man kann zwar viel schreiben, aber es wird nicht wahrgenommen." Die Vorwürfe des Bürgermeisters weist Tennet-Sprecher Benjamin Mignon zurück: "Bei so einem Trassenverlauf gibt es immer viele Parameter, die zu berücksichtigen sind. Und wir haben aus unserer Sicht den sinnvollsten Trassenverlauf gefunden."

Das will die Gemeinde Trogen nicht akzeptieren und hat sich für die Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden. Gegner vor Gericht ist die Bundesrepublik Deutschland als Planungsbehörde und nicht der Netzbetreiber Tennet, der in Bayern rund für den Bau der 280 Kilometer langen Stromtrasse vom Landkreis Hof durch das östliche Oberfranken, die Oberpfalz und Niederbayern bis Landshut zuständig ist und auch schon seit Dezember den sogenannten Konverter bei Landshut baut, wo Gleichstrom in Wechselstrom umgewandelt und dann ins Netz eingespeist wird.

Rückbau der Kabelgräben noch möglich

Mit den Tiefbauarbeiten für die Kabelgräben in Bayern hat Tennet Anfang der Woche in Münchenreuth, nur wenige Kilometer von Trogen entfernt, begonnen. Noch gibt es zwar keine endgültige Genehmigung, der offizielle Planfeststellungsbeschluss der Bundesnetzagentur wird erst im Sommer erwartet. Doch beim 55 Kilometer langen Abschnitt von Hof bis Marktredwitz hat die Behörde grünes Licht für den vorzeitigen Baubeginn gegeben. "Das ist laut Gesetz möglich, da es sich um reversible Maßnahmen handelt", erklärt Tennet-Sprecher Benjamin Mignon. Sprich: Die Kabelgräben könnten wieder zugeschüttet werden, wenn denn ein Gericht dies entscheiden würde.

Weitere Klagen möglich

Die beiden Klagen aus Trogen sind momentan die beiden einzigen Verfahren am Bundesverwaltungsgericht. Der ursprünglich massive Protest mündete bisher nur vereinzelt in Klagen. 2022 hat sich Tennet mit dem Bauernverband auf Entschädigungs- und Ausgleichszahlungen für Grundstückseigentümer geeinigt.

Möglicherweise kommen aber noch weitere Klagen, sobald die Planfeststellungsbeschlüsse für die einzelnen Abschnitte vorliegen. Dann könnten auch Landkreis, Naturschutz- oder Wanderverbände gegen die Stromtrasse klagen, die nicht direkt als Grundstückseigentümer betroffen sind. Der Landkreis Wunsiedel hatte schon einmal eine Klage vorbereitet, aber im Frühstadium wegen zu geringer Erfolgsaussichten wieder zurückgezogen. Nun soll noch ein weiteres Mal mit betroffenen Gemeinden, Grundstückseigentümern und Verbänden das Für und Wider einer Klage gesprochen und dann endgültig entscheiden werden.

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