11.10.2023, Bayern, München: Eine Flagge Bayerns in den Landesfarben Weiß und Blau weht auf dem Maximilianeum, dem Sitz des Bayerischen Landtags. Foto: Sven Hoppe/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Bayerischer Landtag

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BR24live: Aigner-Wahl im Landtag, Wirbel um Verhaftung

In seiner ersten Plenarsitzung wird der neue Bayerische Landtag wohl Ilse Aigner erneut zur Präsidentin wählen. Zuvor will ein Grüner den Abgeordneten ins Gewissen reden. Für Wirbel sorgt die Verhaftung eines AfD-Politikers. Ab 14.55 Uhr live.

Über dieses Thema berichtet: BR24live am .

Das erste Wort hat ein Grüner. Wenn sich am Nachmittag der 19. Bayerische Landtag konstituiert, sitzt auf dem Präsidentenplatz Paul Knoblach: Er ist mit 69 Jahren ältester Abgeordneter dieser Legislaturperiode und damit der Alterspräsident, der bis zur Wahl eines neuen Präsidiums die Plenarsitzung leitet. "Eine Rede muss ich nicht halten", sagt Knoblach im BR-Interview. Aber er dürfe sprechen - "und ich werde das auch nutzen".

  • BR24 überträgt die konstituierende Sitzung des Landtags ab 14.55 Uhr live.

Der Grünen-Abgeordnete verrät auch schon, was ihm bei seiner Rede wichtig ist: "Ich sehe, dass uns auch in Bayern Sachen einholen, die ich vor fünf Jahren bei meinem ersten damaligen Wahlkampf für den Landtag nicht für möglich gehalten hätte", sagt er. "Dass unsere Demokratie in Deutschland, insbesondere jetzt in Bayern, so unter Druck gerät, dass ich mir als Paul Knoblach nicht sicher bin, dass der Sieg der Demokratie gesetzt ist."

Der 69-Jährige möchte an seine Parlamentskollegen appellieren, "wesentlich aktiver" zu werden bei ihrem Einsatz für die Demokratie. "Wir sind dabei, sie zu verlieren." Knoblach deutet an, dass er auf das Erstarken der AfD sowie den Umgang der Freien Wähler mit der umstrittenen Erdinger Rede ihres Vorsitzenden Hubert Aiwanger ("Demokratie zurückholen") und der Flugblattaffäre eingehen möchte.

AfD-Abgeordneter verhaftet

Auf dem Präsidentenplatz sollte Knoblach als Alterspräsident eigentlich je einen AfD-Abgeordneten zur Linken und Rechten haben. Denn laut Geschäftsordnung des Landesparlaments ernennt der Alterspräsident "die zwei jüngsten Mitglieder des Landtags zu vorläufigen Schriftführerinnen oder vorläufigen Schriftführern". Und das sind aktuell die AfD-Abgeordneten Daniel Halemba und Franz Schmid.

Halemba wurde allerdings am Morgen in Baden-Württemberg verhaftet. Laut Staatsanwaltschaft Würzburg wird gegen ihn wegen Volksverhetzung und des Verwendens von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen ermittelt. Bereits am Freitag hatte die Ermittlungsbehörde bestätigt, dass Halemba per Haftbefehl gesucht wird. Immunität genießt der junge AfD-Politiker als designierter Abgeordneter noch nicht.

AfD forderte Halembas Teilnahme

AfD-Fraktionschefin Katrin Ebner-Steiner forderte am Sonntag, Halembas Teilnahme an der Sitzung müsse ermöglicht werden. Die AfD-Fraktion habe das Recht, sich "in voller Fraktionsstärke mit allen Mitgliedern zu versammeln". Die AfD will dies per Eilantrag beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof durchsetzen.

Halemba gehört der umstrittenen Burschenschaft "Teutonia Prag" in Würzburg an, bei der es im September eine Razzia gegeben hatte. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen mehrere Mitglieder - unter anderem wegen Volksverhetzung und des Verwendens von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen. Halembas Anwalt Dubravko Mandić teilte am Samstag mit, an "sämtlichen Vorwürfen gegen die Mitglieder der Prager Teutonia" sei nichts dran.

Aigners Wiederwahl gilt als sicher

Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, zeigte sich im BR-Interview zuversichtlich, dass die Verhaftung des AfD-Politikers die konstituierende Sitzung des Landtags nicht überschatten wird. Sie hoffe, dass die Politik dafür sorgen werde, dass die Plenarsitzung nicht durch die AfD "in Mitleidenschaft gezogen wird". Jedenfalls werde sich der Landtag in der neuen Legislaturperiode "sehr intensiv mit dieser Partei" befassen und weiterhin dafür sorgen müssen, dass sie ihm nicht auf der Nase herumtanze.

Im Mittelpunkt der konstituierenden Sitzung steht die Wahl des Landtagspräsidiums. Für das Amt der Präsidentin nominierte die CSU als stärkste Fraktion schon vor knapp drei Wochen einstimmig wieder Ilse Aigner. Die 58 Jahre alte Ex-Bundes- und -Staatsministerin steht seit 2018 an der Spitze des Landtags - ihre Wiederwahl gilt als sicher.

AfD deutlich stärker

Aigner zeigt sich gespannt, "wie die neuen Kollegen sich einbringen in die Debatten". Von den 203 gewählten Abgeordneten sind 78 neu. Statt sechs gehören dem Landtag nur noch fünf Fraktionen an, weil die FDP den Wiedereinzug verpasst hat. Besonders stark gewachsen ist neben der Fraktion der Freien Wähler (von 27 auf 37) die AfD-Fraktion (von 17 auf 32). Die Mehrheit der 18 neuen AfDler steht dem völkischen Netzwerk des formell aufgelösten "Flügels" um den Rechtsextremen Björn Höcke nahe.

Im Fall einer Wiederwahl will Aigner "erst mal beobachten". Sie wünscht sich lebendige Debatten und will "nicht über jedes Stöckchen springen". Einschreiten aber will sie wie schon in den vergangenen Jahren, "wenn es über die Stränge", "gegen die Würde des Hause" gehe oder "wenn einzelne Personen angegriffen werden". Allein 20 der 25 zuletzt ausgesprochenen Rügen im Landtag betrafen die AfD, zwei weitere einen ihrer ehemaligen Abgeordneten.

Wechsel bei den Vizepräsidenten

Jede der fünf Fraktionen hat die Möglichkeit, einen Vizepräsidenten vorzuschlagen. Beim Amt des Ersten Vizepräsidenten wird es voraussichtlich eine Änderung geben: Nach dem Willen der CSU-Fraktion soll ihr bisheriger parlamentarischer Geschäftsführer Tobias Reiß in der neuen Legislaturperiode seinen Parteifreund Karl Freller beerben. Reiß setzte sich am Freitag in der CSU-Fraktion im ersten Wahlgang klar durch.

Die Freien Wähler wollen eine weitere Amtszeit ihres Abgeordneten Alexander Hold, für die Grünen soll ihr früherer Fraktionsvorsitzender Ludwig Hartmann einen Vize-Präsidenten-Posten übernehmen. Die SPD nominierte erneut Markus Rinderspacher.

Schafft es ein AfD-Abgeordneter ins Präsidium?

Auch die AfD, nach der Landtagswahl stärkste Oppositionspartei in Bayern, hat ihren Anspruch auf einen Landtagsvize bekräftigt: Fraktionschefin Katrin Ebner Steiner sprach vom "demokratischen Recht" ihrer Fraktion. Ins Rennen soll Matthias Vogler gehen.

In der vorigen Legislaturperiode scheiterte die AfD über die Jahre neunmal mit ihrem Versuch, einen ihrer Abgeordneten vom Plenum wählen zu lassen. Auch dieses Mal stehen die Vorzeichen nicht gut für die für rechtspopulistische Partei: Spitzenvertreter der anderen Fraktionen betonten bereits, die Wahl eines AfD-Politikers zum Landtagsvize nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren zu können.

Schon am Dienstagvormittag folgt die nächste Plenarsitzung: Dann soll Markus Söder (CSU) erneut zum Ministerpräsidenten gewählt werden.

Das BR24live zur Festnahme Halembas zum Nachschauen:

Wahlplakat des AfD-Abgeordneten Daniel Halemba
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Halemba

Ilse Aigner (CSU), Präsidentin des Bayerischen Landtags, spricht während einer Plenarsitzung im Bayerischen Landtag am 20.07.2023 in München
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Ilse Aigner (CSU), Präsidentin des Bayerischen Landtags, spricht während einer Plenarsitzung im Bayerischen Landtag am 20.07.2023 in München

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