Joachim Herrmann bei der Grenzpolizei
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Bayerische Grenzpolizei: Unverzichtbar oder Rechtsbruch?

Bayerns Grenzpolizei wird fünf Jahre alt - und ist genauso lange bereits umstritten. "Bruch von EU-Recht" und "Wahlkampfbegriff" nannte sie die Opposition. Bayerns Innenminister Herrmann dagegen würdigt die Grenzpolizei als "unverzichtbar".

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Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) will die bayerische Grenzpolizei weiter ausbauen – sowohl personell als auch technisch. Das teilte er heute am Nürnberger Flughafen anlässlich des fünfjährigen Bestehens der Abteilung mit. Noch in diesem Herbst sollen 50 weitere Polizistinnen und Polizisten der derzeit 820 Mann und Frau starken Grenzpolizei zugewiesen werden. Bis zum Jahr 2025 soll sie auf 1.000 Stellen anwachsen, so Herrmann weiter. Das ist die Zahl, die Ministerpräsident Markus Söder (CSU) im Wahlkampf im Jahr 2018 bereits für dieses Jahr angekündigt hatte.

Herrmann: Mehr Ordnung in Migrationspolitik

Der Innenminister hob besonders die Fahndungserfolge der Grenzpolizei hervor. So seien seit 2018 rund 87.900 Fahndungstreffer und mehr als 4.300 Haftbefehle gezählt worden. Im März dieses Jahres habe die Grenzpolizeigruppe in Freyung einen gesuchten Mörder aus Tschechien gefasst, am Nürnberger Flughafen sei im Januar 2020 ein Tatverdächtiger nach einem versuchten Tötungsdelikt festgenommen worden. Deshalb zieht Joachim Herrmann nach fünf Jahren die Bilanz, dass die bayerische Grenzpolizei "unverzichtbar" sei im Kampf gegen illegale Migration und grenzüberschreitende Kriminalität.

So kritisiert der CSU-Politiker die Bundesregierung, auf europäischer Ebene eine Verstärkung der EU-Außengrenzkontrollen zu bremsen. Von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) fordert Herrmann "in der Migrationspolitik nicht nur für Humanität, sondern auch für Ordnung zu sorgen".

Polizeigewerkschaft lobt Grenzpolizei

Lob für die bayerische Grenzpolizei kommt auch vom Landesverband Bayern der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolg) in Person des Landesvorsitzenden Jürgen Köhnlein. Zwar habe die Gewerkschaft anfangs skeptisch auf die Neueinführung der Grenzpolizei geschaut, im Wahlkampf sei über Begriffe gestritten worden. Denn laut Köhnlein gab es damals bereits 500 Schleierfahnder an Bayerns Grenzen, die die Aufgaben der späteren Grenzpolizei innehatten. "Das fanden wir als Polizeigewerkschaft schade", sagte Köhnlein im BR24-Interview.

Mit der Grenzpolizei sei so nichts Neues erfunden worden. Aber in den vergangen fünf Jahren habe sich eine größere Professionalität in der Arbeit gebildet. Unter anderem durch die personelle Verstärkung, aber auch die neuen technischen Möglichkeiten wie zum Beispiel Drohnen. Davon profitierten auch andere Dienststellen, so Köhnlein weiter. "Horrorszenarien", dass Bayern seine eigenen Grenzen hochziehe, hätten sich nicht bestätigt. Köhnlein sieht die Grenzpolizei als Erfolgsmodell auch für andere Bundesländer. Das Bundesinnenministerium erteilte den Überlegungen, Grenzkontrollen auf die gesamte deutsche Ostgrenze auszuweiten, allerdings bereits eine Absage.

Grüne: "Bruch von EU-Recht"

Kritik kommt indes länderübergreifend von den bayerischen und österreichischen Grünen. In den Augen der Fraktionsvorsitzenden im bayerischen Landtag, Katharina Schulze, widerspricht die bayerische Grenzpolizei der Idee eines vereinten Europas. Schulze nennt die Grenzpolizei einen "ausgemachten Etikettenschwindel". "Großes Brimborium, weil Markus Söder wie üblich die Schlagzeile wichtiger war als der Inhalt", so Schulze. Seriöse Sicherheitspolitik sieht laut der Grünen-Politikerin anders aus: Die zusätzlichen Stellen bei der Grenzpolizei würden an anderen Orten dringender benötigt, etwa bei der Polizei in der Fläche, also im ländlichen Raum, oder bei Experten im IT-Bereich.

Der österreichische Abgeordnete im Nationalrat für die Grünen, Georg Bürstmayr, hält die Grenzkontrollen sogar für einen Bruch des EU-Rechts. "Wir Grüne werden über nationale Grenzen hinweg dafür arbeiten, dass uns allen die europäischen Freiheiten erhalten bleiben", so der Österreicher.

Kritik bereits von Beginn an

Die Kritik ist nicht neu. Bereits von Anfang an hielten Teile der Opposition Söders Prestigeprojekt für verfassungswidrig – der Grenzschutz sei einzig Sache des Bundes. 2020 urteilte dies auch der bayerische Verfassungsgerichtshof. Er betonte aber auch, dass zwar die Rechtsgrundlage teilweise gegen die Verfassung verstoße, es aber keine verfassungsrechtlichen Zweifel an der generellen Wiedereinführung der Grenzpolizei gebe.

Im Video: Fünf Jahre Grenzpolizei - ein Fazit

Seit fünf Jahren hat Bayern eine eigene Grenzpolizei und damit eine Sonderstellung in der Bundesrepublik.
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Seit fünf Jahren hat Bayern eine eigene Grenzpolizei und damit eine Sonderstellung in der Bundesrepublik.

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