Bisher gibt es  an der Grenze zu Polen noch keine stationären Grenzkontrollen
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Bisher gibt es an der Grenze zu Polen noch keine stationären Grenzkontrollen

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Innenministerium hält weitere Grenzkontrollen für unangemessen

An der Grenze zu Österreich wird seit Herbst 2015 kontrolliert. Die Gewerkschaft der Polizei fordert, diese Kontrollen auf die gesamte deutsche Ostgrenze auszuweiten. Das Innenministerium will davon jedoch nichts wissen.

Eigentlich gibt es im Schengen-Raum keine Grenzkontrollen. In den vergangenen Jahren nutzten aber mehrere EU-Staaten eine Ausnahmeregelung und führten teilweise Kontrollen ein. So kontrolliert Deutschland seit Herbst 2015 in Bayern die Grenze zu Österreich.

  • Zum Artikel "Asylpolitik: Die Rufe nach mehr Kontrolle werden lauter"

Zuletzt waren Forderungen nach einer entsprechenden Ausweitung von Grenzkontrollen von Polizei-Gewerkschaftern und Politikern der Union an Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) herangetragen worden, stoßen bei dieser jedoch auf Widerstand.

Ministerium: Binnengrenzkontrollen nur als "ultima ratio"

Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums teilte zu den Forderungen mit: "Das ultima ratio-Instrumentarium der vorübergehenden Wiedereinführung von Binnengrenzkontrollen" sei "derzeit nicht Gegenstand der Überlegungen für eine weitere Ausweitung von Binnengrenzkontrollen".

Der Bund beobachte "die Entwicklung an den Grenzen weiterhin sorgfältig" und gehe wie mit den Bundesländern am 10. Mai 2023 vereinbart "im Dialog mit den Ländern und den betroffenen Nachbarstaaten lageangepasst vor". Daher gelte es weiterhin, alle Möglichkeiten der innerstaatlichen und grenzüberschreitenden Zusammenarbeit fortzusetzen und auszubauen. In diesem Sinne habe sich Faeser mit Tschechien und Polen Ende Mai verständigt.

Anstieg bei Asylanträgen und illegalen Einreisen

Im ersten Halbjahr 2023 wurde laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge für rund 150.000 Menschen erstmalig ein Asylantrag in Deutschland gestellt. Das waren rund 77 Prozent mehr Erstanträge als im Vorjahreszeitraum. Die Bundespolizei registrierte zugleich 45.338 unerlaubte Einreisen im Vergleich zu 29.174 im Vorjahreszeitraum.

Besonders stark war der Anstieg an der deutsch-polnischen Grenze, für die Faeser im Mai verstärkte Kontrollen angekündigt hatte, ohne aber konkret zu werden.

Rufe nach Ausweitung der Kontrollen

Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Jochen Kopelke, hatte aufgrund dieser Entwicklung vergangene Woche nach einem Treffen mit den CDU-Innenministern von Brandenburg und Sachsen, Michael Stübgen und Armin Schuster, vorgeschlagen, die gesamte deutsche Ostgrenze bei der EU durch Bundesinnenministerin Faeser "notifizieren" zu lassen. "Notifzieren", das heißt: die geplanten Grenzkontrollen anzukündigen und abzuwarten, ob die EU-Kommission dagegen Einwände erhebt. Wenn binnen einer Frist, die zwischen drei und sechs Monate dauert, sich die EU-Kommission nicht dagegen ausspricht, werden die Grenzkontrollen wirksam.

Mit den Kontrollen an der gesamten deutschen Ostgrenze wollen die CDU-Innenminister von Brandenburg und Sachsen "ein System der flexiblen Kontrollen an wechselnden Schwerpunkten wie in Frankreich" ermöglichen. Dadurch könne kurzfristig, mobil, und an wechselnden Schwerpunkten kontrolliert werden.

Unterstützung erhielt Kopelke aus der Unionspartei. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm, sagte, die Ampel-Regierung weigere sich "bis heute, unsere Grenzen zu schützen und zu kontrollieren". Er fügte hinzu: "Nancy Faeser kontrolliert die Grenze nach Österreich, dabei kommen viel mehr illegale Migranten über Polen und Tschechien zu uns."

SPD-Politikerin fordert Reform des Königsteiner Schlüssels

Zuvor hatte Berlins Integrationssenatorin Cansel Kiziltepe - wie Faeser Mitglied der SPD - eine Reform des Königsteiner Schlüssels zur Verteilung von Flüchtlingen auf die Bundesländer gefordert. "Wir brauchen eine Reform des Königsteiner Schlüssels, wir brauchen eine Sonderregel für Stadtstaaten wie Berlin", sagte sie der Nachrichtenagentur dpa. Zur Begründung verwies Kiziltepe darauf, dass dicht besiedelte Stadtstaaten wie Berlin nur begrenzt Flächen für neue Flüchtlingsunterkünfte zur Verfügung hätten.

In Deutschland legt der Königsteiner Schlüssel fest, wie viele Asylbewerber ein Bundesland aufnehmen muss. Berechnet wird dies auf Basis der Steuereinnahmen und der Bevölkerungszahl.

Das Bundesinnenministerium erklärte dazu, es nehme die Diskussionen unter den Bundesländern "zur Kenntnis". Zuständig seien hier aber allein die Länder, die "durch Vereinbarung untereinander einen Schlüssel für die Aufnahme von Asylbegehrenden durch die einzelnen Länder (Aufnahmequote) festlegen". Bis zum Zustandekommen einer solchen Vereinbarung richte sich die Aufnahmequote für das jeweilige Kalenderjahr weiterhin nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel, der nach Maßgabe von Steuerkraft und Einwohnerzahl festlegt, wie viele Asylbewerber ein Bundesland aufnehmen muss.

Union: "Nur umverteilen hilft nicht"

"Deutschland ist in der schwersten Migrationskrise seit Jahren, da hilft auch kein Umverteilen zwischen Stadt und Land", sagte zur SPD-internen Diskussion Unionspolitiker Alexander Throm. Engpässe bei Wohnraum, Schulen und ärztlicher Betreuung gebe es schließlich nicht nur in den Städten.

Kiziltepe solle sich in dieser Frage weiterhin "an ihre Parteifreunde in Kanzleramt und Bundesinnenministerium wenden", schlug der CDU-Politiker vor. Denn Kanzler Olaf Scholz und Innenministerin Faeser hätten es in der Hand, die irreguläre Migration nach Deutschland einzudämmen und dafür zu sorgen, dass Ausreisepflichtige schneller das Land verlassen.

Mit Informationen von dpa

Im Video: Grenzkontrollen zwischen Deutschland und Österreich

Bayern hatte die Kontrollen an seinen Außengrenzen immer wieder verstärkt
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Bayern hatte die Kontrollen an seinen Außengrenzen immer wieder verstärkt

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