Polizisten gehen in ein Haus
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Antisemitische Hetze: Razzia bei 17 Personen in Bayern

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Antisemitische Hetze: Razzia bei 17 Personen in Bayern

In den frühen Morgenstunden sind Polizei und Justiz bayernweit gegen 17 Beschuldigte vorgegangen. Sie stehen im Verdacht, in sozialen Netzwerken judenfeindliche und andere Straftaten begangen zu haben.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Am Morgen liefen bayernweit Razzien: Die Vorwürfe lauten unter anderem Volksverhetzung, Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen sowie Billigung von Straftaten. Der Tatverdacht richtet sich nach Angaben des Bayerischen Landeskriminalamts gegen 15 Männer und zwei Frauen im Alter zwischen 18 und 62 Jahren.

Durchsucht wurden insgesamt 17 Objekte in sechs bayerischen Regierungsbezirken, davon neun allein in München. Dazu kommt je ein Objekt im Landkreis Passau, im Landkreis Fürstenfeldbruck, im Landkreis Berchtesgadener Land, in Füssen, in Kaufbeuren, im Landkreis Aschaffenburg, im Landkreis Haßberge und im Landkreis Coburg. Wie bei Razzien zu solchen Vorwürfen üblich, wurde eine Vielzahl von Mobiltelefonen und Laptops als mögliche Beweismittel beschlagnahmt.

Erschreckende Hetze im Netz

Ein junger Verdächtiger, der noch zur Schule geht, soll in einem WhatsApp-Klassenchat den Sticker eines Clowns mit der Aufschrift "Gas the Jews" ("vergast die Juden") verschickt haben. Ein Mann mit deutschem und türkischem Pass soll nach LKA-Angaben über seinen Account gepostet haben, dass die "jüdischen Söhne" nichts anderes verdient hätten, als "abgeschlachtet und ausgelöscht zu werden" - verbunden mit der Forderung "Free Palestine".

Ein in Bayern lebender türkischer Staatsangehöriger soll kurz nach dem 7. Oktober, dem Tag des Überfalls der terroristischen Hamas auf Israel mit Hunderten Toten, ein Hitler-Konterfei verbreitet haben, mit dem Zusatz: "Ich könnte alle Juden töten, aber ich habe einige am Leben gelassen, um Euch zu zeigen, wieso ich sie getötet habe." Ergänzt mit einer Palästinenser-Flagge, der Bildunterschrift "Free Palestine" und einem Victory-Emoji.

Auch ein 56-jähriger Beschuldigter aus Passau soll auf Facebook in zahlreichen Posts den Holocaust geleugnet haben, wie das Polizeipräsidium in Straubing mitteilte. Gegen ihn wird jetzt wegen des Verdachts der Volksverhetzung ermittelt, sein Laptop wurde sichergestellt.

Zwei Wohnungen in Füssen und Kaufbeuren wurden am Morgen ebenfalls durchsucht. Ein Beschuldigter soll einen Judenstern mit der Aufschrift "Nicht geimpft" und der Überschrift "Die Jagd auf Menschen kann nun wieder beginnen" gepostet haben. Der andere Beschuldigte soll volksverhetzende Inhalte veröffentlicht haben, so soll er mehrmals den Holocaust verharmlost haben. Beide Beschuldigte seien in ihren Wohnungen angetroffen worden. Die Beamten der Kripo haben nach Polizeiangaben die Handys und Tablets sichergestellt.

Antisemitische Schmierereien in Coburg - Beweismittel sichergestellt

Bei der Wohnungsdurchsuchung im Landkreis Coburg ging es nach Angaben einer Polizeisprecherin um antisemitische Schmierereien, die ein Beschuldigter in Coburg an verschiedenen Objekten angebracht haben soll. Nach BR-Informationen hatten Polizeibeamte gegen 6 Uhr einen Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Coburg in Bad Rodach vollstreckt. Die Beamten der Kriminalpolizei haben bei der Aktion Beweismittel sicherstellen können, die jetzt ausgewertet werden. Eine Festnahme gab es nach BR-Informationen nicht.

Im Audio: Razzia wegen antisemitischer Hetze

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Hinweise über Online-Meldestellen

Polizei und Staatsanwaltschaft haben auch die Wohnung einer 39-Jährigen aus Kleinostheim im Landkreis Aschaffenburg durchsucht. Ihr wird nach Angaben der Staatsanwaltschaft Aschaffenburg das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen vorgeworfen. Die Beschuldigte soll auf der Internetplattform "X" (ehemals Twitter) ein Foto einer Israel-Flagge mit einer Hakenkreuzspiegelung gepostet zu haben, so ein Polizeisprecher. Ein 62-jähriger Mann aus Haßfurt (Lkr. Haßberge) soll sich mit einem Facebook-Eintrag der Volksverhetzung schuldig gemacht haben. Hinweise bekamen die Ermittler in beiden Fällen über eine Online-Meldestelle.

Botschaft an jüdische Bürger in Bayern

Nach den Worten des Zentralen Antisemitismusbeauftragten der bayerischen Justiz, Andreas Franck von der Generalstaatsanwaltschaft München, soll der heutige Aktionstag in zwei Richtungen ein Bewusstsein schaffen: "Bei jüdischen Bürgerinnen und Bürgern dafür, dass wir es ernst meinen mit der Bekämpfung judenfeindlicher Straftaten. Und bei antisemitischen Straftätern dafür, dass auf diesem Kampf ein Fokus der bayerischen Justiz liegt."

Michael Weinzierl, Beauftragter der Bayerischen Polizei gegen Hasskriminalität, ergänzt: "Unsere Aufgabe ist es, konsequent und unnachgiebig antisemitische Straftaten zu verfolgen und für den Schutz von Jüdinnen und Juden in Bayern einzutreten."

"Aktionstag PLUS" ist Teil eines Kampagnenpakets

Der heutige "Aktionstag PLUS" ist nach Angaben des Bayerischen Landeskriminalamts Teil eines Kampagnenpakets der bayerischen Justiz und Polizei. Es umfasst nicht nur – wie heute – die Strafverfolgung, sondern vor allem Präventionsmaßnahmen.

Anfang Mai gab es bereits einen Projekttag gemeinsam mit der Bayerischen Informationsstelle gegen Extremismus am Gymnasium München-Trudering, "um Schülerinnen und Schüler gegen Extremismus, Online-Hetze und Antisemitismus fit zu machen". Weitere Projekte seien in Planung, heißt es, unter anderem eine Öffentlichkeitsaktion mit Plakaten, Spots und Einblendungen auf Info-Bildschirmen in öffentlichen Verkehrsmitteln.

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