Ein bayerischer Polizist tippt etwas in ein Smartphone.
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Ein bayerischer Polizist tippt etwas in ein Smartphone.

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Einsatz mit X: Wie Polizei und Co. jetzt mit Twitter umgehen

Vor nicht einmal einem Jahr hat Elon Musk Twitter übernommen. Für Einsatzkräfte ist die Kommunikation bei dieser für sie in der Vergangenheit oft wichtigen Plattform nicht unbedingt leichter geworden. Wie gehen Polizei und Feuerwehr damit um?

"Aktuell größerer Polizeieinsatz in #Würzburg. Teile um den Barbarossaplatz sind gesperrt. Bitte diesen Bereich meiden. Weitere Informationen folgen." Das postete der Twitter-Account der Polizei Unterfranken um 17.21 Uhr am 25. Juni 2021. Kurz zuvor hatte ein Mann mit einem Messer mehrere Menschen angriffen, drei Frauen starben, die Messerattacke wurde deutschlandweit Thema.

Zwischen dem Beginn der Attacke und dem Tweet vergingen kaum 20 Minuten. Die Polizei konnte die Würzburger so direkt auf die Gefahr in der Innenstadt hinweisen, ohne Umwege über die Produktionsabläufe für Pressemitteilung, Online-Artikel oder Radio-Beiträge. Ähnlich war das auch schon beim Münchner OEZ-Amoklauf 2016 gewesen.

Bei Gefahr im Verzug war für viele Einsatzkräfte die relative offene Plattform Twitter über viele Jahre das Mittel zur Wahl, um Bevölkerung und Journalisten zeitnah zu informieren und immer wieder auf den neuesten Stand zu bringen.

Viele Änderungen unter Musk

Dann kam Elon Musk und übernahm den Dienst 2022. Heute heißt Twitter X und hat sich auch sonst stark verändert – auch was die Kommunikation von Einsatzkräften mit der Bevölkerung angeht. Am schwerwiegendsten dürfte wohl sein, dass Twitter seine Inhalte seit einiger Zeit nur noch angemeldeten Nutzern zugänglich macht. Früher konnte man auch ohne Twitter-Konto bestimmte Profile aufrufen und die dortigen Inhalte einsehen oder auch Links zu einzelnen Tweets öffnen.

Das ist heute nicht mehr möglich. Verschickt die Polizei eine Warnung, können nur Twitter-User sie sehen und etwa das Profil der örtlichen Einsatzkräfte für möglicherweise weitere Meldungen zur Lage verfolgen. Und selbst die Twitter-Nutzer können das nur bis zu einem gewissen Grad: Wer nicht zahlt, kann nur eine bestimmte Anzahl an Tweets pro Tag anschauen. Sind die schon aufgebraucht, wenn ein Notfall passiert, sieht der Nutzer keine Warnung dazu mehr.

Einsatzkräfte: Twitter weiter wertvoll

Gerade da Twitter in Deutschland nie die Größe von Plattformen wie Facebook oder Instagram erreicht hat, ist das für Rettungskräfte ein Problem. Das bestätigt auch Stefan Kießkalt von der Berufsfeuerwehr München auf Anfrage von BR24: Zwar bespiele man weiterhin den Twitter-Kanal – aber: "Natürlich mit dem Wissen, dass es nicht mehr für alle so sichtbar ist." Weiter heißt es von dort: "Die erfolgten Änderungen durch den neuen Twitter-Besitzer brachten leider sehr viele negative Auswirkungen."

Auch bei der Polizei in Unterfranken setzt man weiterhin auf X beziehungsweise Twitter. Sprecher Enrico Ball erklärt: "Eine zeitnahe Übernahme der Informationen durch Medien und Journalisten ist hier nach wie vor gegeben. Postings auf der Plattform X gelangen schnell mittels Screenshot in andere Plattformen."

Auch das für die Polizei zuständige Innenministerium sieht X weiterhin als hilfreiches Tool, vor allem um Medien zu erreichen. Die konkrete Social-Media-Arbeit entstehe aber in den Präsidien vor Ort, man tausche sich jedoch aus und passe auch Schulungen zum Thema Social Media fortlaufend an.

Instagram und Facebook als Alternativen

Neben Twitter beziehungsweise X setzt Bayerns Polizei laut Innenministerium derzeit noch auf Instagram und Facebook sowie Pressemeldungen. Diese Plattformen und die eigene Internetseite nennt auch die unterfränkische Polizei. Die Münchner Feuerwehr sieht sich zudem nach weiteren Möglichkeiten um: "Zukünftig sollen Warnmeldungen neben Twitter (X) auch in den Storys von Instagram und Facebook ausgespielt werden. Auch andere Social-Media-Plattformen werden derzeit für Alternativen beobachtet", so Sprecher Kießkalt.

Auch Verifizierung ist Problem

Die geringere Reichweite ist dabei freilich nur eine der Neuerungen, die das Musk-Twitter/X mit Blick auf Einsatzkräfte gebracht hat. Auch die Umstellung der Verifikation birgt Gefahren: Erhielten früher nur bestimmte Personen und Institutionen den "Blauen Haken" im Profil als Ausweis ihrer Authentizität, kann sich heute jeder den Verifizierungshaken im Abo kaufen. Und: Wer nicht zahlt, verliert den Haken in der Regel. So auch der Account der Berufsfeuerwehr München, wie sie gegenüber BR24 bestätigt. Für User ist es so deutlich schwerer geworden zu erkennen, welcher Account nun wirklich authentisch und offiziell ist und welcher nicht.

Die Polizei Unterfranken hat nun einen grauen Haken im Profil, der für staatliche Accounts vorgesehen ist, und kann so zumindest etwas Authentizität vorzeigen. Dennoch: Theoretisch kann jeder einen Account namens Feuerwehr_MUC oder POLICE_UFR eröffnen, sich einen Verifikations-Haken kaufen und mit vermeintlicher Authentizität geschmückt Informationen verbreiten. Bisher habe man aber noch keine Probleme mit Fake-Accounts gehabt, so die Feuerwehr München.

Dennoch geben sowohl die Feuerwehr als auch das Polizeipräsidium Unterfranken und das Innenministerium an, die Entwicklung von Twitter beziehungsweise X im Blick zu behalten. Aktuell erscheint ein Exit von dort allerdings noch kein Thema - vor allem, weil Journalisten dort weiterhin erreichbar sind.

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